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Ritter und Pf aue
Die Österreichische Nationalbibliothek erschließt ihre Schatzkammern und zeigt im Prunksaal auf dem Josefsplatz „Meisterwerke niederländischer Buchmalerei“. (Diese Wiener Ausstellung ist die zweite Phase, im Frühsommer waren die Kostbarkeiten in der Bibliotheque Royal de Belgique in Brüssel zu sehen.)
Durch die Heirat Maximilians I. mit Maria von Burgund wurde die enge, über Jahrhunderte wirkende Verbindung zu den Niederlanden und deren höfisch-ritterlicher Kultur geschaffen. Die Buchmalerei öffnet gleichsam ein Fenster, in dessen reichumrahmtem Ausschnitt das späte Mittelalter mit seiner Wirklichkeit, seinen Legenden und Symbolen in leuchtenden Farben sichtbar wird. In irdischer Gestalt wandeln Heilige auf dem Wiesenplan eines Gärtleins, und im sausenden Ritt trägt der Pegasus den geharnischten Perseus durch die Lüfte. Die Erdenfahrt ist ein Wettlauf auf der leuchtenden Spur des Glücks, zwischen Tod und Teufel. Unablässig dreht sich das Rad Fortunas, die mit goldenem Faden die Krone vom fürstlichen Haupt reißt. Golden ist auch das Gewand des jungen Karl V., der unter Trompetenschall seinen Einzug in Brügge hält, indes ein Schwan seine Bahn im Wasserlauf unterm fackelerhellten Triumphbogen zieht. Peitschend wehen die Paniere der Christenheit im klaren, gläsernen Himmel überm rasselnden Getümmel der Sarazenenschlacht.
Zierat umgibt die bildliche Schilderung, unverwelkbares Blühen und Sprießen aus den Hortuli animae, den schattigen, ruhevollen Gärten der Seele: Hecken von Rankenwerk, hingestreute, taufrisch leuchtende Blumen mit Schmetterlingen, deren durchscheinende Flügel noch vom Flug zu zittern scheinen, und Pfaue, Sinnbilder der Pracht, mit 'reichen, edelsteinfarbenen Schweifen und zierlich geneigten Köpfen. Die Heraldik — noch ist die Zeit ihrer Hochblüte — nimmt mit Wappenbücherri bedeutenden Raum ein, und der Buchmaler ist ein Meister der Kostümdarstellung. Die burgundische Heirat bringt dem Haus Österreich die Großmeisterwürde des Ordens vom Goldenen Vlies, der zur vornehmsten Gemeinschaft des Reiches wird und in prächtigen Büchern seine geheimnisvolle mythologisch-weltliche Geschichte schreibt. Im „Theuerdank“ und im „Weiß-kunig“ setzt Maximilian I. seiner Gedankenwelt und dem realen Wirken des ritterlichen Herrschers ein deutsames Denkmal im anschaulichen Holzschnitt. Der Schutz des Erbes liegt nicht, mehr beim Schwert, Karl V. läßt die kunstvoll gegossenen Geschützrohre seines Brüsseler Zeughauses abbilden, und es sind niederländische Meister, unter deren Händen seine kostbaren Gebetbücher entstehen.
Bilder von Hatzrüden, Fasanen und absonderlich fremdartigem Getier, die der Maler Georg Hoefnagel für die Ambraser Sammlung Erzherzog Ferdinands schuf, beschließen die Schau, eine Ausstellung, aus deren Buchseiten die Größe und Weite des christlichen Abendlandes erahnbar ist.
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