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Peter Rosei auf Stör

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Das Jubiläum „25 Jahre Rauri-ser Literaturtage” war Anlaß, nachzufragen, was aus den Preisträgern geworden ist. Eines gleich vorweggenommen: Sie sind alle beim Schreiben geblieben. Heuer wurde der mit 100.000 Schilling dotierte Preis dem 26 Jahre alten Innsbrucker Schauspieler und Schriftsteller Klaus Händl verliehen. Sein Debüt-Text „(Legenden)” ist im Droschl Verlag Graz erschienen.

Ein wenig erbost erzählt ein Einheimischer im Publikum seinem Nachbarn, daß er sich seit Tagen vergeblich um einen Termin beim Bürgermeister bemühe, weil „der ständig bei den Dichtern sitzt”. Dennoch sitzt er selber geduldig im „Gasthof Grimming” und wartet auf die nächste Lesung.

Spot am Abend schwärmt im „Bräugasthof” ein Jungbauer begeistert von Peter Rosei, der am Nachmittag zu einer „Störlesung” auf seinen Hof gekommen ist. Und geduldig erklärt er einer unwissenden Städterin, daß „auf der Stör sein” bedeutet habe, daß fahrende Gewerbetreibende (Scherenschleifer, Kesselflicker, Weber, Schneider ...) ihre Dienste von Hof zu Hof ziehend, also „ambulant” angeboten und den Tagesablauf ge-„stört” hätten: Nachhilfe in Volkskunde ä la Rauris. Das hat nicht viel mit Literatur zu tun, mag aber als Beispiel dafür dienen, daß von 29. März bis 2. April nicht irgendwelche Exoten im Dörfchen Rauris eingefallen und ohne Kontakt zu den Einheimischen irgendwelchen Spinnereien nachgegangen sind. Der Bürgerpreis, ein „Sympathiepreis”, den die Gemeinde Rauris stiftet und der 1977 zum ersten Mal (an Catarina Carsten) vergeben wurde, ist ein weiteres Beispiel für die Verbundenheit der Bau-riser mit ihren Dichtern.

Von den insgesamt 32 Preisträgerinnen und Preisträgern (in einigen Jahren wurde der Preis geteilt vergeben) kehrten heuer 26 zurück an den Ort ihres frühen Triumphes. Bodo Hell war 1972 der erste Preisträger. (1971 wurde noch kein Preis vergeben.) Bereits 1974 feierte Rauris seinen ersten Literatur-Skandal: Der Tagebuchroman „Klassenliebe” von Karin Struck, die bei Textpassagen über Sexualität keine Selbstzensür geübt hatte, war in jenen Tagen Zündstoff. 1975 erhielt Franz Innerhofer den Siegeskranz. Sein Erstling „Schöne Tage” wöge ganze Leihbibliotheken von Heimatliteratur auf, erklärte damals Hans Weigel.

Peter Henisch, Thomas Hürli-mann und Norbert Gstrein, Herta Müller, Gisela Corleis und Ruth Klüger zählen zu den Rauriser Preisträgern.

Ein Höhepunkt, den die diesjährigen Literaturtage ihrer Leiterin Bri-ta Steinwendtner verdanken, war die Uraufführung (und live-Übertra-gung auf Öl) der „Rauriser Dramo-lette”: Michael Köhlmeier, Ilse Aichinger, Thomas Hürlimann, Adolf Muschg, Patrick Roth und Gabriele Wohman schrieben für Rauris einaktige Hörspiele für zwei Schauspielerinnen und zwei Schauspieler.

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