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Im Geiste des Gründers

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Die bis nun Genannten bildeten die eine Hälfte der Streitmacht: die militärische. Sie hätte nichts vermocht, wäre ihr nicht die geistliche der Cassinenser zur Seite getreten. Der überragende Geist dieser geistlichen Schar war Erzabt Gre-gorius. Ich muß hier an seine, ihn zutiefst aufwühlende seelische Erschütterung erinnern, die ihn befing, da ich ihn die Gefahr erahnen ließ. Sie nahm ihm, dem achtzigjährigen Greis, so schien es zunächst, seine letzte Kraft. Wie sie ihm wiederkam, wie er über sich hinauswuchs, ist auf natürliche Weise nicht zu erklären. Sein Glaube, sein Gebet... Gott hat ihn die Zerstörung des Hauses seines Vaters, St. Benedikts, überleben lassen, und noch immer wollte er die Stätte seines viele Jahrzehnte langen Wirkens nicht verlassen. Doch die Umstände waren stärker als er: beim Bombardement war auch die Zisterne getroffen worden: es gab kein Wasser mehr. Zwei Tage verweilte er noch in den Ruinen, dann stieg er vom Berge.

Den wenigen Brüdern, denen er bei ihm zu verweilen erlaubt hatte, langsam, feierlich voranschreitend, ein großes Kreuz in den Händen — so verließ er die Stätte der Verwüstung. Seine letzte Anordnung vor dem ergreifenden Auszug galt einem Werk der Barmherzigkeit: er befahl, die Verwundeten der italienischen Flüchtlinge mitzunehmen.

Gott hat ihn auch noch die Rückkehr erleben und das schlimmste Elend seiner Diözesankinder lindern lassen. Am 6. September 1945 rührte er sein Herz und nahm ihn zu sich. Die Tage seiner Prüfung waren abgeschlossen. —

Unter den frommen Brüdern von Monte Cassino stand und steht mir noch heute der damals dort weilende Beuroner Pater

Emanuel Munding am nächsten. Ich korrespondiere dauernd mit ihm und verwahre seine Briefe als einen Schatz. Hätte er nicht bei meinem ersten Auftreten in Monte Cassino sofort Vertrauen zu mir gefaßt, hätte er mich nicht bei den Verhandlungen so nachdrücklich unterstützt, wäre das Rettungswerk nicht zustande gekommen. Ich erachte damit seinen Anteil, von aller anderen Arbeit abgesehen, als einen ganz großen.

Uberaus wertvoll in seiner Hilfe war mir auch der Prior Don Gaetano F o r-n a r i, von dem ich einen sehr ehrenvollen Brief besitze.

Soll ich nun noch die tatkärftige Hilfe aller anderen Cassinenser betonen? Es ist doch zu selbstverständlich, daß sie sich in der Hilfeleistung überboten. Sie hielten das Gebot St. Benedikts „Ora et labora“ in Ehren. Sie waren es, welche die Auswahl der Wertobjekte, insbesondere in der Bibliothek, trafen, sie schleppten Bilder und Bücher und griffen zu, wo immer es nötig war. In ihrem Dankesbrief, den sie mir jetzt anläßlich meiner Veröffentlichung schrieben, betonen sie das eine der beiden Ziele, die ich mit dem Bericht erreichen wollte: „Wir wollten, wenn es möglich wäre, auch die folgenden Nummern (der „Furche“) uns verschaffen, um so eine gute Dokumentation über diese historische Tat, die Ihnen und Ihrer Truppe die katholische und kulturelle Welt immer verdanken wird, sammeln zu können.“

Ja, das war das eine Ziel meines Berichtes gewesen: ich wollte ein wenig Geschichtsschreiber sein, zur Steuer der Wahrheit wenigstens in einem Detail dieses großen Krieges. Ich übernahm dieses Amt zwar mit viel zu geringem wissenschaftlichem Rüstzeug, aber so gewissenhaft als möglich, gestützt auf eigenes Erleben und, wo die Erinnerung Lücken ließ, auf eine Fülle von Dokumenten. Ich dafc annehmen, daß nun kein Zweifel mehr über den Vorgang herrscht — für diesen Fall stehen auch noch weitere Dokumente zur Verfügung.

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