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QUERSCHNITTE

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Schuld und Sühne

Halte den Schritt, Wanderer! Dieses Kreuz hier auf dem Dachstein kündet, daß an dieser Stelle dreizehn junge Bergfahrer mit ihren 1 Lehrern in den Ostertagen 1954 den Tod fanden, schuldig-unschuldig, schuldig der Führer, unschuldig die Geführten, eine winzige Abteilung aus dem grauen Riesenheer der Bergopfer, aber hundertfach, tausendfach beweint von gebrochenen Eltern und erschütterten Mitfühlenden — ob der Tragik, ob der Stunde, ob der Frühe ihres Heimganges.

Da — da ist noch eine Gedenktafel. Sie trägt die Inschrift: „Den dreizehn Opfern aus Heilbronn.“ Sie schuf der Absolvent der Linzer Kunstschule Herbert Seiler, ein Neffe jenes Lehrers Hans Seiler, unter dessen Führung die Schüler in den Tod wanderten. Der Neffe hatte sich auch den Suchmannschaften zur Verfügung gestellt und dabei Tag und Nacht Schwerstes geleistet.

Halte den Schritt, Wanderer! Und künde den Menschen von Leben und Liebe, Tod und Tragik, Schuld des einen und Sühne des anderen.

Stille Heimkehr

An der Stunde ihres Eintreffens in der Heimat hat unser Volk nicht teilnehmen können. Nicht einmal die eigenen Angehörigen konnten es, denn sie blieb, wie die Namen der Heimkehrer, verschwiegen.

Es ist fruchtlos, darüber Betrachtungen anzustellen, warum die Gewahrsamsmacht so verfährt. Das schmälert auch nicht das Glück der Betroffenen. Auch nicht die innere Anteilnahme des ganzen Volkes.

Es ist ein anderes dazu zu sagen, von einem im Namen vieler, die bis vor wenigen Monaten die Notgemeinschaft der Gefangenschaft geteilt und als Heimkehrer den Empfang des 14. Oktober 1953 in Wiener Neustadt miterlebt haben.

Unvergeßlich ist die Stunde, in der die sorgende und sehnende Liebe in der Heimat uns auffing.

Um dieses Erlebnis werden die letzten Heimkehrer nicht ärmer sein, auch wenn sie nicht so viele Händedrucke empfingen, denn es ist ein inneres. Um den anderen Teil des Empfangserlebnisses gekommen zu sein, ist nicht ihr Bedauern, sondern unserer Betrachtung wert.

Der andere Teil, das war das Blendwerk der Blitzlichter der Bildberichter, der Ansturm der „Ratten der schwarzen Kunst“, der „Wellenreiter des Rundfunks“, Musik und Reden.

Viele Heimkehrer, schon betäubt durch das unfaßbare Glück der wiedergewonnenen Freiheit, glaubten fest, daß dem Elend nun wirklich ein Ende gesetzt sei und wenigstens ein sicherer Port einem bescheidenen Lebensneubau winke. Einige rührungsvolle Berichte erschienen, die Bildzeitschriften kamen auf ihre Rechnung, und hinter den Reden kam das große Bedauern mit einer kleinen Geste der öffentlichen Hand, denn mehr kann man das Getane nicht nennen. Nur kirchliche, private und sogar ausländische Wohlfahrt strengte ihre Kraft an. Der Gesetzgeber aber schwieg und schweigt noch heute, trotz aller dringlichen Mahnungen. Auch das Vorbild der deutschen Bundesrepublik erreichte sein Gewissen nicht.

Dieses Erlebnis aber bedrückt noch die Vielzahl der im Oktober 1953 und auch früher Heimgekehrten. Ihre Enttäuschung ist gerecht. Denn heute sind sie noch immer Bittsteller, müssen um Renten kämpfen und können den Anschluß an das Leben nicht finden. Denn über einen zehnjährigen Ausschluß vom Leben muß auch materiell eine Brücke geschlagen werden durch den Gesetzgeber.

Die Rede war davon — mit Musik und Blitzlicht!

Still ist die Heimkehr — der noch nicht Letzten — von statten gegangen. Morgen werden auch sie an die Türen klopfen. Illusionslos, aber doch erwartungsvoll um ein wenig Lebensmut und Möglichkeit.

Mit der Enttäuschung werden die körperlich Gesunden und die, die im Glauben an eine gnädige Führung in zehn Jahren Gefangenschaft nicht verzweifelten, auch fertig werden und auch jetzt nicht verzweifeln. Aber ihre Zweifel an den Menschen, vor allen an denen, die Reden halten, sind nur zu berechtigt.

Es ist heute um die, die einst so gefeiert wurden, so still geworden, wie es um euch ist, die ihr nun nachgekommen seid.

Es wäre gut, wenn wir uns noch einmal in der alten Notgemeinschaft fänden, wie es die deutschen Heimkehrer getan haben — nicht provinziell und zu Erinnerungsfeierchen — sondern zur ernsten Interessenvertretung — mit Hilfe der Parteien, des ganzen Volkes!

Die Erfahrung hat uns längst gezeigt, daß in unserem Leben wieder Stunden kommen, in denen wir uns dankbar in den Teil der Erinnerungen versenken, die die formenden Stunden der Not und — Nachtzeit unseres Schicksals zum Inhalt haben. Daß sich aber kein Heimkehrer nach einem halbgefüllten, rostigen Blechnapf zu sehnen brauchte, das sollte angesichts der „stillen" Heimkehr der elf Rußlandgefangenen denen zur Besinnung

Anlaß sein, die gerne laut ihr Gewissen in öffentlichen Kundgebungen beschwichtigen.

Wollen jene nicht im „Stillen“ nachholen, was sie laut versprachen?

Stifter — begehrt

Die Marktgemeinde Oberplan hat 1910 Stifters Geburtshaus erworben, eine Stifterstube darin eingerichtet und die Ortsbücherei untergebracht. Durch Brandlegung ist das Haus 1934 vernichtet, aber sogleich in alter Form wiederaufgebaut worden. 1945 ging das Haus über mehrere Einquartierungen schließlich in die Hände einer slowakischen Familie über; die auf Stifter bezüglichen Erinnerungsstücke wurden, ebenso wie jene, die sich im Böhmerwaldmuseum befanden, in einem Gemeindedepot hinterlegt. Bevor der innerpolitische Umschwung in Böhmen kam, bestand die begründete Hoffnung, in der Form eines Ringtausches zwischen dem Oberösterreichischen Landesmuscum, dem Wiener Kunsthistorischen Museum und dem tschechischen Schulamte die auf Stifter zurückgehenden Erinnerungen nach Oesterreich und hier wieder nach seiner Wahlheimat, Oberösterreich, zu bringen. Von der tschechoslowakischen Regierung waren die durch Oesterreich namhaft gemachten Tauschgegenstände bereits angenommen. Der innenpolitische Umschwung in der Tschechoslowakei hat die von echtem und aufrichtigem Geist der Zusammenarbeit getragenen mühseligen, monatelangen Verhandlungen zunichte gemacht. Auf die letzte Anfrage bei der Regierung Gottwald kam — immerhin — eine Antwort. Sie gipfelte in der Feststellung, daß „Stifter ein Dichter der tschechischen Landschaft“ ist, und „daher der tschechische Staat für diese Erinnerungen selbst Interesse habe.“

Es ist immerhin erfreulich, daß die Nationalität Stifters selbst — vorderhand — uns verbleibt, wenn schon die ungemein wertvollen Archivalien (denn schließlich gibt es noch das Prager Archiv mit vielen Handschriften und Briefen von Stifters Zeitgenossen) für die tschechische Regierung von solchem „Interesse“ sind, daß man sie nicht einmal gegen für Böhmen höchst begehrenswerte Gegenstände tauscht. Wir wollen auch absehen von fruchtloser Polemik über die ethnographische Lage des Böhmerwaldes. Stifter ist aber zuerst und zuletzt, wie die Literaturwissenschaft feststellte, ein Dichter Oberösterreichs (Scharnstein, Gmunden, Grünau, Traunkirchen, Ischl, Hallstatt, Mühlviertel). Es erhebt sich die Frage, ob diese Gegenden einbezogen sind in den erhobenen Begriff der tschechischen Landschaft Stifters?

Am 28. Juni 1848 schrieb der Dichter an den Wiener Hofjuweliei Türk: „Selbst die Tschechen, die uns aus Verblendung und

Verkennung so schwere Stunden bereiten .. als Brüder aufnehmen, wenn sie sich uns nähern . . .“

Wir haben uns genähert. Und die Antwort — siehe oben. So kann man nur den Satz des Briefes vollenden: „ die sich überall und nie versöhnenden äußeren Teile müssen zuletzt sich fügen — freilich müssen sie das zuletzt einmal — wenn dieses zuletzt nicht zu spät ist.“

Achtung, bissige Untertasse!

In der Nacht des 2. Mai 1953 stürzte eine britische Comet-Maschine kurz nach dem Start vom Flugplatz Dum-Dum bei Kalkutta plötzlich ab. Die Sachverständigen schwiegen sich über die Ursache des Unglücks, das von keinem Insassen des Flugzeuges überlebt wurde, aus. Erst ein Jahr später, in einem Buch, das unter dem Titel „Der Weltraum rückt uns näher“ bei Blanvalet in Berlin erschien, gibt der amerikanische Major Donald Keyhoe eine Theorie über diese Katastrophe preis.

Seiner Meinung nach ist die „Comet“ das erste Opfer einer Serie von Attacken aus dem Weltall. Ein anderes Opfer sieht er in einem amerikanischen Flieger, der aus ungeklärten Gründen plötzlich in den Boden raste. „Ein Sonnenhund“, sagten die Fliegerkollegen. „Eine Sonnenspiegelung in einer Wolke, die der Flieger für die wirkliche Sonne hielt.“ „Nein“, sagt Major Keyhoe, „der vermeintliche ,Sonnenhund’ war nichts anderes als eine fliegende Untertasse, die sich durch Blendung gegen neugierige Blicke schützte.“

Major Keyhoe ist nämlich Fachmann für UFO-Forschung, für die Erforschung der „Unbekannten Flugobjekte“, die als „Fliegende Untertassen“ nicht unbekannt sind. Er stützt sich auf Augenzeugenberichte und Filmaufnahmen und ist über die Lebensgewohnheiten des UFO überhaupt so gut orientiert wie die Himalajaforscher über den Schneeaffen: Das UFO tritt einzeln und in Rudeln bis zu zehn oder zwanzig Stück auf. Nachts ist es von einem blauen Licht umgeben, das keine Details erkennen läßt, tagsüber schützt es sich durch Blendung. Es rast mit einer Geschwindigkeit von etwa 7860 Stundenkilometer auf Flugzeuge zu, mitunter vereinigen sich einige UFOs zu einem Objekt, das sich mit einer Geschwindigkeit von 13.500 Stundenkilometer senkrecht nach oben entfernt. Vermutlich handelt es sich um kleine Weltraumschiffe, Weltraumschinakel sozusagen, die von einem Weltraummutterschiff an Bord genommen werden. Bei ihren Attacken bedienen sich diese Weltraumschifflein einer Taktik, die seltsamerweise der eines irdischen Jagdfliegers genau entspricht.

So raste zum Beispiel eine Gruppe UFOs auf eine amerikanische Superfestung zu, wich erst im letzten Augenblick aus, flog eine Schleife und von neuem an, um sich schließlich bester Laune zu entfernen. Trotzdem handelt es sich (laut Keyhoe) um Objekte aus dem Weltraum. Er belegt seine Theorie mit einer imponierenden Fülle von Material, dessen Benützung ihm als einzigem Außenstehenden vom amerikanischen Geheimdienst gestat-

tet wurde. „Es gab nur einen Grund dafür“, schreibt er. „Ganz offensichtlich beabsichtigt der Geheimdienst, der Oeffentlichkeit den schlüssigen Beweis für die interplanetarische Herkunft der Untertassen zu unterbreiten.“

Kommen wir nochmals auf die eingangs erwähnte Comet-Maschine zurück. Major Keyhoe, der bestens informierte Fachmann der UFO-Forschung, weiß etwas mitzuteilen, was der Oeffentlichkeit nicht bekannt war: daß die Trümmer der abgestürzten Maschine auf einen Zusammenstoß mit einem fliegenden Körper schließen ließen.

Dieser Körper kann nur aus dem Weltraum gekommen und muß wieder dorthin verschwunden sein. Wenigstens mutet uns der amerikanische Major zu, solches zu glauben. Es ist doch seltsam, daß die Menschheit sich just in dem Augenblick halboffiziell aus dem Weltraum bedroht fühlt, in dem es interessante, aber nicht ganz harmlose Experimente und Bedrohungen sehr irdischen Ursprungs zu verschleiern gilt!

Jede Zeit hat ihre Schrecken. Achtung, bissiges UFO!

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