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Die Prosa des jungen.Hofmannsthal

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DiePros* I.“ Von Hugo von Hofmannsthal. (Gesammelte Werke in Einzelausgaben.)S.-Fischer-Verlag. 468 Seiten

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DiePros* I.“ Von Hugo von Hofmannsthal. (Gesammelte Werke in Einzelausgaben.)S.-Fischer-Verlag. 468 Seiten

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Ein Teil von Hofmannsthals Essays wurde Zum erstenmal in den „Prosaischen Schriften“ von 1907 gesammelt. Die vom Dichter 1924 selbst zusammengestellte erste Gesamtausgabe seiner Werke in sechs Bänden enthielt bereits einen größeren Teil seines essayistischen Werkes, aber längst noch nicht alles (die am meisten verbreitete dreibändige Gesamtausgabe von 1934 enthält einen unveränderten Abdruck der Erfundenen Gespräche und Briefe* sowie der Reden und Aufsätze“ nach der Ausgabe von 1924). Erst nach Höfmannsthals Tod wurde durch den von Heinrich Zimmer zusammengestellten Band „Loris“, der bis 1897 reichte, der größte Teil der prosaischen Arbeiten des jungen Hofmannsthal bekannt, während der Sammelband „Die Berührung der Sphären“ die gewichtigen literarischen und kulturpolitischen Aufsätze der späteren Jahre enthielt Alle diese Ausgaben sind längst vergriffen, so daß man Hofmannsthals Essays bis zum Erscheinen des vorliegenden Bandes („Prosa I“) als nicht existent bezeichnen mußte — wenn man von ihrer geistigen Auswirkung vor allem auf die ältere Generation absieht und die Gegenwart ins Auge faßt.

Der von Herbert Steiner herausgegebene Band „Prosa 1“ enthält im wesentlichen die in „Löris“ gesammelten Essays, vermehrt um Fünf zum Teil recht umfangreiche Berichte über zeitgenössische Maler und Ausstellungen, den Aufsatz Französische Redensarten“ sowie die Rezensionen über Bücher von Peter Altenberg und Emil Strauß, zwei autobiographische Skizzen („Kreuzwege“ und „Wie mein Vater“), die Ubersetzung eines Nachrufes auf die Kaiserin Elisabeth von Gabriele d'Annun-zio und schließlich — als umfangreichstes Stück — die „Studie über die Entwicklung des Dichters Victor Hugo*, eine — vermutlich gekürzt — Fassung der seinerzeit von Hofmannsthal dr philosophischen Fakultät der Universität Wien eingereichten (und wieder zurückgezogenen) Habilitationsschrift.

Die Themenkrei6e, zu denen sich die rund fünfzig Essays zusammenschließen, können in diesem Rahmen nur angedeutet werden. Der größte Teil gilt der zeitgenössischen deutschsprachigen, französischen und englischen Literatur (Bourget, Banville, Barres, Ibsen, Swin-burne, Walter Pater, Stefan George und anderen). Von besonderer Bedeutung Sind vier umfangreichere Essays über d'Annunzio, da sich in ihnen eindringlich die Ubewindung de Fin-de-siecle spiegelt, dem man — leider auch immer noch in literarischen Lexika und Literaturgeschichten „von Rang“ — den jungen Hofmannsthal zuordnet. — Einen breiten Raum nehmen auch die Aufsätze über moderne zeitgenössisdie Malerei ein. Am schönsten aber spricht die Stimme des Dichters au6 einer Reihe von Prosaphantasien, für die man in der neueren deutschsprachigen Literatur kaum ein Vorbild und eigentlich auch kaum eine legitime Nachfolge finden kann. Für diese Art magischer Prosa“ hat vor vielen Jahren Felix Braun treffliche Worte gefunden, die zu ihrer Charakterisierung hier wiedergegeben seien. Mit den Fragmenten des Novalis habe sie gemein: „die richtige Stellung und Ordnung der Massen, die gewisse Altertümlichkeit des Stils, die leise Hindeutung auf Allegorie, die gewisse Seltsamkeit, Andacht und Verwunderung“. Als weitere Kennzeidien fügt Braun hinzu; „Eine Gelassenheit der Haltung, die als Welthaftigkeit und Noblesse, doch manchmal nicht ohne Hochmut, wirkt, eine Gewandtheit in der Wahl des Ausdrucks, die nicht selten spielerisch facettiert, eine Leichtigkeit der Linienführung und Farbenübergänge, die in einzelnen Wendungen etwas Romanisches hat.“ Das Eigentümliche der Prosa Hofmannsthals liegt in der Distanz und in einer gewissen Preziosität, die durch überraschende Verbindung der Worte, durch unerwartete Verknüpfung der Sätze, durch den Glanz oder Rhythmus erhöht wird. „Ein Wechsel von Feierlichkeit und Anmut, von Klassizität und Bizarre-rie, von Leidenschaftlichkeit und Geistigkeit erzeugt zwischen den Sätzen, zwischen den Worten jenes Licht, das über diese Aufsätze ein Clair-Öbscur ausbreitet, wie es in unserer Sprache sicherlich noch nicht erblickt worden ist. Dabei ist durchaus nicht ein Fremdartiges oder gar Nachgeahmte in diesem Kolorit; unverkennbar bleibt, daß ein österreichischer Mensch diese Bilder gewählt, diese Worte gesetzt, diese Tonart angeschlagen hat.“

Kleinod Tirol. Von Heinrich von Schüller h. Inn-Verlag, Innsbruck. 402 Seiten.

Dieser dritte, in sich geschlossene Band der Romantrilogi Das Land im Gebirge“ behandelt die letzten Regierungsjahre Erzherzog Siegtnunds des Münzreichen und den Ablauf seiner so wenig glücklichen Ehe mit Katharina von Sachsen, seiner um vierzig Jahr jüngeren weiten Gemahlin. Neben diesem Fürstenpaar treten viele andere historische Gestalten auf die Bühne einer lebendigen und farbenfrohen Erzählung; so namentlich die zweifellos kühne, wenn auch sonst vielfach umstrittene Figur des Vogtes Gaudenz von Matsch. Wieder, wie in seinen früheren Werken, erweist sich Heinrich von Sdiullern als ein gründlicher Kenner der Geschichte und besonders der Kulturgeschichte seines heißgeliebten .Landes im Gebirge'. Allerdings, zwei schon oft gestellte Fragen drängen sich dem Kritiker bei der Lektüre auch dieses Buches wieder auf: inwieweit ist es der historischen Belletristik gestattet, sich bei der Darstellung geschichtlicher Figuren oder Begebenheiten durch die Liebe zu seinem Sujet von der strengen Linie historischer Tatsachen abdrängen zu lassen? Und ist es wirklich so, daß die Anwendung einer veralteten Sprech- und Schreibweise vom Leser begrüßt werden muß, weil sie es ihm erleichtert, sich in das Geschehen längst vergangener Zeiten einzufühlen?

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