Werbung
Werbung
Werbung

Richard Serras Kunstwerke in Schwarz-Weiß.

In der Reduktion der Form an die Essenz und Wesenhaftigkeit der Dinge vorzudringen, ist das Ziel aller Minimalisten. Mit seinem suprematistischen "schwarzen Quadrat" schuf der russische Avantgardist Kasimir Malevich eine Ikone der Moderne. Selbst wenn er sich im Spätwerk wieder davon löste, ist die Abstraktion aus der Kunst nicht mehr wegzudenken. Einer der ganz großen Minimalisten der Gegenwart ist Richard Serra. 1969 verlieh er in der Skulptur "One-Ton-Prop" dem archaischen, stabilen Körper des Kubus reizvolle Fragilität, indem er die einzelnen, schmalen Flächen wie bei einem Kartenhaus leicht schräg an den Ecken zusammenstoßen ließ.

Seit über dreißig Jahren setzt sich Serra exzessiv mit dem sanften, runden Schwung von schneckenförmigen Spiralen, Ellipsen und anderen aus dem Kreis entwickelten Geometrien auseinander. Eine Grundfigur, die in ihrer organischen Struktur unendlich viele Möglichkeiten bietet. Der Thematik des subtilen Spiels mit scheinbar Gegensätzlichem blieb Serra treu. Schwerer, rauer, wetterfester Stahl, zu übermannshohen, hauchdünnen, dynamisch ansteigenden, elliptischen Platten geformt, bildet einen einzigartigen, poetisch rätselhaften Raum. Der ganze Reiz von Serras Skulpturen erschließt sich beim Umgehen. Die geschwungene Spirale "Bellamy" ist beispielsweise so raffiniert gedreht, dass man zwischen zwei hauchdünnen Metallwänden eintreten, die Wirkung des sich sanft verengenden Zwischenraumes erspüren kann, ohne ins Innere vorzudringen. Der Weg endet, ohne zu enden, vor einem Schlitz, die Skulptur schraubt sich fort. Serras Arbeiten reflektieren Fragilität und Endlichkeit, Statik und Bewegung, Zeit und Raum. Sie sind Skulptur und Architektur, schwer und leicht zugleich. Mit dynamisch schrägen Schnittlinien rückt er sie aus dem Lot, mit der Ellipse den Kreis aus seiner Mitte. Scheinbar Einfaches wird komplex, scheinbar Eindeutiges vielschichtig. In der Reduktion auf die Schwarzweißfotografie übertrug Dirk Reinartz den spezifischen Reiz dieser Skulpturen auf einzigartige Weise in ein anderes Medium. Der Bildband kann das Erlebnis vor Ort nicht ersetzen, aber er kommt sehr nah dran.

Richard Serra - Torqued Spirals, Toruses and Spheres

Essay by Hal Foster. Photographs by Dirk Reinartz. Steidl, Gagosian Gallery 2003. 63 Seiten, geb., e 28,80

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung