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Gebauter Dialog der Kulturen

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Werner Blaser wagte mit dem Buch „West meets East -Mies van der Rohe“ ein geistiges Abenteuer: Er ging, gemeinsam mit Johannes Malms, den Beziehungen zwischen der Architektur von Ludwig Mies van der Rohe und der chinesischen Architektur nach. Da aber Mies einer der großen Klassiker der Moderne ist, wurde daraus eine grundsätzliche Untersuchung über die Parallelen zwischen östlicher und moderner westlicher Architektur.

Das Abenteuer konnte nur gelingen, weil Blaser darauf verzichtet, von den äußeren Übereinstimmungen auf direkte Beeinflussung zu schließen, andererseits aber auch diese Übereinstimmungen nicht etwa als zufällig oder gar bloß äußerlich abtut. Mit seiner produktiven vergleichenden Haltung öffnet er dem Leser das Verständnis der inneren Haltungen, vor allem aber der kulturellen Übereinstimmungen, die Architektur zugrunde liegen.

Diese Haltung ist auch dort richtig, wo sich der Voreilige durch konkrete Indizien veranlaßt sehen könnte, direkte Beeinflussungen anzunehmen. Solche Indizien liegen bei Mies van der Rohe vor, würden aber gerade in diesem Fall in die Irre führen. Der Architekt besaß nämlich nicht nur eine bedeutende chinesische Bibliothek, sondern soll dem chinesischen Architekten Chen-Kuan Lee einen Einfluß chinesischer Architektur auf sein Werk eingeräumt haben.

Andererseits war er fest im geistigen Baugrund der europäischen Moderne verankert. Vieles deutet darauf hin, daß Mies van der Rohe die chinesische Kultur für sich (übrigens schon früh) als eine geistesverwandte entdeckte - was ja gegenseitige Anregungen keineswegs auschließt. Blaser bringt es auf die schöne Formel, daß sich im Denken Mies van der Bohes „die Ideen aus Ost und West wie im Mittelpunkt eines Kreuzes treffen und ohne Abhängigkeit eine verblüffende Gemeinsamkeit entsteht“: „Architektur der Stille“. (Zum Lärm, vor dem sie abschirmt, gehört auch jener, den die Postmoderne macht.)

Der Essay ist gedankenreich und klar geschrieben, bliebe aber ohne die Anschauung blaß - und die vermitteln die zum Teil von Autor selbst aufgenommenen Bilder. Auch hier wurde aufidas Haschen nach vordergründigen Übereinstimmungen verzichtet, tritt das Wesentliche umso deutlicher hervor. Ein Buch voll von Anregungen, und mit dem Tonreichtum seiner Schwarzweißbilder auch ein Buch der fotografischen Stille. Zugleich werden Raumwirkungen und atmosphärische Nuancen spürbar.

WESTMEETS EAST-Vjk MIES VAN DER ROHE

Von Werner Blaser

Verlag Birkhäuser. Basel 1996

128 Seiten, viele Bilder, Hin, öS 569,-

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