6659043-1959_46_13.jpg
Digital In Arbeit

Westöstliche Begegnung im Roman

19451960198020002020

VERSUCHUNG IN CHIKALDA. Roman von Consilia Maria Lakotta. Pallotti-Verlag, Augsburg, 1959. Preis. 1Q.80. DM..— AK1KQ. SANFTE GLUT- Roman von Duncan Dorp. Paul-Zsolnay-Verlag. Wien, 1959. 244 Seiten. — „DENN DER LIEBENDE FRAGT NICHT." Roman von John Deanne Potter. Paul-Zsolnay-Verlag, Hamburg, 1959. 327 Seiten. — DER REGENDOKTOR. Roman von Peter Win-gate. Paul-Zsolnay-Verlag, Hamburg, 1959

19451960198020002020

VERSUCHUNG IN CHIKALDA. Roman von Consilia Maria Lakotta. Pallotti-Verlag, Augsburg, 1959. Preis. 1Q.80. DM..— AK1KQ. SANFTE GLUT- Roman von Duncan Dorp. Paul-Zsolnay-Verlag. Wien, 1959. 244 Seiten. — „DENN DER LIEBENDE FRAGT NICHT." Roman von John Deanne Potter. Paul-Zsolnay-Verlag, Hamburg, 1959. 327 Seiten. — DER REGENDOKTOR. Roman von Peter Win-gate. Paul-Zsolnay-Verlag, Hamburg, 1959

Werbung
Werbung
Werbung

Drei der hier vorliegenden Romane schildern Begegnungen von Europäern oder Amerikanern mit Frauen einer fremden Rasse, ein Thema, das heute, besonders in der angelsächsischen Literatur, recht häufig auftaucht. Meistens handelt es sich um mehr oder weniger sentimentale Liebesgeschichten, für die der exotische Hintergrund lediglich Staffage ist, willkommene Gelegenheit für allerlei reißerische Episoden. Aber einigen Autoren, wie etwa John Masters in seinem Indienroman „Knotenpunkt Bhowani“, ist es gelungen, an der spannungsreichen Begegnung zweier Menschen, die sehr verschiedenen Sphären angehören, die Gegensätze zwischen der westlichen und östlichen Welt überhaupt zu enthüllen und umgekehrt persönliche Erfahrungen seiner Gestalten aus den allgemeinen Zusammenhängen zu entwickeln.

Das war wohl auch das Anliegen C. M. L a k o t- t a s in ihrem neuen Indienroman, der freilich weder die Spannweite noch das literarische Niveau John Masters aufweist. Die Auseinandersetzung des Europäers mit der vielschichtigen indischen Welt, die des Christen mit dem Hinduismus, die so viele Probleme aufwirft, wird in Frau Lakottas Buch in den Hinter-

gründ gedrängt von der Schilderung der privaten Schicksale des in der indischen Klinik seines Vaters wirkenden deutschen Arztes Peter Larsen und der Brahmanin Sita Durpali, die als Aerztin in dem gleichen Krankenhaus beschäftigt ist. Šitas Weg aus den beengenden Bindungen ihrer Kaste in die Freiheit des Christen — das ist der eine Hauptfaden der Handlung: die Geschichte ihrer Liebe zu Larsen ein anderer. Das hohe Ethos der Autorin zeigt sich in der Betonung der missionarischen Aufgabe auch des Arztes in einem Land, in dem er «ich unvorstellbarem Elend gegenübersieht, das die tätige Nächstenliebe geradezu herausfordert. — In dem Buch stört die abgehackte, an preußischen Militärjargon erinnernde Redeweise des alten Larsen, die sich in dem indischen Milieu besonders seltsam ausnimmt. Ebenso manieriert wirkt die englische Wortstellung im Deutsch der Sita, die teilweise auch noch falsch ist. Der Engländer gebraucht das To do bei Fragestellung und Verneinung. Aber; „Ich tue beherrschen Ihre Sprache“ ist doch zuviel des Guten. Auch sonst gibt es schwerverdauliche Sprachschnitzer. „Welche ein Kind von einem Weißen bekommen, sind Mädchen im Baumwollsari — komplizierter und falscher geht es wirklich nicht mehr.

Duncan Thorps Roman „Akiko, sanfte Glut“ bleibt weitgehend im Bereich der Kolportage stecken. Im Mittelpunkt der Handlung steht die Liebesgeschichte des amerikanischen Sergeanten Hank Mueller und der japanischen „Only"(das ist ein Mädchen, das nur mit einem amerikanischen Soldaten zusammenlebt) Akiko. Die Wandlung einer zunächst rein sexuellen Beziehung zu einer echten Liebesbindung wird geschickt entwickelt; aber peinlich wirkt dabei die undelikate Erörterung sehr intimer Situationen . .. Das an Thorps Thema interessanteste Problem wird leider nur oberflächlich berührt: nämlich der gewaltsame gesellschaftliche und geistige Umbruch Japans durch den verlorenen Krieg und die amerikanische Besetzung des Landes; jene alle Lebensgebiete berührende Krise, in der auch die hier geschilderten Schicksale letztlich ihre Ursache haben.

In der Zeit unmittelbar nach dem letzten Krieg spielt auch J. D. Potters Roman „ … denn der Liebende fragt nicht“. Diesmal ist eine kleine Insel im Pazifik der Schauplatz der Handlung. Hinter der konventionellen Fassade der herrschenden Schicht — britischen Kolonialbeamten und amerikanischen Marineoffizieren — tut sich die Leere eines sinnlosen Daseins auf, die mit leichtfertigen Abenteuern und unmäßigen Trinkgelagen nur notdürftig verdeckt wird. Der frisch aus Europa eintreffende Adjutant des Gouverneurs der Insel, Peter Darnell, ein ehemaliger Major der englischen Luftwaffe, entflieht dem frivolen Getriebe durch den Auftrag, den Standort einer japanischen Partisanengruppe auszukundschaften, die die Kapitulation nicht anerkannt hat und nun ein entbehrungsreiches Dasein in den Bergen führt. Als Gefangener der Japaner muß Peter seine Schablonenvorstellung von diesem Volk revidieren, und in der Halbjapanerin Ito findet er ein Mädchen, von dem er nicht mehr loskommt. Vor dem gemeinsamen Weg der beiden stehen Haß und Rachsucht, die damals noch die Beziehungen zwischen ihren Völkern vergifteten; aber ihre Liebe ist stärker als die nationalen und rassischen Vorurteile, die es zu überwinden gilt. Ein Ereignis, das nicht ohne Wirkung auf die europäische Gesellschaft der Insel bleibt und deren beste Vertreter zu Rechenschaft und Besinnung anregt. Schade, daß Potter dieses interessante und wesentliche Thema in den Grenzen und mit dem Beiwerk des reinen Unterhaltungsromans behandelt.

In Peter Wingates Roman „Der Regendoktor" steht ein Arzt im Mittelpunkt der Geschehnisse, eine Gestalt, die sich in Literatur und Film unserer Zeit so großer Beliebtheit erfreut. Nun kommt es vielen Schriftstellern und Drehbuchautoren freilich weniger auf die ärztlichen Aufgaben und medizinischen Probleme an, sondern sie konstruieren um die Jünger des Hippokrates eine möglichst spannende Handlung, in der allerlei persönliche Konflikte in den Mittelpunkt rücken. Das trifft weitgehend auch auf das hier vorliegende Buch zu. Die Aufgaben eines europäischen Arztes im afrikanischen Busch, seine Begegnung mit der magischen Weitsicht der Eingeborenen, deren Unwissenheit, Mißtrauen, Angst und Aberglaube dem erfolgreichen ärztlichen Wirken hemmend im Wege stehen — das wäre Stoff genug für einen Roman. Es sind bei Wingate allerlei gute Ansätze da; einige einsichtige Kolonialbeamten und Missionäre, die in dem Buch auftreten, kennen die afrikanische Mentalität sehr genau, und der junge englische Arzt Tom Bailey lernt allmählich, worauf es bei seiner Arbeit ankommt. Wozu da noch diese reichlich banal geschilderten Liebesgeschichten des Doktors mit seinen Schwestern? Auch Wingates Vorliebe für komische Situationen verführt ihn manchmal zu allerlei läppischen Eskapaden. Zugeständnisse an das Unterhaltungsbedürfnis eines bestimmten Leserkreises, die dem Thema wenig gemäß sind.

Ein Wort noch zur Uebersetzung der drei zuletzt besprochenen Bücher, die Edmund Th. Kauer nicht gerade sorgfältig vorgenommen hat. Es gibt da Sprachschnitzer („Erzählen Sie mir von Ihnen") und Wortbildungen („fachgeschult“, „abgemüdet“), die schon in der Umgangssprache unverzeihlich sind; wieviel mehr noch gilt das für das gedruckte Wort.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung