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Patzak, Gulda und Adventkonzert

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Mit gewohnter Meisterschaft geistiger, dichterischer und musikalischer Gestaltung sang Julius Patzak die Liederzyklen „Tagebuch eines Verschollenen“ von Leoš J a n ä i e k und das „Reisebuch aus den österreichischen Alpen“ von Ernst K r e- n e k. Liegt uns der „Verschollene“ immerhin etwas ferner, geht uns Heutige das „Reisebuch" um so unmittelbarer an, weil es die zeitlose Landschaft mit dem Betrieb und der Geschäftigkeit der Fremdenindustrie schildert, und der Mensch dabei nicht immer gut wegkommt. Die Musik zu diesen bald lyrisch bestimmten, bald philosophierenden, oft satirischen Texten (in Prosa) ist ihnen in erstaunlicher Weise adäquat, unproblematisch, direkt und mutig in ihrer Einfachheit, von der Liebe zur Heimat eingegeben und getragen. Ein ernstes Werk, bei dem die Hörer lachen können; etwas recht Seltenes. Leider auch recht selten zu hören. Alexander Jenner am Flügel war ein berufener Mitgestalter.

Die Abgestimmtheit der vier Spieler des Vegh-Quartetts und die dadurch erreichte Homogenität des Klanges scheint kaum mehr überbietbar. Sie kam im Streichquartett Nr. 2, op. 17 von Bėla B a r 16 k zur vollsten Entfaltung. Beethovens Streichquartett F-Dur, op. 135, klanglich ebenfalls aufs subtilste interpretiert, ließ immerhin die metaphysische Übertönung nicht stark hervortreten. Und fast möchten wir dies auch von Mozarts beglückendem Streichquartett D-Dur, KV 499 behaupten, obwohl wir gestehen, lange kein so gelöstes Mozart- Spiel gehört zu haben.

Der Madrigalchor St. Veit gab anläßlich seines zehnjährigen Bestandes ein Festkonzert mit kleinen Chorstücken von Alessandro Scarlatti, Anton Heiller (Tantum ergo I und II), Heint Kra- t o c h w i 1, Joseph Lechthaler, Hans Haselböck und Heinrich Schütz, davon jedes einzelne einer eingehenderen Besprechung wert wäre. Die Reihenfolge, der im zweiten Teil eine überzeugende Wiedergabe von Bruckner Messe in e - M o 11 folgte, bewies, daß der ständige Dirigent und Chorerzieher der „St. Veiter“, der 1933 geborene Dr. Xaver Meyer, die Musik nicht nach Zeitabschnitten, sondern nach Qualitätsgrenzen einteilt, auf billige Erfolge verzichtet und die Leistung vom Geistigen her aufbaut. Wie recht er damit hat, zeigt die trotz dieser Kompromißlosigkeit (eher gerade ihretwegen) steile Aufstiegskurve des jungen Chors, zu dessen Gratulanten wir uns gerne gesellen.

Im zweiten Adventkonzert sprach P. Diego Hanns G o e t z über die Spiegelungen der einen einzigen Wahrheit in Natur, Schönheit, Güte und menschlicher Verpflichtung. Der musikalische Teil brachte die Uraufführung von A. V i v a 1- d i s „Magnificat“ und Mozarts große Messe in c-Moll (Torso), ausgeführt von der Singakademie und den Symphonikern unter Hans Gillesberger. Die Solisten (Maria-Therese Escribano, Lois La- verty, Claudine Perret, Robert Behan und

Kunikazu Ohashi) boten (mit betonter Führung der Damen) außerordentliche Leistungen, Chor und Orchester das gewohnte hohe Niveau. Die Messe ist ein ausgesprochenes Konzertstück, das „Magnificat“ hat mehr liturgischen Charakter.

Das 3. Konzert im Zyklus „D i e große Symphonie“ leitete Heinz Wallberg. Solist des D-Dur-Konzertes von Joseph Haydn und der d-MoIl- Burleske von Richard Strauss war Friedrich Gulda. Seit wir diesen brillanten Pianisten zuletzt gehört haben, hat sich seine Ausdrucksskala bedeutend erweitert, sein Anschlag noch feiner nuanciert. Bei aller Zartheit ist sein Vortrag sehr männlich, sind die Akzente, trotz ihrer Entschiedenheit, ohne Schärfe. In beiden Werken bildete der Solist mit dem Dirigenten und dem begleitenden Orchester der Wiener Symphoniker eine ideale Einheit. Für die eingangs gespielten drei Bilder aus . Manuel de Fallas Ballett „Der Dreispitz“ mangelt es Wallberg ein wenig an Sensibilität, zuweilen auch an Klangsinn. S c h o- stakowitschs 5. Symphonie fehlte der Glanz und die Intensität, besonders der Anfang des 1. und der des

3. Satzes kamen zu beiläufig, wie mit einem Gefühlsdämpfer, so daß man den Eindruck gewinnen konnte, der Dirigent habe kein sehr unmittelbares Verhältnis zu dieser zugleich ausdrucksvollen und plakathaften Musik. Aber man muß an ein Stück glauben, das man interpretiert, wenigstens für die Dauer des Konzertes…

Die spanische Sopranistin Consuelo

R u b i o, in Madrid, später in Italien, Frankreich und Deutschland ausgebildet und heute an mehreren europäischen Opernhäusern tätig, gab im Mozart-Saal des Konzerthauses einen von Dr. Erik W e r b a begleiteten Liederabend. Ihre eher dunkel timbrierte Stimme hat einen sehr charakteristischen südländischen Klang, zu dem auch das exotische Äußere der Sängerin vorzüglich paßt. Die kleinen Chansons von Ravel (Deux melodies hė- braiques), von Nin, Montsalvage, Halffter und Turina gelangen ihr höchst eindrucksvoll. Dem deutschen Lied ist sie, vor allem im differenzierteren Ausdruck, nicht gewachsen. Das liegt ihr nicht, und das sollte sie vielleicht vorläufig lieber lassen. Erik Werba begleitete virtuos.

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