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Kaiser Franz Joseph an Franz Ferdinand

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Nach dem tragischen Ende des Kronprinzen Rudolf ging die Thronanwartsdiaft auf den Erzherzog Carl Ludwig, den um drei Jahre jüngeren Bruder des Kaisers Franz Joseph, über. Als Carl Ludwig im Jahre 1896 verschied, wurde sein Sohn Erzherzog Franz Ferdinand Thronfolger. Schon früher waren in das blasse Antlitz des 32jährigen Prinzen die Spuren des schweren Lungenleidens gegraben, das ihn dann nötigte, in den verschiedensten Gegenden Heilung zu suchen. Die Welt zählte ihn 6chon zu den Toten und wandte ihre Gunst bereits dem schönen, leichtsinnigen Bruder Otto zu. Aber dank seinem unbeugsamen Lebenswillen und seiner widerstandsfähigen Natur gelang es Franz Ferdinand, des heimtückischen Leidens bald Herr zu werden. Schon im März 1898 erhielt er ein offizielles Handschreiben des Kaisers, das als Einsetzung in die Rechte des Thronfolgers anzusehen war und mit den Worten beginnt: .Mit wahrer Freude und Beruhigung erfüllt es mich, Euer Liebden, nach längerer Schönling Ihrer Gesundheit wieder vollstens gekräftigt zu wissen, daher auch den Moment gekommen zu sehen, Sie — ebenso Euer Liebden Wunsche und Drängen, wie Kleinen Absichten entsprechend — Ihrer militärischen Tätigkeit wieder zuführen zu können. Ich stelle Euer Liebden hiemit zur Disposition Meines Oberbefehls.“

Die uns von besonderer Seite zur Verfügung gestellten Privatschreiben des Kaisers Franz Joseph an den Erzherzog Franz Ferdinand bringen wir nachstehend zur erstmaligen Veröffentlichung, weil sie besser als lange Abhandlungen geeignet 6ind, das Verhältnis des kaiserlichen Oheims zu seinem Neffen ins richtige Licht zu setzen.

Ischl, 2. August 1895

Lieber Franz!

Dein Brief vom 30. Juli, für weichen ich innigst danke, hat mich recht schmerzlich berührt. Ich wußte gar nicht, daß Du schon seit längerer Zeit erkrankt seiest und erst durch Franz (den Schwiegersohn des1 Kaisers), der Dich auf der Eisenbahn begegnet hatte, erfuhr ich Deinen leidenden Zustand. So unendlich leid es mir tut, Dich bei den Manövern nicht an der Spitze Deiner Brigade sehen zu können, so ist doch baldigste Ruhe und Schonung jetzt für Dich absolut notwendig, und ich bitte Dich, Deinen Urlaub sogleich anzutreten.

Ich habe mich gestern hier von Professor Schrötter eingehend berichten lassen und von ihm zu meiner Beruhigung erfahren, daß Du bereit bist, Dich den ärztlichen Anordnungen in jeder Beziehung zu fügen und einen Arzt zu Deiner ständigen Begleitung anzunehmen. Ich muß Dich dringend aufmerksam machen, daß es Deine heiligste Pflicht ist, jetzt nur für Deine Gesundheit zu leben und alles zu thun, um dieselbe herzustellen. Du mußt baldmöglichst an einen stillen Gebirgsort ziehen, dort ganz ruhig bleiben, später ein südliches Klima aufsuchen, aber nicht Tunis, denn dort ist es zu staubig, und dort den ganzen Winter auch wieder ganz ruhig zubringen, vor allem aber den Weisungen des Dich begleitenden Arztes genauestens folgen. Nur so kannst Du Deine Gesundheit wieder erlangen, und ich hoffe, daß Du auch ein wenig mir zu lieb, geduldig und ausdauernd sein wirst, wenn es auch recht langweilig sein wird.

Deinem Wunsche wegen Capitain Fais- holm habe bereits entsprochen und angeordnet, daß er bei den Budweiser Manövern ganz so, wie die anderen Militär- Attaches behandelt werde, so daß ich hoffe, daß er alles gut sehen und zufrieden sein wird.

In treuer Freundschaft Dein Dich innigst liebender Onkel F. J.

Wien, 24. Juni 1896

, Lieber Franzi!

Durch Deine Mutter erfahre ich zu meiner großen Freude, daß es Dir bedeutend besser geht, daß Du Dich sehr gewissenhaft schonst und daß die Ruhe auf dem Land Dir sehr wohl tut.

Da Onkel- Ludwig vom halben Juli bis 15. August im Ausland abwesend sein möchte, so frage ich mich bei Dir an, ob es Deine Gesundheit gestattet und ob Du überhaupt .Lust hast, während dieser Zeit, statt ihm jene laufenden Geschäfte zu übernehmen (Gnadenangelegenheiten), welche er und Dein seliger Vater in meinem Namen erledigte. Obwohl dieselben nicht von ganz besonderer Wichtigkeit sind, so habe ich die Zahl derselben wegen meines Alters und zunehmender Ruhebedürftigkeit etwas vermehrt und ich wünsche, daß auch diesen Arbeiten Sorgfalt und Gründlichkeit gewidmet werde. Solltest Du Dich noch nicht für dieses Geschäft geeignet finden oder der Arzt dagegen Einsprache erheben, so würde ich es Otto übertragen. DeinerAntwort entgegensehend, bleibe idi mit den herzlichsten Grüßen Dein treuer Onkel F. J.

Wien, 7. April 1897

Lieber Franz!

Dr. Kerzl hat mir Dein Schreiben vom 2. übergeben, für welches ich Dir bestens danke. Die Offenheit, mit welcher Du mir Dein Herz ausschüttest, kann ich nur anerkennen, obwohl Du in Deinen Klagen von Voraussetzungen ausgehst, die vollkommen unbegründet sindj denn Niemand will Dir nahetreten, oder Dich zurücksetzen. Daß Du seit dem Tode Deines Vaters nicht die Stellung einnehmen konntest, die Dir zukommt, lag in Deiner Krankheit, welche Dir den Aufenthalt in Wien unmöglich machte. Sobald Du vollkommen hergestellt sein wirst, was ja hoffentlich bald der Fall sein wird, wirst Du natürlich die Rechte, aber auch die Pflichten Deiner Stellung einnehmen.

Gleich Dir fühlte ich schon lange das Bedürfnis, mich mit Dir über alle Fragen,

welche Du in Deinem Briefe berührst, und noch über manches andere auszusprechen, allein die Besorgnis, Dir in Deinem leidenden Zustand zu schaden, hielt mich bis jetzt davon ab, denn die Besprechung wird eine ernste und nicht ganz angenehme sein, aber hoffentlich zu einer Verständigung und bei Dir zur Überzeugung führen, daß mich nur die Absicht für Dein Bestes leitet, daß ich auch immer meine Pflichten gegenüber der Monarchie und dem Wohle unserer Familie im Auge behalten muß.

Da ich jetzt mit Geschäften besonders überhäuft bin, daher wenig Zeit zum schreiben habe, auch der schriftliche Weg nicht klar und erschöpfend genug sein kann, so muß ich mir die hoffentliche Verständigung bis zu Deinem seiner- zeitigen Eintreffen in Wien Vorbehalten.

Mit dem Wunsche, daß Dir der Winteraufenthalt im schönen Territet gut anschlagen wird und mit den herzlichen Grüßen bleibe ich Dein treuer Onkel

Antwort entgegensehend, bleibe idi mit den herzlichsten Grüßen Dein treuer Onkel F. J.

Wien, 7. April 1897

Lieber Franz!

Dr. Kerzl hat mir Dein Schreiben vom 2. übergeben, für welches ich Dir bestens danke. Die Offenheit, mit welcher Du mir Dein Herz ausschüttest, kann ich nur anerkennen, obwohl Du in Deinen Klagen von Voraussetzungen ausgehst, die vollkommen unbegründet sindj denn Niemand will Dir nahetreten, oder Dich zurücksetzen. Daß Du seit dem Tode Deines Vaters nicht die Stellung einnehmen konntest, die Dir zukommt, lag in Deiner Krankheit, welche Dir den Aufenthalt in Wien unmöglich machte. Sobald Du vollkommen hergestellt sein wirst, was ja hoffentlich bald der Fall sein wird, wirst Du natürlich die Rechte, aber auch die Pflichten Deiner Stellung einnehmen.

Gleich Dir fühlte ich schon lange das Bedürfnis, mich mit Dir über alle Fragen,

welche Du in Deinem Briefe berührst, und noch über manches andere auszusprechen, allein die Besorgnis, Dir in Deinem leidenden Zustand zu schaden, hielt mich bis jetzt davon ab, denn die Besprechung wird eine ernste und nicht ganz angenehme sein, aber hoffentlich zu einer Verständigung und bei Dir zur Überzeugung führen, daß mich nur die Absicht für Dein Bestes leitet, daß ich auch immer meine Pflichten gegenüber der Monarchie und dem Wohle unserer Familie im Auge behalten muß.

Da ich jetzt mit Geschäften besonders überhäuft bin, daher wenig Zeit zum schreiben habe, auch der schriftliche Weg nicht klar und erschöpfend genug sein kann, so muß ich mir die hoffentliche Verständigung bis zu Deinem seiner- zeitigen Eintreffen in Wien Vorbehalten.

Mit dem Wunsche, daß Dir der Winteraufenthalt im schönen Territet gut anschlagen wird und mit den herzlichen Grüßen bleibe ich Dein treuer Onkel

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