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Sammlung „Christ heute“

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Der geistige Sinn der Schrift. Von Henri de L u b a c (II. Reihe, Bd. 5). Johannes-Verlag, Einsiedeln, 1952.

Wer sich jahrelang mit der Geschichte der Bibelübersetzungen und der Bibelerklärung befaßt hat, kann nur die größte Bewunderung empfinden für die erstaunlichen Kenntnisse des Verfassers, der in diesem Augenblick vielleicht der geeignetste Mann wäre, das längst fällige Werk über die Geschichte der Bibelerklärung zu schreiben. Nur ist de Lubac zu sehr „theologien engage“, um sich mit solch einer rein wissenschaftlichen Arbeit zu vergraben. Er benützt seine Kenntnisse zur Erneuerung der Theologie und will in diesem Geiste auch die Exegeten dazu bewegen, sich »wieder mit der richtig verstandenen geistigen Erklärung der Heiligen Schrift zu befassen. Im Prinzip ist gegen diese Forderung, die auch vom kirchlichen Lehramt wiederholt gestellt wurde, nichts einzuwenden, nur ist über die praktische Durchführung noch nicht das letzte Wort gesprochen. Auch der Verfasser kennt die Gefahren, die einer einseitigen Anwendung der geistigen Auslegung anhaften können, was wir aber in seinen Ausführungen vermissen, ist eine halbweg genau umschriebene Methode, die den Benutzer vor Verfehlungen und Uebertreibungen schützt. Wer die mittelalterlichen Allegoresen kennt, kann es nur begrüßen, daß der heilige Thomas (der übrigens die geistige Erklärung fleißig gepflegt hat) den Verbalsinn als Basis für die geistige Auslegung gefordert hat und für die Beweiskräftigkeit nur den Literalsinn gelten läßt; ebenso begrüßt man das u. a. vom päpstlichen Bibelinstitut vertretene Prinzip, daß nur die Typologien mit Sicherheit als solche erkennbat sind, die im Neuen Testament ausdrücklich genannt werden. Leider scheint de Lubac gerade diese Prinzipien abzulehnen, obwohl er im allgemeinen für eine „gesunde geistige Exegese“ eintritt.

Der Stein des Anstoßes. Von Francois M a u-riac (II. Reihe, Bd. 7). Johannes-Verlag, Einsiedeln, 1952.

Für manche unerfahrene Leser wird diese kleine Schrift tatsächlich ein Stein des Anstoßes sein, weil Mauriac hier in ehrlicher und mutiger Weise mit dem Finger auf verschiedene Verfehlungen und Mißbräuche weist, die sich im Leben und Denken (zum Beispiel Mariologie) vieler sich fromm wähnender katholischer Geistlichen und Laien zeigen. Die Schrift enthält somit das Material für eine schonungslose Gewissenserforschung, die nur den wirklich starken Seelen zur Benützung anempfohlen werden kann. Die „parvuli“ mögen sich mit leichtere^ Kost begnügen, damit sie keinen Anstoß nehmen.

Der spielende Mensch. Von Hugo R a h n e r (II. Reihe, Bd. 8). Johannes-Verlag, Einsiedeln, 1952.

Nach den kulturhistorischen bzw. psychologischen Studien von Huizinga, Kujawa und Buyten-dijk hat nun auch ein Theologe es gewagt, das Spiel vom theologischen Standpunkt aus zu beleuchten. Es war ein Wagestück, aber es ist eine köstliche Untersuchung daraus geworden, eine kleine Kostbarkeit, die den wirklichen „Magister“ verrät. Denn nur ein Mann, der neben der eigentlichen Theologie auch die antike, die patristische und mystische Literatur beherrscht, ist imstande, so spielenderweise einige der tiefsten Glaubensmysterien zu beleuchten. Vielleicht wäre ein anderer Titel (Der spielende Gott — oder Theo-logia ludens) mehr geeignet gewesen, den reichen Inhalt dieser prachtvollen Schrift anzudeuten. Die behandelten Themen lauten: Der spielende Gott, Der spielende Mensch, Die spielende Kirche und Das himmlische Tanzspiel. Ueber das letzte hat der verstorbene holländische Religionsphänomeno-loge G. van der Leeuw eine wertvolle Untersuchung geschrieben: „In den hemel daar is een dans“.

Schleifung der Bastionen. Von Hans Urs von Balthasar (II. Reihe, Bd. 9). Johannes-Verlag, Einsiedeln, 1952.

Der Verfasser richtet sich in dieser Schrift nicht gegen die katholische Lehre der Tradition, sondern warnt vor der Praxis, dem Habitus der „Traditio-nalität“, die das kirchliche Leben und das theologische Denken zu erstarren droht. Seit der Reformation sieht sich die katholische Theologie vor ganz neue Aufgaben gestellt, an die sie sich kaum herangewagt hat, zum Beispiel die Vertiefung der Trinitätslehre, der Christologie, Ekklesiologie, Mariologie und der geistigen Auslegung der Heiligen Schrift. Das Urteil über die Barocktheologie mit ihren „gewaltigen Steinbrüchen und Kuriositätenläden“ und ihren „uferlosen Moraltraktaten“ ist nicht sehr günstig. Es wäre eine dringende Aufgabe der heutigen Theologie, sich auf die „Verschiebung im christlichen Bewußtsein, die sich seit dem Mittelalter vollzogen hat“, zu besinnen. Die dazu Berufenen werden die Anregungen des Verfassers mit großem Verantwortungsbewußtein zu überprüfen haben.

Situation und Entscheidung —» Grundfragen christlicher Situationsethik. Von Josef Fuchs SJ. Verlag Josef Knecht Carolusdruckerei, Frankfurt am Main.

Gewiß ist unter dem Namen Situationsethik ein gefährlicher ethischer Relativismus verstanden worden. Hand in Hand mit dem atheistischen Existentialismus wurde als oberste ethische Forderung die Bewältigung der jeweiligen Situation gefordert, die in ihrer je-Einmaligheit von allgemeingültigen, wenn auch absoluten Normen doch niemals erreicht werden kann. Diese voreilig« Uebertreibung darf aber ein durchaus berechtigtes Anliegen nicht übersehen, da das Je-Einmalige und das Je-Jetzige niemals vom Allgemeinen letztlich bestimmt werden kann, hat die sittliche Tat del Je-Einzelnen immer nur durch Entscheidung in einer konkret-einmaligen Situation zu geschehen, die daher bei ihr zwar nicht den einzigen, aber doch letzten Ausschlag geben wird. Daher lautet das Problem des Buches: Was bedeutet die Einmaligkeit der Situation innerhalb allgemeingültiger Normen für die sittliche Tat? In einer Reihe von klarformulierten Abschnitten (Situation und Verantwortung, Naturgesetzliche Bindung, „Gesetzte“ Ordnung, der Wille Gottes, „Schöpferische“ Liebe, Das Gewissen, Klugheit, Entscheidung) wird eine vielleicht nicht ganz befriedigende Lösung zu geben versucht; es fehlt ihr nämlich die letztlich fundierende Metaphysik. Ohne eine scharfe Herausarbeitung, was Person und Freiheit ist, welche Bedeutung das Gesetz, vor allem das sittliche Naturgesetz hat, was unter solcher Voraussetzung Sittlichkeit bedeuten kann, welche Schlüsselstellung dabei das Gewissen hat und welche Verpflichtungen wir gerade gegenüber unserem Gewissen zu erfüllen haben, lassen sich die oben angedeuteten Fragen kaum in zufriedenstellender Weise beantworten.

Dr. P. Leopold S o u k u p OSB.

Wort und Bild. Eine ontologische Interpretation. Von Gustav S i e w e r t h. Verlag L. Schwann, Düsseldorf. 51 Seiten. »

Gustav Siewerth hatte es 1940 in seinem Werk „Thomismus als Identitätssystem“ unternommen, bestimmte Motive der Philosophien Hegels und Heideggers vom Standpunkt der thomistischen Ontologie aus zu interpretieren. Sein und Sprache werden als durch die gleiche Bewegung bestimmt angesehen: beide offenbaren sich, beide sind „offenbares Geheimnis“. Das sich offenbarende Sein wird „Bild“, die Sprache bringt das Bild im Wort zur Offenbarung. Damit ist die Frage nach dem Verhältnis von Logos und Wesen, Symbol und Seinsgrund gestellt, damit ist überhaupt die Frage nach der Herkunft des Seins aus der Sprache, d. h. aus dem Logos, gestellt. Der Ansatz ist für alle Wissenschaften der Sprache von zündendem Anschlag. So klein diese Schrift ist, so viel bedeutsame Perspektiven eröffnen sich allen, die sich mit Interpretation von Sprache befassen. Die Bedeutsamkeit des modernen ontologischen Denkens ist berufen, auch eine neue ontologische Symbolkunde und Dichtungsinterpretation heraufzuführen, für die diese sehr wichtige kleine Schrift auf jeden Fall gehört werden muß. Sie zeigt, wie wichtig die gegenwärtig angestrebte Synthese aus christlicher Philosophie und dem aus dem Idealismus hervorgegangenen Denken für die Wesenskunde des Sprachwerkes ist.

Uhiv.-Doz. Dr. Robert M ü h I h e r

Der Gottesstaat des heiligen Augustinus. In deutscher Sprache von C. P. P e r 1, 2. Bd. Otto-Mülier-Verlag, Salzburg. 494 Seiten.

Die Aktualität dieses zweiten Bandes (Bücher 8 bis 15) liegt in der Auseinandersetzung des großen Theologen mit der Theologie der griechischen Philosophen, vor allen ihrem edelsten Vertreter: Plato. Die Dämonen sind keine Wesen zwischen Gott und den Menschen, sie sind, was einer „aufgeklärten“ Welt und ihrem einschläfernden Humanismus seit dem Pfarrer von Ars wieder klar wurde. „Dämonisch“ ist keine Bezeichnung für geniale Schauspieler. Dämonen sind Teufel. Eine furchtbare und jedem nahe Wirklichkeit. Nur Heilige können sie aus ihrem salonfähigen Inkognito schrecken. (Bernanos!) — Aktuell ist die Konfrontation zwischen Gottesstaat und dem reinen Reich dieser Welt. Beide gegründet mit dem „Ich will nicht dienen“ des gefallenen Geistes und dem Schlachtruf der treuen Engel: „Wer ist wie Gott?“; und dauernd mit zunehmender Schärfe bis zum Sturz des Antichristen. Die Spannung zwischen beiden ist durchzustehen im Herzen der Gläubigen, die auch Bürger des Weltstaates sind. Das wird hier mit einer Dialektik begründet, die im Zentrum des Glaubens beheimatet ist.

Univ.-Prof. Dr. Michael P f 1 i e g 1 e r

Friedrich. Von Ludwig R e i n e r s. C. H. Beck, Verlag, München. 362 Seiten mit 7 Bildtafeln und 2 Karten.

Unter den Persönlichkeiten, an deren Darstellung heranzutreten an sich schon einem Wagnis gleichkommt, steht Friedrich II. von Preußen in der ersten Reihe. An seine Person knüpft sich direkt der die neuere deutsche Geschichte und Geschichtsforschung spaltende Gegensatz zwischen Preußen und Oesterreich. Darüber hinaus ist Friedrichs Regierung und Werk der Ausgangspunkt politischer Konzepte, die über Bismarck hinaus bis in unsere Zeit reichen. Hitler wiederum hat sein Andenken zu einer Flut ganz andersgedachter Bedarfs- und Propagandaliteratur mißbraucht. Und schließlich hat es sehr wenige Herrscher gegeben, deren Charakter sich so sehr einer einheitlichen Beurteilung entgegenstellt, wie jener Friedrichs. Man hat sein komplexes Wesen aus wahrscheinlich wirklich vorhandenen sexuellen Komplexen heraus deuten wollen. Man hat sein Stuärt-Blut, die Abstammung von der unglücklichen d'Olbreuse, den stockprügelnden Vater, die Hölle seiner Jugend herangezogen. Denn „das Dämonisch-Gespenstische“ im Charakter des, Königs, diese erschütternde Mischung von Härte und Weichheit, von Menschenhaß und Humanität, von Hilfsbereitschaft und Bosheit, von Pflichttreue und Zynismus, von Literatenhaftigkeit und Regentenkunst: wie ist sie entstanden? Reiners, dessen profunde Geschichtskenntnis, dessen psychologische Deutungsgabe und dessen Darstellungskunst sich schon an großen Themen erwiesen haben, gibt hier ein Lebensbild, das, ohne zu verteidigen und ohne zu richten, Friedrich als Staatsmann und noch mehr als eben den Menschen zeigt, der er war, und das in seiner politischen Tendenzlosigkeit mehr zur Erkenntnis dieses bedeutendsten und seltsamsten Preußenkönigs beiträgt, als die Federn vieler Bewunderer oder Feinde.

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