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„Vom Bauern lernen"

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Musiktherapie und Kommerz - Von Rockern bis zu Buchautoren reicht die Verwertung: Die Paracel-sus-Messe bietet Information in medizinischer Sicht.

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Musiktherapie und Kommerz - Von Rockern bis zu Buchautoren reicht die Verwertung: Die Paracel-sus-Messe bietet Information in medizinischer Sicht.

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Es läßt sich verdienen am heiligen Image: „Die Ärzte" nennt sich eine deutsche Punkrock-Gruppe. Seit den achtziger Jahren nehmen die drei Jungs mit den heruntergelassenen Hosen haarscharf und wortgenau ungesunde Tendenzen unserer Gesellschaft aufs Korn: Neonazitum und Inzest, Liebeskonsum und Trennungsschmerz, die Schlagerverliebtheit und die Ökologiewelle. Auch wenn viele hinter der lautstarken, scheinbar wilden Musik es nicht vermuten: es sind die Klagelieder vieler Jungen.

Schon ein wenig ernsthafter und weniger ertragreich ist die „Musikalische Hausapotheke" des Leipzigers Christoph Rueger, 1991 im Ariston Verlag erschienen. Vom Autor sagt der Vorwortschreiber, er sei ein „Vollblutmusiker", fühle „in Dur und Moll", lebe „mal allegro, mal andante", alphabetisch geordneten Kapitel seines Ruches erzählt zuerst ein paar Allgemeinplätze über Abschied, Midlife Crisis, Liebeskummer und Enttäuschung. Anschließend ist die Rede von Musikstücken, deren Komponisten entweder gerade - traurigerweise -Trennung, Midlife Crisis und Frustrationen erlebten oder - dank Musik? -auf ein „urgesundes reiches Leben" zurückblickten. Wer es mit den beigepackten mitgelieferten zehn CDs von Philips ausprobieren will, kann sich mit Vivaldis „Frühling" aufwecken oder sich bei Chopins Nocturne Nr. 17 entspannen. Weil das 1991 erschienene Vademecum der Hausapotheke in acht Auflagen höchst erfolgreich war, gibt es nun ebenfalls im Ariston Verlag die Reiseapotheke mit fünf Be-gleit-CDs. „Die musikalische Reiseapotheke" ist nach Himmelsrichtungen geordnet. So schön die Musik ist, man wird das Gefühl nicht los, daß hier Philips seinen „Riesenvorrat an klassischer Musik"

„Der Arzt lernt auf den hohen Schulen eben nicht alles, sondern er muß von Zeit zu Zeit bei allerhand Bauernvolk und dergleichen belanglosen Leuten in die Schule gehen." Paracelsus' Wort im Ohr veranstaltet die Gesellschaft für Wissenschaft und Öffentlichkeit seit 1992 in des großen Arztes Namen die internationale Paracelsus-Messe für Gesundheit. Von 30. November bis 3. Dezember findet sie erstmals auf dem Wiener Messegelände statt. Sie ist stolz darauf, die europaweit einzige Veranstaltung zu sein, die Ansätze der klassischen Schulmedizin und die vielfältigen Formen der Komplementärmedizin und Naturheilkunde in einem wandernden Gewsund-heitsforum präsentiert. Gesundheit im überquellenden Füllhorn: 300 Aussteller werden 200 Vorträge, Seminare und Diskussionen abhalten.

Die an die Musik angrenzenden Veranstaltungen: Am Donnerstag, den 30. November gibt es einen Vortrag zu Schmerz- und Musiktherapie von Günter Benatzky, Leiter des Projektes „Schmerzlos" an der Salzburger Universität. Eine Klangschalenmassage mit tibetischen Klangschalen am 30. November, 1. und 2. Dezember jeweils um 14.00 Uhr verspricht wundersame Eindrücke. Bewegung und Tanz, auch aus Indonesien, werden am Sonntag, den 3. Dezember um 11.00 Uhr vorgeführt, Kindertanz am 30. November um 11.00 Uhr.

Unter den zahlreichen Ausstellern aus allen Bereichen der Alternativmedizin ist auch ein Grazer Ingenieur, der die heilsamen Erfahrungen mit seiner Klangtherapie auch anderen vergönnt. Alfred Schönbäck will mit seiner Methode des Obertongesangs die Gesundheitsvorsorge bereichern -als Angebot einer Möglichkeit der Entlastung des Nervensystems und der Sammlung lebenseigener Kräfte. Schönbäck erfuhr am eigenen Leib, was tibetanische Mönche wissen - die Heilsamkeit des Obertongesangs, der singenderweise Atemtechnik, das Zwerchfell und den Kreislauf stärkt. Eine speziell für jeden Patienten hergestellte Klangmeditation, eine Lebenssymphonie, ist der intensivste Teil des Programms.

Wer zahlt für die heilende Wirkung der Musik? Die Krankenkassen sind noch nicht bereit, Musiktherapie in den allgemeinen Schutz aufzunehmen. Versicherungen decken die Behandlungsmethoden der Alternativmedizin ab. Die Wiener Städtische ist darunter die einzige, versichert Prokurist Leonhartsberger, die jegliche Alternativmethode in den Versicherungsschutz ihres Paketes einschließt, unter der einzigen Bedingung, daß ein Arzt sie verordnet.

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