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STEFAN HLAWA / EIN MEISTER DER „UNBEDANKTEN KUNST”

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„Hlawa ist ein lyrischer Name, er muß zart, gehaucht gesprochen werden. Er deutet auf Urwiener- tum.” So sinnierte Otto Basil, als er vor zehn Jahren dem damals sechzigjährigen Bühnenbildner einen launige Laudatio widmete. Nun hat Professor Stefan Hlawa am 2. Februar den Siebziger hinter sich gebracht und „blickt auf ein reiches Lebenswerk zurück”, wie man in der suada officialis bei solch einem markanten Datum von Jubilaren aus der Welt der Kunst gern zu sagen pflegt. Das klingt gleicherweise nach Würde und behäbiger Retrospektive. Man reicht dem

Gefeierten gewissermaßen mit der einen Hand den Lorbeerkranz und mit der anderen die Filzpatschen.

Für letztere hätte der Male Professor bestimmt keine Verwendung, er, der tatsächlich ein äußerst vielfältiges Oeuvre in der „unbedankten Kunst” des Bühnen- und Kostümbildners überschauen kann, präziser ausgedrückt: die Ausstattungen für mehr als dreihundert Inszenierungen. Es ist nun einmal beim Theater der Lauf aller Dinge, daß alles, was aus bemalter Leinwand besteht, letzten Endes im Depot landet und verstaubt. Die bleibenden Schöpfungen des Bühnenbildners aber, seine Skizzen, Entwürfe und Modelle, werden Theatergeschichte. Und so ist Stefan Hlawas szenisches Werk seiner Bedeutung gemäß zum Großteil bereits im Besitz der Theatersammlung der Nationalbibliothek.

Mit dem Urwienertum, das Otto Basil aus dem Namen heraushörte, hat es übrigens seine Richtigkeit. In einem Biedermeierhaus in der Taborstraße kam der Künstler zur Welt. Biedermeierlich war auch die Liebhaberei des Vaters, eines Staatsbeamten, der gerne den ärarischen Federstiel mit dem Pinsel des Miniatur- und Porzellanmalers vertauschte. Der Sohn Stefan mag also für seine künst lerischen Pläne viel Verständnis gefunden haben. Dabei wiesen seine Ambitionen sogar in zwei verschiedene Richtungen: während der Studienzeit an der allgemeinen Malerschule der Akademie ließ er auch seine Baritonstimme ausbilden und trat unter Franz Schalk auf. Doch der Maler in ihm war stärker, Hlawa fand Kontakt mit Klimt und Schiele, erlebte die späte Glanzzeit Wiens vor 1914, bevor ihn die Weltgeschichte für vier Jahre als feldgrauen Statisten engagierte.

Der abgerüstete Reserveoffizier im hungernden Nachkriegswien schlüpfte in den Atelierkittel des freischaffenden Malers und betätigte sich jahrelang als Porträtist, Graphiker und Illustrator.

1931, unter der Direktion Wildgans, entwirft er zum erstenmal Bühnenbilder, witzige originelle Dekorationen für Frank Maars zugkräftige Groteske „Leutnant Komma”. Damit tritt er in den Bereich der österreichischen Ske- nographik, verschafft seinem Namen Geltung neben den damals bereits zu Begriffen gewordenen Alfred Roller, Remigius Geyling, Oskar Stmad und Emil Pirchan. Viele Jahre wirkt er als Bühnenbildner des Burgtheaters, namentlich in der Zusammenarbeit mit dem Regisseur Herbert Waniek, begabt mit einem großen, der gestaltenden Phantasie dienstbaren Einfühlungsvermögen in Geist, Wesen und Stimmung des Werkes, dessen Schauplatz und Kleid er in dramatischer Verdichtung sichtbar macht. Stefan Hlawa — der Name beschwört Erinnerungen an eindrucksvolle Inszenierungen herauf, von der Klassik Shakespeares bis zur Moderne Cocteaus, Anouilhs und Hoch- wälders reicht der Bogen. 1955 wird er zu seiner großen Freude mit der Ausstattung der Festvorstellung von „Don Carlos” anläßlich der Neueröffnung des Burg- theaters betraut. Und dieses Burgtheater ist zwar seine eigentliche künstlerische Heimat, nicht aber seine einzige Wirkungsstätte. Hlawa wurde auch von der Staats - oper verpflichtet und schuf die Entwürfe für zahlreiche Inszenierungen in Berlin, Stuttgart und Frankfurt am Main, Hamburg und Florenz.

Vielleicht, so wagen wir zu hoffen, findet Stefan Hlawa einmal Zeit, seine Erinnerungen niederzuschreiben, das ergäbe eine Folge sehr persönlich und amüsant gezeichneter Bilder aus der Wiener Kulturgeschichte der letzten fünfzig Jahre. Er ist ja bereits auf dem besten Weg zur Schriftstellerei, seine besondere Passion sind Schüttelreime, darum stammt auch sein schönster Geburtstagswunsch von ihm selbst. Der lautet nämlich: „Wir wünschen eine heile Welt, die wieder eine Weile hält.”

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