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Rom ist überall

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Die Glocken von Rom. Von Göran S t e n i u s. Aus dem Schwedischen übersetzt von Rita O eh- q u i s t. Verlag Josef Knecht, Frankfurt am Main. 488 Seiten. Preis 14.80 DM.

Das katholische Rom hat besonders auf skandinavische Schriftsteller einen so tiefen Eindruck gemacht, daß manche von ihnen zum katholischen Glauben übergetreten sind, wie zum Beispiel Johannes Jörgensen, Sigrid Undset und in letzter Zeit der finnlandschwedische Diplomat Stenius, der in diesem abwechslungsreichen und farbenprächtigen Roman die Bekehrungsgeschichte eines jungen Kunsthistorikers schildert. Die Gestalt dieses finnlandschwedischen Forschers, der Priester wird, dann in der päpstlichen Diplomatie tätig ist, sich aber zur Seelsorge hingezogen fühlt, wofür er nach menschlichem Ermessen eigentlich nicht taugt, ist in ihrer Reinheit und ihrem nordischen Ehrlichkeitskomplex wunderbar dargestellt. Nur ganz langsam findet dieser Cinnelius sich in der typischen Atmosphäre Roms zurecht, mit ihren literarischen Salons, ausgefallenen Künstlerkreisen, armen Klöstern, kirchlichen Behörden, Kongregationen und wissenschaftlichen Instituten, auch in der Welt der hohen Prälaten bis zum einfachen Leben jener anspruchslosen Seelsorger, die in ganz eigentümlicher Weise mit dem schlichten, tiefgläubigen Volk umzugehen verstehen. Der tiefere Untergrund dieser Schilderung ist jedoch nicht das Folkloristische, sondern der „spirito Romano“, der das ganze Buch durchzieht, vor allem durch die echt katholische Liebe und den übernatürlichen Opfersinn, der sogar auf sichtbare Erfolge verzichten kann. Dieses eigentliche Wesen der Ewigen Stadt hat der Verfasser ausgezeichnet eingefangen und somit ein Werk geschaffen, das wir als einen authentischen katholischen Roman begrüßen.

Gott und mein Recht. Das Leben des Thomas Becket von Canterbury. Von Alfred Duggan. Deutsche Uebertragung von Karl G. Walther. Rheinische Verlagsanstalt, Wiesbaden. 479 Seiten. Preis 16.80 DM.

Das Martyrium ist nach katholischer Auffassung der authentische und unwiderlegbare Beweis für die heroische Heiligkeit eines Menschen in dem Augenblick, da er sein Leben für den Glauben opfert; jedoch über die Heiligkeit des vorherigen Erdenlebens sagt dieses Opfer als solches nichts Entscheidendes aus. Man könnte also sagen: Wenn Thomas Becket nicht als Märtyrer gestorben wäre, hätte die Kirche ihn höchstwahrscheinlich nicht heiliggesprochen. Diese theoretisch anmutenden Erwägungen bilden den Ausgangspunkt und den Leitfaden dieses schönen Romans, der den berühmten Bischof von Canterbury als einen Menschen schildert, dessen Leben einerseits viele Unzulänglichkeiten, anderseits eine unleugbare Frömmigkeit, ja eine heiligmäßige Entwicklung in gewissen Tugenden aufweist. Während die castitas von Anfang an seine Stärke war, blieb er jahrelang, auch noch als Bischof, ein prachtliebender, stolzer, manchmal zorniger und eigenwilliger Mensch, der sich nur allmählich, vor allem in seinen letzten Jahren, zu Entsagung, Demut und Gehorsam durchringen konnte. Das Martyrium ist eine Gnade, die man nicht verdienen kann, aber sie wird jenen zuteil, die sich ihrer nicht unfähig und unwürdig erweisen. Ohne das Geheimnis des Martyriums zu lüften, versucht der Verfasser den Werdegang und den heiligmäßigen Ausgang von Thomas Becket zu durchleuchten. Prachtvolle Schilderungen, die sich auf eingehende geschichtliche Studien stützen, bilden den farbigen Hintergrund für diesen historischen Roman, den wir gleichzeitig als einen wertvollen Beitrag zur Psychologie eines Märtyrers bewundern. Das Werk ist das breitausholende Gegenstück zu Eliots Drama „Mord im Dom“ Abgesehen von einigen Druckfehlern und Mißgriffen (zum Beispiel Ostianus statt Ostiarius; eine Weihe wird nicht gegeben, sondern gespendet; der unklare Satz, S. 231, Ende Abs. 1: augustinensisch statt augustiner, S. 320; und die unerklärliche „von der Schulter herabhängende Hostie", S. 338). hat der Liebersetzer sehr gute Arbeit geleistet.

DDr. Nico G’r e i t e m a n n

Der Tod kommt zum Erzbischof. Roman Von Willa C a t h e r. Benziger-Verlag, Einsiedeln, Zürich und Köln. 292 Seiten. Aus dem Amerikanischen übertragen von Sigismund v. R a d e c k i. Preis 72.60 Schilling.

Der nordatnerikanische Anteil an der katholischen Literatur ist bisher qualitativ etwas geringfügig geblieben, denn von zwei oder drei Dichtern abgesehen und einigen Gelehrten, die mehr die essai- istische Form gepflegt haben oder die wissenschaftliche Prosa, vermochte sich der Katholizismus der Vereinigten Staaten noch kein Schrifttum von künstlerischem Rang zu schaffen Er hatte anderes zu tun: Schulen zu gründen, Kirchen zu bauen, neue Gemeinden zu organisieren und die aus den überfüllten katholischen Ländern Europas eingewanderten Arbeiter- und Bauernmassen zu assimilieren. Was erschien, das bewegte sich darum auf der Ebene der Unterhältungs- und Erbauungsliteratur und entsprach mehr dem Geschmack und den Bedürfnissen ein facher Leute. Es gab zwar Hochbegabte katholischer Herkunft, die sich einen bedeutenden Namen machten, wie der aus einer strenggläubigen Familie stammende Erzähler Theodor Dreiser oder der geistreich funkelnde Santayana; aber sie fielen aus dem Rahmen und kamen für eine katholische Literatur dann nicht mehr in Betracht, und andere, wie der berühmt gewordene Nathaniel Hawthorne, einer der Klassiker der amerikanischen Literatur, dessen Tochter in den dritten Orden des hl. Dominikus eintrat, blieben noch zu sehr an puritanisches Erbe gebunden oder verhielten sich retrospektiv und romantisch und enthusiasmierten sich, wie Corson Miller oder Henry Adams an einem höchst illusionären Mittel- alter. Neben dem noch schwer zu durchschauenden Thornton Wilder ist in unserer Zeit nur die 1947 verstorbene Willa Cather über die Grenzen Amerikas hinaus bekannt geworden.

Sie hatte englisch-irisches Blut in sich, war 1875 in Winchester in Virginia geboren worden, hatte 1905 mit Skizzen und 1913 mit Romanen begonnen. 1927 entstand ihr romaneskes Fresko: „Death comes for the Archbishop." Sie stand mit diesem Erzählwerk bereits in einer amerikanisch-katholischen Tradition. Denn schon Mary Austin hatte sich in dem wilden und heißen Land an der amerikanischen Südgrenze umgesehen, in dem halbpagan gebliebene Indianer und Mestizen einem stark heidnisch unterströmten Katholizismus spanischer Prägung angehörten, und es mochte die in den Prärien von Nebraska aufgewachsene Willa Cather gereizt haben, das erst 1848 nordamerikanisch gewordene Territorium Neu-Mexiko zum Schauplatz einer romanhaften Biographie zu machen. Ihr Held wurde der erste Erzbischof von Santa-Fė, jener Monsignore Lamy (den sie zum Franzosen machte und Jean- Marie Latour genannt hat), und der in unermüdlichen Ritten zu Pferd oder Maultier über Tausende von Kilometer hinweg von Pueblo zu Pueblo ein in tiefsten Aberglauben zurückgesunkenes Volk wieder missionierte. Sie erzählte das abenteuerliche und harte Dasein dieses Priesters, der mit Energie, Geschick und Klugheit eine geistlich verwahrloste Riesendiözese wieder in Ordnung zu bringen versuchte.

Aus ihrem Roman, in dem eine Fülle von Figuren auftauchen, ist aber trotz allen Verlockungen des Stoffes kein Thriller geworden, sondern eine breit hinfließende Prosadichtung, in der das Exotisch- Romantische, das wild Auflodernde gebändigt zu einem fast erbaulich-schönen Ende führt. Während die nordamerikanische Literatur der dreißiger Jahre schon in einem harten Realismus und in einer fast brutalen Gesellschaftskritik zu versinken begann, schrieb Willa Cather das Epos der neumexikanischen Landschaft,. , . ,

Ihr Roman liegt jetzt in einer Uebertragung vor, die nur zu rühmen ist.

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