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Viermal Italien

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Italien zwischen Schwarz und Rot. Von Doktor Hans Hinterhäuser (Urban-Bücher, Band 21). Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart. 225 Seiten. Preis 3.60 DM.

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Italien zwischen Schwarz und Rot. Von Doktor Hans Hinterhäuser (Urban-Bücher, Band 21). Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart. 225 Seiten. Preis 3.60 DM.

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Die Zahl der gutgemeinten Reiseführer für Italienreisende ist Legion. Von „Uno, duo, tre . ..“ bis zu Anweisungen, wie man mit Spaghetti fertig wird, findet sich darin alles für die motorisierten Neo-goten, die Jahr für Jahr zu Zehntausenden zu einer friedlichen Invasion der Apenninenhalbinsel aufbrechen. In jenen, die sich an ein schon etwas anspruchvolleres Publikum wenden, finden sich mehr oder weniger summarische Betrachtungen über die Kunstschätze der Ewigen Stadt und anderer Zentren aller Kultur. Kein Wort aber finden wir in allen über das moderne Italien. Wem dieses Land mehr bedeutet als nur die Kulisse flüchtiger Ferientage, der greife zu diesem Buch. Es gibt eine wohldokumentierte, auf langjährige persönliche Anschauungen und präzisem Material aufbauende sachliche Dar--Stellung der italienischen Wirklichkeit im ersten Nachkriegsjahrzehnt. Politik und Wirtschaft, Literatur und Kunst werden in einer anschaulichen Zusammenschau dem Leser nahegebracht. So entsteht das plastische Bild eines Landes „zwischen Schwarz und Rot“ und eines Volkes, das auf allen Gebieten des Lebens es gerade im letzten lahrzehnt an Zeichen ungebrochener Vitalität nicht hat fehlen lassen. Der Italienführer für politisch interessierte und geistig aufgeschlossene Zeitgenossen.

Verdammte Toskaner. Von Curzio Malaparte. (Deutsch von Hellmut Ludwig). Stahlberg-Verlag G. m. b. H., Karlsruhe. 217 Seiten.

Er nannte sich Malaparte und hieß eigentlich Kurt Suckert. Sein Vater stammte aus Jena, seine Mutter war halb Russin, halb Italienerin. In Prato wurde Malaparte 1898 geboren, hier fand er auch im vergangenen Jahre seine letzte Ruhe. Zeit seines Lebens fühlte er sich vornehmlich als Toskaner, und der Toskana und ihren Menschen ist auch sein letztes, in deutscher Uebersetzung erschienenes Buch gewidmet. Ein Lobgesang eigener Art — Fallstricke werden gespannt und Fußangeln gelegt. Und hinter einer Hecke kichert; Malaparte, wenn er den Fremden straucheln sieht und den nicht der Toskana entstammenden italienischen Landsmann grimmig schelten hört. Und dazu hat letzterer bei einem Buch, das unter dem Motto steht. „Wieviel wäre gewonnen, wenn es in Italien mehr Toskaner gäbe und weniger Italiener“, Anlaß genug. Ein bunter Karnevalszug von Einfällen zieht an unseren Augen vorüber. Ist auch der Verfasser nie verlegen, wenn es gilt, Spott und Ironie mit aus der Feder fließen zu lassen, so hat er sich in diesem seinen letzten Werk doch gehütet, wie in vergangenen Büchern die Burleske mitunter in ein Pandämonium zu verwandeln. Die Erde von Prato sei dir leicht, Malaparte.' Der du Zeit deines Lebens ein echter Toskaner sein wolltest, hast hoffentlich die Probe auf jenen Apercus, den du über ein Kapitel des vorliegenden Buches setztest, bestanden: „Sie gehen in die andere Welt, ins Jenseits, als gingen sie hinüber in ein anderes Zimmer.“ *

Römisches Erinnerungsbuch. Von Werner Bergen-gruen. Herder-Bücherei (Kleine Ausgabe). Mit 16 Bildtafeln. 143 Seiten.

Taschenbücher sind die große Mode! Auch der Herder-Verlag hat sich ihr nicht entzogen. In seiner „Herder-Bücherei“, die übrigens in diesen Monaten ihren ersten Geburtstag feiert, legt er als Nummer 15 nun eine kleine Ausgabe von Bergengrueiis bekanntem „Römischen Erinnerungsbuch“ den Rompilgern und ihren sehr weltlichen Brüdern und Schwestern mit demselben Ziel in die Reisetasche. Sie alle werden es wohl zu schätzen wissen. Gehört doch das Porträt, das der Dichter von der Ewigen Stadt zeichnet, zu dem Gültigsten, was in unserer Zeit — und nicht nur in ihr — über das Wesen Roms geschrieben wurde'. Wer auf Bergengruens Spuren gemächlich die römischen Mauern entlang wandelt, wer mit ihm vor die Wasser der Brunnen der Siebenhügelstadt tritt, der nimmt mehr mit von dem Geist der Urbs, als wenn er atemlos von einer Sehenswürdigkeit zur snderen jagt, die der Baedecker mit 3 Sternen anmerkt.

Positano. Geschichten aus einer Stadt am Meer. Von Stefan Andres. Verlag R. Piper &. Co., München. 18 8 Seiten.

Wer in „La Sirenuse“ oder in einem der anderen von Jahr zu Jahr zahlreicher werdenden Luxushotels in der kleinen Stadt im Golf von Salerno absteigt, wer bei strahlender Sonne an die Spiaggia wandert und sich dort von irgendeinem der zahlreich umherlungernden „Mediatore“ einen Strandsessel zurechtrücken läßt, wer nachher einen nachlässigen Blick in die in den Gäßcheji um den Dom etablierten Depen-dancen einiger Nobelgeschäfte aus Neapel oder Rom wirft, bevor er zum Diner in die Hotelhalle zurückkehrt, der kennt Positano nicht. Er wird den Ort und seine Menschen auch nicht kennenlernen. Und das ist gut so.

Um Positano und das bunte Völkchen der Posi-tanesen wirklich kennen zu lernen, muß man sich in irgendeinem der zahlreichen, noch von den sarazenischen Invasoren übernommenen Wohntürme hoch droben im „Furnilo“ genannten Viertel der Stadt oder ; gar im Bannkreis der Chiesa nuova, wo Positanos fröhliche Armen zu Hause sind, einmieten. Man sollte auch den steilen Weg hinauf in eines der wie Schwalbennester über der Bucht schwebenden Dörfer nicht scheuen, wohin einst die Urbewohner vor dem Sarazenensturm flüchteten. Besondere Auszeichnungen — eine „Matura“ sozusagen — für die Freunde Positanos ist es aber, von einem der Fischer eingeladen zu werden, ihn bei seiner nächtlichen Ausfahrt zu begleiten.

Stefan Andres gebührt wohl der Ehrenvorsitz in dem — Gott sei Dank unorganisierten — Verein der zahlreichen Freunde, die Positano in der alten und auch in der neuen Welt heute zählt. Hat er doch beinahe ein lahrzehnt der Emigration hier am Rande der Welt, am Grenzsaum von Himmel, Land und Meer zugebracht. In Positano entstanden zahlreiche seiner großen Bücher, im Felsenfriedhof von Positano, wo die Toten ob der Enge des Raumes stehend den lüngsten Tag erwarten, ließ er auch eine Tochter zurück. In dem vorliegenden Buch, das nebenbei 16 Zeichnungen des Autors enthält, stattet er dem Ort seiner Zuflucht und seinen natürlichen Menschen einen literarischen Dank ab. Die Mozzos, Don Gia-ninos, Zuffis. und wie sie alle heißen, leben wirklich genau so wie der kraftvolle Monsignore Crusca, ein südlicher Verwandter Don Camillos. Wenn man Augen hat zu sehen, kann man sie alle finden. Man braucht nur eine Fahrkarte nach Neapel lösen. Dann in die kleine Bahn, die nach Sorrent führt, umsteigen. Von Meta di Sorrento an findet der Carozziere mit seinem Pferd schon den Weg...

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