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Die Vertreibung aus dem Paradies - ein alttestamentarisches Motiv, das in der Literatur vielfach variiert wurde. In der Jugendliteratur bietet sich die Verschränkung mit dem Ende der Kindheit an: Eine Variante, die die mehrfach preisgekrönte Autorin Kirsten Boie hier virtuos gestaltet.

Der Text setzt mit "Das Paradies" im Sommer 1961 ein, die dreizehnjährige Karin liebt die Ferien mit Baden an der Dove Elbe, dem neuen Fernsehapparat und Klönen mit ihrer Freundin Regina. Doch dann erzählt Regina über ein Buch "von diesen Judensachen", und Karin beginnt sich und ihren Eltern erstmals Fragen zu stellen. Wie war das eigentlich damals? Warum steht dieser Eichmann jetzt in Jerusalem vor Gericht?

Porträt einer Generation

Im Februar 1962 folgt "Die Vertreibung": Historischer Hintergrund dafür war eine Sturmflut an der deutschen Nordseeküste, die rund 340 Todesopfer forderte. Familien wie jene der Protagonistin, die als Bombengeschädigte in einstöckigen Behelfsheimen in Kleingartenanlagen lebten, verloren ihr gesamtes Hab und Gut. Der dritte Teil "Asche zu Asche" erzählt schließlich vom Leben nach dieser Katastrophe im Sommer 1963: Nichts ist mehr, wie es vorher war. Der Vater ist unglücklich in der neuen Stadtwohnung, Karin wird immer aufsässiger -umso mehr, als sie herausfindet, dass die Mutter belastende Fotos aus dem Krieg verschwinden hat lassen. Boie literarisiert anhand einer einzelnen Mädchenfigur gesellschaftspolitische Fragestellungen der Nachkriegszeit. Sprachlich empfindet sie dabei den Duktus der Zeit nach und entwirft so ein Porträt einer Generation, die lernen musste, die Erzählungen der Eltern infrage zu stellen.

Ringel, Rangel, Rosen Von Kirsten Boie Oetinger 2010 192 S., geb., € 15,40

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