Weltpoesie im Internet

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Lyrik in über 30 Sprachen hören und lesen.

Bei Gedichten ist oft genug schon die originale schriftliche Form eine nur ungenügende Übersetzung von Klängen. Die Transformation in eine andere Sprache kann erst recht nicht alles abbilden: Wortsinn, Rhythmus, Reime und eben den Klang. Aber besonders im deutschen Sprachraum leidet Lyrik noch unter einem Übersetzungsproblem viel fundamentalerer Art: Sie bleibt zumeist in teuren Büchern mit geringer Auflage verschlossen, die einen Großteil des potenziellen Lyrikpublikums gar nicht erreicht.

Ein geniales Internetprojekt hat Abhilfe geschaffen: unter www.lyrikline.org kann man Gedichte in 33 Sprachen (alphabetisch geordnet von Arabisch bis Wayuunaiki, einer indigenen Sprache in Kolumbien und Venezuela) lesen und (über RealPlayer) die jeweilige Autorin oder den Autor selbst lesen hören. Mit einem weiteren Mausklick legt man sich die deutsche Übersetzung (bei etlichen englischen, französischen und italienischen Gedichten fehlt sie noch) daneben. (Natürlich kann man auch zahlreiche deutsche Autorinnen und Autoren lesen und hören und nachschauen, wie sie ins Englische oder Französische übersetzt worden sind.

So wird Lyrik wieder zum umfassenden sinnlichen Erlebnis, schriftliche Textgestalt und Sprachklang kommen zusammen, die Übersetzung ist die notwendige Verständnisbrücke und wird durch das präsente Original gleichzeitig heilsam relativiert. Vor allem aber ist eine Gleichwertigkeit der Sprachen gewährleistet: Sprachinseln innerhalb der etablierten Staatssprachen wie Gälisch, Bretonisch oder Walisisch und "kleine" EU-Sprachen wie Litauisch oder Isländisch haben hier tendenziell dieselbe Chance, ihr Publikum zu finden, wie Englisch, Französisch oder Italienisch, während ihre Lyrik kaum je eine Chance hat, in Buchform auf Deutsch verlegt zu werden. Suchen lässt sich nach Autoren, nach Sprache oder auch nach Übersetzung, und natürlich gibt es Bild, Biografie und Publikationsliste. So kann man sich stundenlang durch den Kosmos der modernen Poesie klicken und fremde Sprachklänge und Schriftbilder erforschen - und am Ende vielleicht allzu vertraute Gedichte der eigenen Sprache neu entdecken.

Der Autor hat für das Projekt "Lyrikline" Gedichte aus dem litauischen ins Deutsche übertragen.

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