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Sommerspiele mit Uraufführung

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Im Programmheft der diesjährigen Grazer Sommerspiele, die nun schon zum zehntenmal stattfinden, wird versucht, die oft und oft bezweifelte Berechtigung dieser Veranstaltungsreihe in dem einzigartigen Angebot an Schauplätzen zu finden, über welche die Stadt an der Mur verfügt. Der Gedanke hat ganz gewiß viel für sich. Dennoch kann die Herrschaft des Zufalls, der in manchen Jahren das Programm diktiert hatte, nicht durch den Hinweis auf die höhere Einheit des Ortes wegdiskmieft ■■■ Werden: Erfreulich ist es jedenfalls, daß sich die Sommerspiele in diesem Jahr ohne Großtuerei auf Erreichbares beschränken und gerade dadurch in der Lage sind, dem einheimischen wie auch dem ausländischen Publikum Gediegenes in attraktiver „Verpackung“ zu bieten.

Die wichtigste Veranstaltung war an den Beginn gesetzt: die Uraufführung der Oper „Der Traum ein Leben“ von Franz M i x a. Der Komponist, gebürtiger Wiener, hatte sich besonders in der Zeit nach dem Krieg als Direktor des Landeskonservatoriums große Verdienste um das steirische Musikleben erworben. Der Grazer Komponist Waldemar Bloch, der selbst mit zwei Opern bei den seinerzeitigen Sommerspielen zu Uraufführungen gekommen war, hatte seinem Kollegen das Libretto nach dem Drama Grillparzers geliefert: ein trotz mancher Banalitäten, die sich mit Grillparzer-Versen mischen, recht brauchbarer und bühnengerechter Text. Die Figur Zangas ist darin gestrichen und wird ersetzt durch eine dämonische Flüsterstimme aus dem Lautsprecher. Damit ist bereits ein wesentliches Manko der neuen Oper angedeutet. Denn wo kein echter Gegenspieler ist, muß das dramatische Element zwangsläufig zu kurz kommen. So reiht sich denn — besonders im ersten Teil des Werkes — Monolog an Monolog, und auch so starke Szenen wie die des Mannes vom Felsen oder einzelne Augenblicke im Königszelt entbehren eines wirklich dramatischen Atems. Dagegen sind die lyrischen Partien, die eindeutig überwiegen, sehr gelungen in ihrer herben Schönheit. Die Musik ist gediegen, in bestem Sinn gekonnt, durchaus polyphon und weicht Dissonanzen nicht aus, die ihr einen eigenartig farbigen Reiz verleihen. Am meisten fällt dem Hörer die Uniformi-tät im rhythmischen Bereich auf: dies ist mit ein Grund dafür, daß das wertvolle und ernstzunehmende Werk mit seinen schönen und dankbaren Aufgaben für die Sänger keine packendere Wirkung auf den Zuhörer ausübt. Eine Überarbeitung mancher Partien könnte jedoch die neue Oper auch für andere Bühnen interessant werden lassen. Der Grazer Aufführung (Dirigent Gustav C z e r n y, Regie Andre D i e h 1) war die intensive Probenarbeit anzumerken. Die Leistungen der Sänger — voran Kammersängerin Hertha Topp er, die Gattin des Komponisteli, und George F o u r i e — waren über alles Lob erhaben, desgleichen das vorzügliche, persische Elemente verwendende Bühnenbild Robert E. J a h r e n s.

Das Schloß Eggenberg bewährt sich Jahr für Jahr als Anziehungspunkt für echte oder auch nur modisch bedingte Barock-

liebhaberei. Die ersten beiden Schloßkonzerte boten — wirkungsvoll gereiht — die sechs Brandenburgischen Konzerte Bachs. Der Wiener Concen-t u s muticus brachte sie auf Originalinstrumenten des 17. und 18. Jahrhunderts oder auf Kopien zu Gehör, wobei neben der erstaunlichen Stiltreue und der hohen Perfektion der jungen Musici auch die beiden Naturhörner und das Violino piccolo im I. und die zarte Naturtrompete im II. Konzert als besondere Attraktionen zu bewundern Waren. ™ hn -gleichen Saal, der Jahr für Jahr als Staffage für ein Stück Barocktheater dient, wurde von den Vereinigten Bühnen heuer M o I i e r s „Bürger als Edelmann“ gegeben. Die Inszenierung durch den von Graz scheidenden Chefdramaturgen Heinz G e r -s t i n g e r war vorzüglich und bediente sich mit Geschick des wirkungsvollen Raumes, ließ die meisten Entrees und Intermedes bestehes und kam so mit Hilfe des Balletts, der Musik Lullys und einiger vortrefflicher Schauspieler der Vorstellung sehr nahe, die man sich von einem barok-ken Gesamtkunstwerk zu machen pflegt. Nicht zu übersehen ist hingegen, daß der Stil des Eggenberger „Barocktheaters“ über kurz oder lang zur Manier werden muß und damit allmählich der Erstarrung anheimzufallen droht.

Eine Reprise der für den Grazer Landhaushof geschaffenen Inszenierung von Mozarts „Don Giovanni“ brachte den herrisch und temperamentvoll agierenden und prächtig singenden Eberhard Wächter auf das Podium des schönen Renaissancehofes. Von Wächter, dem ausgezeichnet singenden Günther Adam (Leporello) und Maria van Dongen (Donna Anna) abgesehen, wirkte die Aufführung allerdings auch für ein bescheidenes „Festival“ recht durchschnittlich. — Über die übrigen Veranstaltungen der Grazer Sommerspiele wird „Die Furche“ in einer der nächsten Nummern berichten.

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