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Barbara Hundeggers subtil gefügtes Rollenspiel aus dem Leben dreier Frauen. von daniela strigl

Die Idee zu diesem Text verdankt sich einer topografischen Fügung: Über Jahre waren in Innsbruck drei Orte (oder Horte) der Weiblichkeit in unmittelbarer Nähe angesiedelt - das Kloster der Karmelitinnen, das lange einzige offizielle Bordell der Stadt und das "Autonome Frauenlesbenzentrum". Was als literarische Konstellation plakativ anmutet, daraus hat Barbara Hundegger ein subtil gefügtes Rollenspiel gemacht, in dem sie Gesprächspartnerinnen aus der jeweiligen Szene nicht einfach abbildet, sondern aus Zitaten und Eindrücken neu zusammensetzt, zu einem Triptychon aus dem Frauenleben.

Keine Klischees

Gloria, die Hure, Amata, die "entlaufene" Klosterschwester, Pat, die Lesbe, sind keine Typen, keine (sprach)fleischgewordenen Klischees, und sie versperren sich gegen alle Begehrlichkeit indiskreter Blicke. Vielmehr werden die Frauen, im Gespräch übereinander oder mit der vielseitig einsetzbaren "besten Freundin", in ihrer individuellen Vorgeschichte, ihrer ganz persönlichen Motivation dargestellt.

Amata etwa hatte, als sie ins Kloster ging, einen Beruf, eine Wohnung, ein Auto: Sie wollte sich auf das Wesentliche besinnen. Ihr Rückblick auf die Zeit im Schweigeorden, in dem die Nonnen sich ihr Brot durch die Fabrikation von Hostien verdienten, ist keineswegs verbittert. Sie sieht die Vorzüge und Bürden der Abgeschlossenheit, das Gebot der schwesterlichen Liebe und die Schwierigkeit seiner Erfüllung - nichts jedenfalls für wackelige Persönlichkeiten. Ihr Abschied vom Karmel wird vom Wunsch nach Veränderung eingeläutet, der Klosterhof, dreißig mal dreißig Schritte, ist ihr zu klein geworden, Ausflüge erlaubt der Kirchenobere nicht. Amata erhält das Restrikt von Rom, wird ihres Gelübdes entbunden.

Gloria wiederum wurde von niemandem ins Geschäft gezwungen - sie ist Prostituierte aus Überzeugung und kultiviert ein Berufsethos: Männer muss man halt mögen und Sex; dann braucht man psychologisches Gespür für die wortkargen Freier, das Geld ist der Motor. Was sie tut, muss sie oft verschleiern, dafür kann sie im Puff reden, wie sie will. Verheiratet zu sein, ist für sie kein Problem, aber: Strapse für ihren Mann, nein, das hieße Beruf und Privatsphäre durcheinanderbringen.

Verglichen mit ihren Geschlechtsgenossinnen, scheint die lesbische Pat geradezu vom Grau der Normalität angeweht. Sicher, das Bekenntnis war eine Mutprobe, Kämpfe gab und gibt es auszufechten, aber mit der Partnerin durchlebt sie ein ganz normales Eheleben ohne Ehe, dafür mit Diskussionen darüber, ob dieses bürgerliche Institut überhaupt anzustreben sei.

Lyrische Chorpassagen

Die umgangssprachliche, auch ironische Diskursivität des Textes wird durch eindringliche lyrische Chorpassagen strukturiert - für sie (zu hören auf der beigelegten cd) wurde Barbara Hundegger der Christine Lavant Lyrikpreis zugesprochen. Darunter ist eine schöne Paraphrase des Hohelieds: "wo aufhört das reden erze schellen von / angesicht zu angesicht durch ein bild den / dunklen spiegel stückweise erkannt / bist du hoffnung glaube liebe hört / die nie auf diese drei und du / unter ihnen die größte sollte / das nicht die liebe sein."

kein schluss bleibt auf der andern

theatertext für drei frauen,

beste freundin und frauenchor

Von Barbara Hundegger

Skarabaeus Verlag, Innsbruck 2004

117 Seiten, kart., e 14,40

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