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Franklin D. Roosevelt

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Der Autor selbst bezeichnet jein Werk als „informal“ — als ein zwangloses Lebensbild des verewigten Präsidenten, und gegen diese Bezeichnung kann sich kein Widerspruch erheben. Das Buch erzählt den Werdegang Franklin Roosevelts von seiner frühen Kindheit an bis zu seinem Ende, bald in großen Zügen, bald unter Einflechtung mancher Einzelheiten, die das Bild vervollständigen und lebendiger gestalten. Aber die Zwanglosigkeit geht etwas weit, und auch dem amerikanischen Leser wird es mitunter schwer fallen, sich zurechtzufinden und die dargestellten Geschehnisse auch nur chronologisch einzureihen. Alden Hatch begann eben seine literarische Laufbahn als Verfasser von Kurzgeschichten und Romanen, und es ist die Feder des Romanciers, und nicht eines geschulten Beobachters der Zeitereignissei die hier den Hintergrund skizziert, von dem sich die Figur des Staatsmannes abheben soll. Das müßte in einer Biographie dieser Art, die keinen Anspruch auf Gründlichkeit erheben will, nicht unbedingt einen schweren Mangel bedeuten, aber leider fühlt sich der Autor auch berufen, seine persönliche Meinung über Dinge abzugeben, für die ihm jedes tiefere Verständnis fehlt, und so kommt er oft zu Werturteilen oder Definitionen, die unerträglich sind. Für die Republikanische Partei Amerikas wie für das Franco-Regime, für den Nationalsozialismus, wie für den italienischen Faschismus hat er ein und dasselbe Attribut — sie alle sind einfach „reaktionär“; dafür nennt er die Regierung, gegen die sich die spanischen Nationalisten erhoben, kurz und bündig „liberal“. Im Walde von Compicgne (beim Abschluß des deutsch-französischen Waffenstillstands) „spielte Hitler eine merkwürdige Komödie“ — das ist alles, was er über jene erschütternde Szene der französischen Tragödie zu sagen weiß. „Für Churchill“, so erklärt er in einem anderen Zusammenhang, „kam England zuerst und die Menschheit nachher... Aber der Prä-

Panorama, Wien. Aus dem Amerikanischen Wismeyer. 478 Seiten. sident befaßte sich hauptsächlich mit dem Wohlergehen der ganzen Welt...“

Noch erstaunlicher ist das Bild, das Hatch uns von des Präsidenten Rolle in Yalta entwirft: „Wie er da im russischen Frühling zwischen Churchill und Stalin saß, lag der Mantel wahrer Größe in unsichtbaren Falten um ihn... Roosevelt war der Meisterarchitekt. Die anderen sahen Teile vor sich, er sah das Ganze, und er wußte, daß die Brauchbarkeit der endgültigen Fassung der Idee von ihm abhing. Churchill und Stalin waren durch ihre Naturen und ihre nationalen Vorurteile in ihrem Ausblick beschränkt. Franklin glaubte fest daran, daß beide ehrlich darauf bedacht waren, die ungeheure Aufgabe zu erfüllen, er zweifelte niemals an ihrem guten Willen, aber er erkannte ihre Grenzen...“ Diese Zeilen genügen wohl zur Erklärung, warum Hatch die eigentliche Problematik im Leben des Präsidenten überhaupt nicht berührt — die Frage nämlich, wieso es kam, daß ein so gewiegter Politiker und Staatsmann, der als einer der allerersten die aufsteigende Gefahr des Hitler-Imperialismus erkannt und sein Volk mit soviel Geschick, und auch von hohem Idealismus getragen, auf die kommende Auseinandersetzung vorbereitet hatte, mit verbundenen Augen einen Weg beschritt, der zu einer neuen und noch gefährlicheren Bedrohung des Friedens und der Freiheit führen mußte.

Immerhin, trotz ihren vielen Mängeln hat auch diese Biographie als Ergänzung der bereits umfangreichen Roosevelt-Literatur einen gewissen Wert, und es ist schade, daß sie nunmehr in einer deutschen Ubersetzung vorliegt, die sowohl stilistisch wie in der Wiedergabe selbst der geläufigsten Ausdrücke völlig unzulänglich ist. Das Kielwasser schäumt unter dem Heck und nicht unter dem Bug eines Schiffes; die Elitetruppe der marines sind Seesoldaten und nicht einfach „Mari-neure“; ambassador ist nicht gleichbedeutend mit minister (Gesandter), wie die Übersetzerin offenbar annimmt; im altbekannten Kampflied der Demokratischen Partei ist von den Gehsteigen (sidowalks) von New York die Rede und nicht von „der Seitenstraße“. Ähnliche Irrtümer sind auf fast jeder Seite des Buches zu finden.

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