"Pariser Romanze": Die Liebe als unernstes Spiel

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Anton Thuswaldner über das Buch "Pariser Romanze" von Franz Hessel.

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Anton Thuswaldner über das Buch "Pariser Romanze" von Franz Hessel.

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Ist von Franz Hessel (1880–1941) die Rede, ist seine Stilisierung zum Geheimtipp nicht weit. Ein Stiller sei er, sein ungeschnörkelter, feiner Stil wird ebenso gelobt wie seine reiche Beobachtungsgabe. Er braucht keine Sensationen, in den gewöhnlichen Dingen entdeckt er das Außergewöhnliche, erfahren wir, sein geschärfter Blick birgt die Kraft zur Verzauberung des Alltäglichen, und dagegen lässt sich nichts einwenden. Als Flaneur wird er gelobt, der durch Berlin oder Paris streift und mit leichter Hand seine Beobachtungen notiert. Er ist der Meister der kleinen Form, der sich, wenn er sich einmal zum Roman aufschwingt, auf die Details und die Atmosphäre konzentriert.

Eine vorwärtstreibende Handlung durchzuziehen, liegt ihm nicht, zu viele Abschweifungen unterlaufen ihm, wichtig für die Charakterisierung von Figuren und Gegenden. Sein Schreiben bedeutet ein Sich-Verlieren an Eindrücke. Das lässt sich gut an seiner „Pariser Romanze“ von 1920 nachvollziehen. Der Ton ist melancholisch, leicht nachzuvollziehen, wenn sich ein Erzähler auf das Jahr 1914 in Paris besinnt, als unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg noch eine weltoffene Gesinnung spürbar war.

Ein deutscher Soldat schreibt mitten im Krieg Briefe an einen französischen Freund, die nur durch einen Schweizer Zwischenträger übermittelt werden können. Gefährlich sind die Briefe deshalb, weil der Verfasser von Paris schwärmt, was feindlicher Propaganda gleichkommt. Dazu kommt die Liebelei mit der Berlinerin Lotte. Paris steht für Freiheit und Aufbruch, wie sie in der Kunst zu finden sind, unerreichbar für die Bewohner des verknöcherten Deutschen Kaiserreichs.

Schein und Sein

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