Mahler - © Foto: picturedesk.com / akg-images

Mahlers Abschied: "Der letzte Satz" von Robert Seethaler

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Der todkranke Gustav Mahler tritt an Bord des Schiffes „Amerika“ die Heimreise von New York nach Wien an. In Robert Seethalers Prosa „Der letzte Satz“ lässt er dabei noch einmal markante Szenen aus seinem Leben Revue passieren.

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Der todkranke Gustav Mahler tritt an Bord des Schiffes „Amerika“ die Heimreise von New York nach Wien an. In Robert Seethalers Prosa „Der letzte Satz“ lässt er dabei noch einmal markante Szenen aus seinem Leben Revue passieren.

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„Gustav Mahler ist ein flackerndes Flämmchen im Sturm der eigenen Verzweiflung.“ Dieser Satz, den ein Journalist irgendwann einmal über ihn geschrieben hat, hat Gustav Mahler gekränkt, vielleicht gerade deshalb, weil er mit dieser Aussage den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Schon mit Ende vierzig ist er als Komponist „eine Legende“, ein Genie: „der größte Dirigent seiner Zeit und vielleicht aller Zeiten, die noch kommen mochten. Doch diesen Ruhm bezahlte er mit dem Desaster eines sich selbst verzehrenden Körpers.“ Nach seinen großen Erfolgen mit den Romanen „Der Trafikant“, „Ein ganzes Leben“ oder auch „Das Feld“ wendet sich der österreichische Autor Robert Seethaler in seiner jüngsten Prosa erneut einem gewissermaßen biografischen Schreiben zu.

Während der Erzähler in seinem 2018 erschienenen Roman „Das Feld“ den Lebenssplittern zahlreicher Paulstädter Verstorbener nachgeht, die ihm beim Blick über die alten Grabsteine auf einer alten Holzbank unter einer Birke sitzend als Stimmen herbeigeweht werden, konzentriert sich dieser in Seethalers neuem Werk „Der letzte Satz“ nur auf eine einzige Person: auf den Komponisten Gustav Mahler. Das Setting ist schnell beschrieben. An Bord der „Amerika“ von New York nach Europa befindet sich ein weltberühmter, von seiner Krankheit schon schwer gezeichneter Gast. Die meiste Zeit verbringt er trotz heftiger Fieberschübe auf dem Deck des Schiffes, eingehüllt in dicke Wolldecken und umsorgt von einem eigenen Schiffsjungen. Während er Tee trinkt und auf das Meer starrt, tauchen aus dem Fluss der Erinnerung bedeutende Momente seines Lebens und einschneidende Erlebnisse auf: So manches schmerzt noch immer, einiges hat sich für ihn jedoch auch sehr gut gefügt.

„Ein Hauch im Weltensturm“

Den Rahmen dieses schmalen Bändchens, das Seethaler interessanterweise dennoch mit der Gattungsbezeichnung „Roman“ versehen hat, bildet die Begegnung des Komponisten mit einem Schiffsjungen, der ihm treu und aufmerksam zur Seite steht und wohl ahnt, dass er einem großen Manne dient. Die beiden sind in dieser Prosa die einzigen Figuren, die direkt zu Wort kommen. Alle anderen Figuren, die mit Mahlers Leben in Verbindung stehen, führt Seethaler nur indirekt ein, fest versponnen mit dem Blickwinkel des Komponisten.

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