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VON NEUEN BUCHERN

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„Und ewig singen die Wälder.“ Roman von Trygve Gulbranssen. Schweizer Druck-und Verlagshaus, Zürich. 304 Seiten. Schweizer Franken 9.50.

Der Roman des weltbekannten Autors schildert das Leben auf dem Hof von Björndal, der hoch oben inmitten der norwegischen Wälder steht und seit altersher dem Sturm der Zeiten trotzt, obwohl die Natur gewalttätig und ungezähmt ist und die Leute vom offenen Land den Menschen der Wälder feindlich gesinnt bleiben. Die Menschen von Björndal sind durch die steten Kämpfe ein hartes Geschlecht geworden. Aber sie treiben klug und umsichtig Handel mit der Stadt, sie werden wohlhabend und erwerben trotz allem Ansehen und Macht. Die Welt von Björndal, wo sich Christentum mit altheidnischer Gläubigkeit mischt, ersteht plastisch vor dem Leser. Da sind die Kämpfe zwischen Mensch und Bär, die verwegenen Schlittenfahrten, die rauschenden Feste, die seltsamen Weihnachtsbräuche. Untermalt wird die Handlung ständig von dem unablässigen Gesang der geheimnisschweren, großen Wälder, die keines Menschen Fuß je ganz ergründen kann.

In einer sehr schönen Neuausgabe macht der Schweizer Verlag das lange Zeit vergriffene Buch den vielen Freunden des Dichters wieder zugänglich. —Dr. L. —

„Wort und Tat.“ Internationale Monatsschrift. 1. Heft, August 1946. (Tyrolia, Innsbruck. 160 Seiten. Preis S 8.—.)

Diese neue Monatssdirift, die schon durch ihr äußeres Format auffällt, tritt mit einem umfassenden Programm vor die Öffentlichkeit-Sie will „sowohl für Österreich wie für das Ausland ein Treffpunkt der Ideale und Gefühlswelten, der Künste, Wissenschaften, Wirt-schafts- und Sozialtheorien werden.“ Was ihre Haltung anbetrifft: „Sie will Klarheit schaffen, alle Erscheinungsformen des Tatsächlichen, alle Meinungen sollen hier zu Wort kommen, vorausgesetzt, daß sie nicht in polemischem Ton verzerrt werden. Die Zeitschrift macht sich keine der in ihr ausgesprochenen Ansichten zu eigen. Sie will nur das Forum sein, das die verschiedenen Standpunkte einander gegenüberstellt.“

Das Heft ist in vier Teile gegliedert: wissenschaftliche Aufsätze, Literarisches, Zeitspiegel und Kunstteil. Dem Programm der Zeitschrift entsprechend, einzelne Hefte den kulturellen und geistigen Problemen einer bestimmten Nation zu widmen, herrscht in der vorliegenden ersten Nummer der französische Anteil vor Dies ist zweifellos der wertvollste Teil der Zeitschrift, da er ein eindrucksvolles Bild vom Reichtum und der Vielfalt heutigen französischen Geisteslebens vermittelt.

Der erste Aufsatz von Prim Louis de Brogfie beschäftigt sich, bezeichnenderweise an das letzte Buch Bergsons anknüpfend, mit dem Verhältnis zwischen Wissenschaft und Humanismus. Jean Wahl, dessen Ausführungen auch der philosophisch geschulte LeSer nicht ohne Anstrengung zu folgen vermag, untersucht die Beziehungen zwischen Realismus, Dialektik und Transzendenz. Eine ent-wicklungsgeschichtlidie Studie hat „Die Frau in der Malerei“ zum Gegenstand (die dem Aufsatz beigegebenen Bilder sind nicht nach jedermanns Geschmack). Albert Beguin, der ausgezeichnete Kenner der mittelalterlichen deutschen und französischen Literatur, liefert mit seiner Parzivalstudie „Die Gralsuche und die Christianisierung des weltlichen Lebens“ einen wertvollen Beitrag zur Geistesgeschichte des Mittelalters. Je ein Aufsatz gilt der neuen französischen und der neuen österreichisch' Musik. Der letztere dürfte, nicht nur in Fachkreisen, auf einigen Widerspruch stoßen. Die Sozialgeschichtsschreibung in England seit Macaulay hat ein Beitrag von Professor Max Beioff zum Gegenstand.

Der literarische Teil bringt — neben einigen gepflegten Gedichten Lily von Sauters und Werner Bergengruens gehaltvollen Aphorismen über Dichtung und Dichter — Lyrik und Prosa aus der französischen Widerstandsbewegung. Im Zeitspiegel versucht Jörg Lampe einen Überblick über die letzten fünfzehn Monate der österreichischen Kulturentwiddung zu 'geben. Sehr instruktiv ist die Zusammenstellung „Französische Zeitschriften“, die ein beredtes Zeugnis für das Engagement, die Teilnahme der französischen Sdiriftsteller am Schicksal der Nation, und für die wiedergewonnene Freiheit des französischen Geistes sind. Eine einfühlsame Studie bringt uns die gut reproduzierten Bilder Dobrowskys nahe. Eine Reihe Kulturnotizen aus Österreich und dem Ausland, insbesondere aus dem Osten und Südosten, beschließen das Heft. Besonders hervorgehoben seien die ganz ausgezeichneten Übertragungen der schwierigen französischen Texte durch die Herausgeberin Lily von Sauter. Dr. H. A. Fiechtner

„Poesie“. Revue mensuelle des lettres, Nr. 22, 23, 24, 29, ed. Pierre Seghers, 216, Boulevard Raspail, Paris (14),

Um aus der reichen Zahl der literarischen Zeitschriften Frankreichs wählen zu können, bedarf es nicht nur einer umfangreichen Kenntnis, sondern noch vielmehr des Willens zu einem besonders ausgeprägten Geschmack. So ist auch die Fülle von Wochen- und Monatsschriften zu erklären, die, rationell oder wirtschaftlich gesehen eher zusammengelegt gehörten. Damit wäre aber die Eigenart und der Wunsch nach dem Besonderen weithin nicht nur gefährdet, sondern direkt unterbunden. Und doch zeigt uns die geistige Geschichte gerade Frankreichs, welche Werte hier oft zu Tage gefördert wurden. „P o e s i e“ bedeutet als Monatssdirift nicht nur eine Sammlung oder gar „Anhäufung“ von Gedichten, sondern sie bringt außer den sorgsam gewählten Versen eine Darstellung und Stellungnahme zu den geistigen Anliegen der Zeit und, was noch wertvoller ist, sie gibt selbst ein Bild und eine Schau des eigenen Wollens von dem Kreise, der hinter ihr steht. Weil sie sowohl Überblicke über die Literatur als auch Bekenntnisse bringt, wie etwa zu dem Thema „Der Dichter und die Öffentlichkeit“ oder „Frankreich als geistige Gemeinschaft“, kann man verstehen, daß sie nicht nur ihren Leserkreis, sondern auch ihre Anhängerschaft besitzt. Bemerkenswert ist die reiche und fast alle Länder umfassende Literaturschau. Daß dabei der deutsche und vor allem der österreichische Sektor unter den Tisch fallen, mag eine vorübergehende Erscheinung sein, die eben noch zeitbedingt ist. Aber es müßte auch allmählich unsere eigene Mitarbeit einsetzen, die selbst auch durch Obersetzungsversuche internationale Beziehungen aufzunehmen bestrebt ist. Venn Kultur wieder na Kultur findet, wird auch manches geistige Hindernis fallen ■fid es wird damit das gegenseitige Verständnis von selb wieder kommen.

„Pages francaises“ Nr. 2, herausgegeben von der Direction generale des relations cultu-relles, 14, nie Lord Byron, Paris.

Die große Zahl der geistig hochstehenden Zeitschriften in Frankreich erschwert den leichten Oberblick und läßt manchen wertvollen Aufsatz, der für das kulturelle Leben kennzeichnend ist, entgehen. Die „Pages francaises“ bieten durch ihre Reichhaltigkeit einen wertvollen Querschnitt. Es bringt vorliegende Nummer eine Auswahl von Gedichten und Aufsätzen geistiggeschiditlicher und literarischer Art, so daß man von einer Zeitschrift der Zeitschriften sprechen könnte. Die „P. f.“ bieten ein wertvolles Orientierungsmittel über die Geistigkeit Frankreichs.

„Der österreichische Außenhandel 1923 bis 1937.“ Vom österreichischen Statistischen Zentralamt, dem Nachfolger des früheren Bundesamtes für Statistik herausgegeben, erschien als erstes Heft einer Veröffentlichungsreihe „Beiträge zur österreichischen Statistik“ eine Untersuchung über den „Außenhandel Österreichs in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen“, welche im Hinblick auf die große Bedeutung de Außenhandels für die österreidiische Wirtschaft gerade heute eine erhöhte Beachtung verdient. Die Untersuchung gestattet einen ausgezeichneten Oberblick über die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, wertvolle Erkenntnisse für die zukünftige Entwicklung und Gestaltung unserer Wirtschaft. Wie in der Untersuchung aber richtig ausgeführt wird, werden gerade die Erfahrungen dieser Zeit die österreichische Wirtschaft m diesmal weitaus kürzerer Zeit in den Stand versetzen, ein Defizit der Handelsbilanz zu vermindern und die Wirtschaft von ausländischer Kredithilfe so weit als möglich unabhängig zu machen. Es wird gezeigt, in welch hohem Grade nach dem Weltkrieg die Maßnahmen zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion und der Viehwirtschaft, der Ausbau der Wasserkräfte und die rasch erfolgte Anpassung der Industrie an die Erfordernisse der neuen Situation zur Erreichung dieses Zieles beigetragen haben. Sicherlich wird auch die österreidiische Industrie nach Beseitigung der Kriegsschäden leistungsfähiger sein, als vor dem Kriege. Die Umstellung der Industrie auf elektrischen Strom, die Elektrifizierung der Bundesbahnen und die Vergrößerung des Stromexportes auf dem Sektor der Energiewirtschaft, die Autarkie Österreichs in Erdöl und seinen Derivaten auf einem anderen Sektor, wie überhaupt die gesamte Entwicklung der österreichischen Wirtschaft auf allen anderen Sektoren bis zum Jahre 1938 und im weitgehenden Maße auch die Gründungen während der Kriegszeit stellen ein ansehnliches Plus für die Wirtschaft von heute im Vergleich zur Lage nach dem ersten Weltkrieg dar.

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