Werbung
Werbung
Werbung

Ljudmila Ulitzkaja schreibt lakonisch über die Wechselfälle des Lebens.

Ljudmila Ulitzkaja ist eine sehr präzise Beobachterin, die in ihrem jüngsten Erzählband "Maschas Glück" gleichermaßen ironisch wie liebevoll die Schwächen und Bruchstellen der sowjetischen und postsowjetischen Gesellschaft enthüllt.

Die bildschöne Tanja beklagt, dass alle nur ihren Körper und nicht ihre Seele wollen und muss die "Last der Schönheit" erleiden, bis sich der blinde Boris in sie verliebt - einer glücklichen Ehe steht nun nichts mehr im Wege. Doch ein Happy End gönnt die Erzählerin ihren Protagonistinnen nur selten, zumeist ist das Überleben in den zusammengewürfelten Familien und den heruntergekommenen russischen Gemeinschaftswohnungen denkbar beschwerlich.

Stromausfälle, Versorgungsprobleme, Alkohol, Gewalt und dazu die Wechselfälle der Liebe erlauben keine geradlinigen Lebensentwürfe. Der Tod ist allgegenwärtig, wer die wirklichen Väter ihrer Kinder sind, wissen nur die Mütter.

Kurzschluss im Leben

Und selbst wenn ein Familienleben zunächst als gelungen erscheint, zeigen sich schnell die Zerfallserscheinungen wie im Falle des frommen Traumpaares Iwan und Marija, denn Iwan verfällt schließlich einem religiösen Wahn und verlässt Frau und Kinder. Doch dann macht ihr Alexander einen Heiratsantrag und "Maschas Glück" scheint sich doch noch zu erfüllen. Für die Heldin einer anderen Erzählung bedeutet ein "Kurzschluss" das notwendige Innehalten und Nachdenken über das eigene Leben mit einem schwer behinderten Kind.

Groteske Aspekte

Von ihrer ersten Erzählung "Sonetschka", die erst 1992 erscheinen konnte, bis zu ihren jüngsten Büchern "Die Lügen der Frauen", "Ergebenst, Schurik" und "Maschas Glück" gilt das thematische Interesse von Ljudmila Ulitzkaja Menschen, die keine Lebensziele verfolgen müssen. Sie zählt heute zu einer der erfolgreichsten und meistübersetzten russischen Autorinnen, die es gekonnt versteht, die bisweilen grotesken Aspekte des Geschlechterverhältnisses in Szene zu setzen.

Ausgebildet als Biologin kam sie erst durch ihre fristlose Entlassung wegen der Verbreitung von Samisdat-Literatur zum Theater und dann zum Schreiben. Dass ihre Bücher gerade im deutschsprachigen Raum so erfolgreich sind, verdanken sie nicht zuletzt der hervorragenden Übersetzerin Ganna-Maria Braungardt, die Ulitzkajas lakonischen und leichten Ton perfekt ins Deutsche überträgt.

Ebenso wie ihren weiblichen und männlichen Anti-Helden ist auch der Autorin das Gefühl des Mitleids nicht fremd, die alles Verständnis für jede Kunst des Überlebens aufbringt. In knappen Strichen entwirft Ljudmila Ulitzkaja tragikomische Familien- und Lebensgeschichten, die auf ein paar Seiten Jahrzehnte umfassen, und erweist sich auch mit ihrem jüngsten Erzählband als "Meisterin der kleinen Form", die gerne die Lügen der Frauen und Männer entlarvt.

Maschas Glück

Von Ljudmila Ulitzkaja

Aus dem Russ. von Ganna-Maria Braungardt

Hanser Verlag, München 2007

240 Seiten, geb., € 20,50

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung