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Geburtstag einer großen Idee

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Vor 100 Jahren, eines Tages im Februar 1896, lag plötzlich ein äußerlich unscheinbares, nur 86 Seiten dünnes Büchlein in den Auslagen von Wiener Buchhandlungen. Es war bei der Verlagsbuchhandlung Breitenstein, die auf der Währingerstraße residierte, in einer Auflage von 3.000 Exemplaren erschienen, die Erstausgabe ist heute viel wert. Das Buch hieß „Der Judenstaat - Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage" und der Verfasser war der bis dahin nur als Feuilletonredakteur und Paris-Korrespondent der „Neuen Freien Presse" bekannte „Doctor der Bechte" Theodor Herzl.

In Paris hatte er den Dreyfus-Pro-zeß erlebt - eines der Ereignisse, die ihn für das große Projekt seines Lebens sensibilisierten. „In Frankreich," schrieb einst Alex Bein, „ist der Antisemitismus ein zwangloser Zusammenkunftsort... wo man weniger Einführungen braucht und mit weniger Mitteln glänzen kann, als anderswo." Nachzulesen in der großen Bildbiographie Herzls von Julius Schoeps, die anläßlich dieses Jubiläums erschien.

Es ist die Geschichte des Siegeszuges einer Idee. Und der kam nicht von ungefähr. Auch in Wien war der Antisemitismus Zusammenkunftsort der Armen in Geist und Gemüt mit den skrupellosen Politikern und Ideologen, aber hier und in Paris konnte man sich noch in Illusionen wiegen. In Bußland war das angesichts der Pogrome nicht mehr so leicht.

Der erst 36 Jahre alte Herzl hatte 1896 gerade noch acht Jahre zu leben.

Schoeps, dem vor allem auch ein sehr gut lesbares, materialreiches Buch gelang, macht nicht nur klar, welche Macht der Antisemitismus damals schon war, sondern hilft auch, die ungeheure Kraftanstrengung zu erfassen, mit der Herzl zur Verwirklichung seiner Vision schritt. Schon 1897 fand der erste Zionisten-Kongreß statt.

Der Judenstaat konnte Ausmaß und Grauen der Schoa nicht milderrn, aber er bot den Überlebenden eine Heimat. Der Gedanke an die Situation, in der die Juden heute ohne Israel wären, ist kein gemütlicher.

THEODOR HERZL 1860- 1904 WENN IHR WOLLT, IST CS KEIN MÄRCHEN

Eine Text-Bild-Monographie von Julius H. Schoeps. Verlag Christian Brandstätter, Wien 1995. 224 Seiten, geb., 500 Abb., öS 690,-

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