Teresa Präauer: Salamibrot und Brockhaus
Mit „Kochen im falschen Jahrhundert“ entwirft Teresa Präauer eine kulinarische Entwicklungsgeschichte, in der sie beiläufig über Klasse schreibt, ohne sie großartig zu thematisieren.
Mit „Kochen im falschen Jahrhundert“ entwirft Teresa Präauer eine kulinarische Entwicklungsgeschichte, in der sie beiläufig über Klasse schreibt, ohne sie großartig zu thematisieren.
#Dinnerparty #Homecooking #Friends … Die Hashtags, die von den Protagonisten in Teresa Präauers neuem Roman „Kochen im falschen Jahrhundert“ verwendet werden, um die obligatorischen Instagram-Fotos zu taggen, mit denen sie der Welt, zumindest jenem Teil, der sich in den sozialen Medien tummelt, ihre Aktivitäten präsentieren, lassen Langeweile erwarten, und tatsächlich kann man sich kaum ein faderes Thema vorstellen: eine Einladung zum Abendessen bei Freunden, fünf Menschen, drei Männer, zwei Frauen, zwei Paare, ein Einzelner. Es ist noch nicht einmal Drama vorprogrammiert, wie in einem Yasmina-Reza-Stück, wo von Beginn an klar ist, dass am Schluss die Emotionen hochgehen werden und alles eskaliert.
Nach einem Gemetzel sieht es hier so gar nicht aus, eher nach gepflegter Langeweile. Namen gibt es keine, sondern Funktionen oder Herkunftsangaben, so gibt es die Gastgeberin, den Schweizer oder den Ehemann. Es erwartet den Leser also auch kein Psycho-, sondern ein Soziogramm, Typen und keine Individuen. Dabei gerieren sich doch alle so individuell: Gefeiert wird die Einweihung des neuen dänischen Esstischs der Gastgeberin, doch eigentlich feiert man sich selbst und die eigene Kultiviertheit. Die anfänglichen Hashtags werden abgelöst von #Best Friends Forever, Foodporn, Winelovers, was nicht weniger fad, aber schon ein bisschen ehrlicher ist. Während Homecooking noch Vorstellungen von Self-Care und Gemütlichkeit evozieren sollte, sind dem Foodporn der Konsum und das Zurschaustellen eingeschrieben. Pornografie lebt von der Beobachtung und der Performance, jede Essenseinladung wird dabei zur Inszenierung.
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