6704220-1963_44_15.jpg
Digital In Arbeit

Troubadour und Weißes Rößl

Werbung
Werbung
Werbung

Nun sehen wir den „Troubadour“ der Salzburger Festspiele von 1962 auch in der Wiener Staatsoper. Das Schauerdrama von Gutierrez und Cammarano, xan den der junge Verdi Gefallen fand, wurde durch Herbert von Karajan als Regisseur, Teo Otto als Bühnenbildner und Gfeorges Wakhewitschs Kostüme auf kaum vorstellbare Weise veredelt und aufs luxuriöseste auf die Bühne gebracht. Aber öb das Ganze nicht ein Versuch am untauglichen Objekt ist: keine Sache, des Schweißes der Besten wert? Spielt man nämlich Verdi an einer kleinen Bühne (es braucht nicht gerade eine Schmiere zu sein) ganz im alten Stil, so gesellt sich zum Ohrenschmaus (der hier ja reichlich geboten ist) ein Element höherer Heiterkeit. Aber so eine Inszenierung paßt nicht in den Rahmen der Staatsoper! Also doch: die Prunkausstattung mit den — soweit im Dunkel sichtbar — schönen, weiträumigen Bühnenbildern Teo Ottos und den noblen, wenn auch nicht immer ganz zeitgerechten Kostümen Georges Wakhewitschs (Ort der Handlung: Arragon und Biskaya zu Be-

ginn des 15. Jahrhunderts!). Für ein Fest der Stimmen sorgten Franco Corelli als Manrico, ein junger, kräftiger Heldentenor mit strahlend-metallischem Timbre vor allem in der Höhe, der freilich durch Eberhard Wächter (Graf Luna) zuweilen ein wenig in den Hintergrund gespielt wurde, die hochdramatische Fiorenza Cosotto (Azucena), Ilva Ligabue (Leonore), besonders ausdrucksvoll und schön im Piano, sowie der bewährte Nicola Zaccaria (Ferrando). Karajan am Pult der Philharmoniker holte aus der Partitur, die jeder zu kennen glaubt, ganz neue Farben und vor allem Farbnuancen heraus, die stellenweise fast schon auf die der Impressionisten vorauswiesen. Im ganzen: eine glanzvolle Premiere, deren Spannung nur im letzten Bild ein wenig nachließ, und ein wirklicher Gewinn für das Verdi- Repertoire der Staatsoper im Jubiläumsjahr. H. A. F.

Als „österreichisches Musical“ präsentiert sich die immer wieder neu bearbeitete und immer wieder wirksame Operette „Das weiße Rößl“ im Raimundtheater, von Karl Farkas inszeniert, mit musikalischen Einlagen von Robert Gilbert, Bruno Granichstädten und Robert Stolz (neben der Musik von Ralph Benatzky), mit den (18) ansprechenden Bühnenbildern von Ferry Windberger, den vielen und sehr hübschen Kostümen von Gerdago und der Choreographie Rein Estes, unter der musikalischen Leitung von Rudolf Bibi, anspruchslos und doch ansprechend, außerordentlich locker und doch fesselnd. Den alten Kaiser Franz Joseph, die kleinste, aber schwierigste und gefährlichste Rolle, spielt Paul Hörbiger, und er kommt mit seinen sparsamen Gesten und den wenigen Worten sehr taktvoll um den Kitsch herum. Waltraut Haas ist eine wohl zu elegante, aber ebenso resolute als gescheite Rößl-Wirtin, Erwin V. Groß ein herrschaftlicher, aber in seiner Verliebtheit tolpatschiger Oberkellner, den Fabrikanten Gieseke aus Berlin spielt Paul Westermeier überzeugend preußisch und überzeugend komisch. Seine Tochter Ottilie entpuppt sich in Inge Karsten als kesses junges Mädchen. Der Dr. Siedler des Spiro Makri macht mit seinem Tenor sowohl die Wirtin als auch das Preußenmädel in sich verliebt, das er schließlich auch bekommt; Erich Padalewski ist ein schnurriger Sigismund, der nichts dafür kann, daß er so „schön“ ist, sein Klärchen aber (Judith Schmidhofer) trotz ihres entzückenden Sprachfehlers doch bekommt, zur Freude ihres Vaters, des Professors Hinzelmann (Hans-Peter

Krasa), der aus den Meggendorfer Blättern herausgenommen scheint. Große Aufgaben des Balletts, das in den Tänzen Trude Köhlers und Franz Mulec’ zu Beifallsstürmen hinriß. Der Aufzug der

Bundesländer in Trachten war eine Augenweide (obwohl es keine „Kron-

länder“ mehr sind und daher auch viel weniger). Der Inhalt des Stücks ist an sich nichts Besonderes; aber das Besondere mag schon, wie in der Einführung zu lesen ist, darin bestehen, daß es sich hier um Menschen handelt, in denen jeder ein Stück von sich selbst findet. Und was dem Werk zum „Klassiker“ fehlt, das bringt es als Unterhaltung mit. Es ist sehr unterhaltend.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung