Thomas Arzt - © Foto: Joseph Krpelan

Thomas Arzt: Wer sich querstellt, wird bestraft

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Ein Roman über die nationalsozialistische ­Machtübernahme in Österreich und zugleich eine zeitlose Parabel: Thomas Arzt ist mit „Die Gegenstimme“ ein besonderes Debüt gelungen.

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Ein Roman über die nationalsozialistische ­Machtübernahme in Österreich und zugleich eine zeitlose Parabel: Thomas Arzt ist mit „Die Gegenstimme“ ein besonderes Debüt gelungen.

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Das Geschehen auf einen Tag zusammengepresst: Im Debütroman von Thomas Arzt ist der Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich längst vollzogen, als einen Monat später in einem Ort, für den das oberösterreichische Schlierbach Modell gestanden hat, noch einmal letzte Gewissheit über die kollektive Loyalität hergestellt werden soll. Die Bewohner sind dazu aufgerufen, im Rahmen einer Wahl, selbstverständlich keiner geheimen, ihre Stimme für den Führer abzugeben.

Aus diesem Anlass reist der Geschichts­student Karl aus Innsbruck an, um seine Gegenstimme abzugeben. Schnell wird er als Volksfeind identifiziert und von sich ihrer Überlegenheit sicheren jungen Leuten gejagt. Sie machen sich eine Hetz daraus, einem, mit dem sie ­eine gemeinsame Kindheit verbindet, eine Lektion zu erteilen, und scheuen vor keiner Grausamkeit zurück.

Vielstimmige Erzählweise

So einfach, dass uns Thomas Arzt chronologisch an der Eskalation von Gewalt teilhaben ließe, macht er es sich nicht. Er splittet den Roman in ­mehrere Erzählstimmen auf, sodass das Geschehen aus verschiedenen Perspektiven wahrgenommen wird. Das bringt den Vorteil mit sich, dass der angeblich so einheitliche Volkskörper als eine Ansammlung verschiedener Mentalitäten, Temperamente und Geistesverfassungen gedeutet wird.

Natürlich bekommt der glühende Nazi seinen Auftritt, aber ebenso jene, die aus mangelndem Mut mitspielen, die resignieren, weil sie keine Zukunftsperspektive mehr sehen, und solche, die kooperieren, um sich selbst aus dem Schussfeld zu bringen und keinen Schaden zu erleiden. Die triumphale Geste und die geduckte Haltung, die Größe und die Erbärmlichkeit eines Volkes in der Nussschale, so sieht das Konzept bei Thomas Arzt aus, mit dem er eine einseitige Sicht auf die Dinge unterläuft.

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