6668409-1960_47_22.jpg
Digital In Arbeit

Sigmund Freud - im Brief und Werk

Werbung
Werbung
Werbung

SIGMUND FREUD, Briefe 1873 bis 1939. Herausgegeben von Ernst L. Freud. 508 Seiten und sechs Bildtafeln. Preis 22 DM. - SIGMUND FREUD, Das Unbewußte. Schriften zur Psychoanalyse. Herausgegeben von Prof Mitscherlich. Die Neue Serie. 464 Seiten. Preis 8.80 DM. Beide im S.-Fischer-

Verlag, Frankfurt am Main

Die Briefe Freuds aus den Jahren 1873 bis 1939 sind nur Bruchstücke aus der Gesamtkorrespondenz, worauf der die Auswahl und Herausgabe besorgende Sohn Emst im Nachwort hinweist. Vieles ging verloren. Dennoch gelang es, mehr als 4000 Briefe zu sammeln. Aus ihnen wurde für dieses Buch ein, man könnte sagen, repräsentativer Querschnitt ausgewählt. Nach L. Marcuse teilen sich diese erhaltengebliebenen Briefschaften in 2500 Familien- und 1500 Liebesbriefe (davon 900 von Freud an seine Braut und 600 von ihr an ihn). Sie standen, wie eine von den Brautleuten gemeinsam verfaßte „Geheime Chronik“ dem von der Familie approbierten Biographen Ernest Jones, selbst renommierter Analytiker und früher Schüler Freuds, zur Verfügung. Er schuf das stupende dreibändige Werk. In Jones', mit Akribie und Respekt verfaßten Opus hat sich die Erscheinungsform dieser Persönlichkeit klar herausgebildet: als Forscher, Arzt, Denker und als Menschen- und Naturfreund, als Familienpatriarch. Wenn nun nach einem Sohneswort, in dem vorliegenden Briefband „der denkende, empfindende, kämpfende Mann“ gezeigt werden soll, so ist das zum Teil durch die Biographie schon voiweg-genommen worden. Freilich, dem mit Freuds Leben

Unvertrauten zeigen diese 323 Briefe noch genug. Die tolerante Güte und menschliche Noblesse werden, besonders aus den die Hälfte des Buches umfassenden 93 Briefen an die Verlobte Martha Ber-nays, deutlich. In den späteren Briefen taucht auch nie ein Wort der Klage auf über sein martervolles Krebsleiden, das 23 Operationen notwendig machte. Interessanten Einblick erhalten wir in die- Korrespondenz mit berühmten Zeitgenossen: Thomas Mann, Arnold und Stefan Zweig, Karl Kraus und

Albert Einstein. Leider ist nur ein wenig bedeutender Brief an Einstein abgedruckt und nicht jener bekannte aus dem Jahre 1932, in dem Freud auf dessen Frage „Warum Krieg?“ antwortet. Von diesen Briefen gilt, mit einigen Einschränkungen, das, was Walter Muschg vom Stil der wissenschaftlichen Werke des Gelehrten gesagt hat: „...ein großer Dichter könnte dies geschrieben haben ...“

Heuer hat der S.-Fischer-Verlag, der sich s.hon öfter, man denke nur an die Fischer-Bücherei (Nr. 47, 147, 193), mit Freud beschäftigte, die Gesamtausgabe der Werke von der Imago Publishing Co., die die deutsche Ausgabe im Exil betreut hatte, übernommen. Im Rahmen des Herbstprogramms erschien bei Fischer in der „Neuen Serie-Paperbacks“, die einen neuen, sich durch Einband und Ausstattung von den üblichen Büchern unterscheidenden Typ darstellt, eine Einführung in die Schriften Freuds. Der vorliegende Band /.Schriften zur Psychoanalyse“ enthält Arbeiten aus verschiedenen Schaffensperioden, unter anderem die Beiträge „Das Unbewußte“, „Die Zukunft einer Illusion“ und „Eine Kindheitserinnerung des

Leonardo da Vinci“. Prof. Mitscherlich, ein prominenter Vertreter der Freudschen Schule, begründet im Nachwort die Auswahl der Schriften u id erläutert die Bedeutung und Methode der Kulturanalyse Sigmund Freuds. Mit dieser lobenswerten Verlegertat kehrt ein wissenschaftliches Oeuvre auf den Kontinent zurück, das zu den großen geistigen Herausforderungen des 20. Jahrhunderts gehört.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung