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Man mußte ständig „umschalten“

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So war die Schule Funders in vieler Hinsicht für mich eine Quelle meiner späteren wissenschaftlichen Arbeitsmethode. Funder hat mich gelehrt, einen guten Stil zu schreiben, selbständig zu schreiben und mich niemals auf die Berichte anderer allein zu verlassen. Das hat mir in meinen wissenschaftlichen Arbeiten außerordentlich genützt. War es für den Reporter das Recherchieren, so war es für den Wissenschaftler das Erforschen der Quellen. Man sagt immer wieder, daß Journalismus und wissenschaftliche Arbeitsweise nicht zusammenpassen. In vielen gedruckten Erzeugnissen von heute scheint sich das auch zu bewahrheiten, wer aber auch durch die Schule Funders ging, der wird mir bestätigen, daß gerade diese harte Schule die beste Lehrmeisterin gewesen ist für wissenschaftlichen Stil und sorgfältige wissenschaftliche Methode.

Dazu kommt noch Folgendes. Als Werkstudent mußte ich ständig „umschalten“, hier die Vorlesung und das Studium, dort der Bericht für die Zeitung. Auch dieses geistige Training verdanke ich Funder, denn er war es, der streng darauf achtete, daß die Studenten, die er beschäftigte, so einer meiner Kollegen von damals war niemand anderer als Karl Fellinger, dem ich gesundheitlich so viel verdanke, Ihr Studium nicht vernachlässigten. Dann kam die Zelt des Landesbeamten, der nebenbei seine Habilitation bearbeitete und schließlich wurde daraus der vielbeschäftigte Professor, der aus der Geschäftigkeit des akademischen Alltags in die Studierstube ging und jeder, der wissenschaftlich arbeitet, weiß, daß dieses Umschalten viel geistige Kraft erfordert und viel geistiges Training. Bei Funder habe kh das gelernt und wenn es mir in meinem Leben gelungen ist, auf eine nicht ganz geringe literarische Leistung zurückzuschauen, dann war es eben diese Schule, durch die mich Friedrich Funder geführt hat. Es ist daher begreiflich, daß ich ihm heute von ganzem Herzen dankbar bin. Ich glaube nicht, daß ich ohne meinen Lehrmeister Funder, der haargenau Wissenschaft und Journalismus zu unterscheiden wußte, zu Erfolgen auf wissenschaftlichem Gebiet aufgestiegen wäre.

Aber aus meinem Dank an Friedrich Funder ergibt sich auch mein Dank an das Haus Herold. Als ich 1948 als Heimkehrer zu Prader kam, wurde ich nicht nur mit offenen Armen in väterlicher Freundschaft empfangen, sondern er war es auch, der mir den Weg ebnete, daß überhaupt der I. Band meiner „Geschichte des Kirchenrechts“ gedruckt werden konnte. Von heute aus gesehen, war das in den ersten Nachkriegs jähren ein geradezu abenteuerliches Unterfangen. Welcher Verlag sollte es wagen, ein so spezialisiertes Gebiet wie eine Geschichte des Kirchen- rechte zu übernehmen. Ich weiß heute noch nicht, und werde es niemals wissen, was Funder an meiner Idee so faszinierte, daß er unbedingt wollte, daß mein I. Band (und damit auch die folgenden) im Herold- Verlag erscheinen sollte. Dabei hatte Ich ihm nicht eine Zeile meines Manuskriptes vorgelegt. Aber Funder war es, der den damaligen Generaldirektor Richard Schmitz bewogen hat, das Manuskript des I. Bandes durch das Haus Herold zu übernehmen. Ich entdeckte erst später, daß ich dabei noch einen sehr guten Fürsprecher hatte, den damaligen Redakteur der „Furche“ DDr. Willy Lorenz, der selbst als der letzte Stutz-Schüler dem Kirchenrecht verbunden war.

Ich glaube, jeder andere Verlag, der von dem Plan erfuhr, hat damals

Haus und Verlag Herold für Abenteurer gehalten — und war es nicht eigentlich auch ein Abenteuer? Wenn man bedenkt, was für Schwierigkeiten damals noch bestanden, Pa- pieťbeschaffiung, ständig steigende Kosten, mangelnde Absatzmöglichkeiten, Ungewißheit, ob überhaupt so ein Werk genügend Leser finden würde. All das wurde überwunden durch das Vertrauen von Friedrich Funder, das er in mich setzte und das Richard Schmitz im vollsten Maße teilte. Das Abenteuer wurde kein Fiasko, dafür aber mußte das Haus Funder 20 Jahre lang mit mir Geduld haben, bis alle fünf Bände,

davon zwei schon in der II. Auflage, gedruckt vorlagen.

Diese Geduld des Verlages ist auch heute noch für mich eine Quelle dankbarer Erinnerungen, und wenn ich heute Gelegenheit habe, diesen Dank aus Anlaß des 75 jährigen Jubiläums des Hauses Herold auszusprechen, so kommt es aus tiefstem Herzen. Was wäre aus meiner wissenschaftlichen Laufbahn geworden, wenn nicht Friedrich Funder mein Lehrmeister des Schreibens und des Arbeitens gewesen wäre und schließlich der väterliche Freund, der das Haus Herold zur Wiege meines Lebenswerkes machte.

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