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Signatur der Zeit

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„An der Gestaltung der zeitbedingten Verhältnisse positiv mitzuarbeiten”, stellt Universitätsprofessor DDr. Karl Eder (Linz) in einer kleinen Schrift „Der Ideenkampf der Gegenwart” (Kath. Schriftenmission, Linz) als Aufgabe hin. Darum gilt es, mit offenen Augen und klarem Wissen um Vergangenheit und Gegenwart nicht nur zu leben, sondern der Zeit den Stempel aufzudrücken und sie nach sicheren Grundsätzen zu formen. Wie tief das falsche Menschenbild der Vergangenheit bis zu uns herauf in seinen fürchterlichen Folgen wirkte, davon sind wir nicht nur selbst Zeugen geworden, sondert im richtigen Sinne des Wortes „Mkleidende”. Und doch darf sich kein Mensch in dieses endlose Meer stürzen. Vielmehr obliegt ‘ans die hohe Verantwortung, das ewige Büd vom wahren Menschen gleich einem kostbaren Bild au zeigen und, wenn notwendig, um dieses einen neuen Kampf zu wagen. „Es ist heute unsere Tflicht, diesen entwürdigten, zertretenen, geschändeten Menschen wieder die alte Menschenwürde und das alte Menschenrecht zurückznerkämpfen. Es gilt heute, den Menschen im Menschen zu retten. In Tausenden glüht nöch die stille Hoffnung, in absehbarer Zeit in einer geordneten Gesellschaft wieder als Menschen leben zu dürfen. Es ist aber aussichtslos, daß man den Menschen anders behandeln wird, wenn es uns nicht zuvor gelingt, ein neues Menschenbild im Geiste zu schaffen”, schreibt J. F i s c h 1 in der aufrüttelnden Schrift „Der Mensch bei Nietzsche und im Christentum” (Verlag Kath. Schriftenmission, Linz). Er zeigt nicht nur den Irrweg Nietzsches, sondern auch den alleinigen Weg, der zur wahren Menschenhaftigkeit führt, die allein in der großen Einzelpersönlichkeit emporreift. Sie wird nie andere niedertreten, sondern stets bestrebt sein, den andern zu dienen. Da stehen vor uns die großen Gestalten, die in der Öffentlichkeit wie einst Petrus Canisius oder so still und unbemerkt wie die kleine Therese vom armen Kinde Jesu ihre Lebensaufgabe erfüllten. „W orte in banger Zeit” nennt sich die Sammlung ausgewählter Reden, die Petrus Canisius in Frei- burg/Schweiz gegen Ende seines arbeitsreichen Lebens hielt (Rex-Verlag, Luzern). Aus der Tiefe seines Glaubens kommen sein Wort und zeigen jene Kraft, die ihn und seine Mitbrüder zum Ferment einer neuen christlichen Lebenshaltung inmitten dem Trubel der Wirr, nisse unerschütterlich dastehen ließ. — Ein Werk wahrhafter Erbauung, nicht im oft mißbräuchlich angewandten Sinn, ist dis Leben jener kleinen bescheidenen Seele im Karmel von Lisieux, deren Spuren I. F. G ö r r e s mit Eifer in ihrer Studie über Theres von Lisieux „Das verborgene Antlitz” nachgegangen ist, die nunmehr in einer österreichischen Ausgabe der Thomas-Morus-Presse im Verlag Herder erschien. Eine eingehende Besprechung dieses Buches hat die „Furche” (Nr. 47 vom 23. November 1946) bereits gebracht. Aber es soll auf dieses bedeutende Werk nochmals verwiesen werden. Görres geht hier eigene Wege, die scheinbar abseits liegen, aber sie weiß um jene Sorgen und Ängste, die nicht nur als persönliche gewertet werden dürfen, sondern die unseres Jahunderts und des vergangenen sind. Es hat die Verfasserin aus Furcht vor einer klischeemäßigen Darstellung sich ernstlich bemüht, Begriffe und Wort zu suchen die manchmal andes klingen, als man gewohnt ist zu hören. So sehr dieses Bestreben zu begrüßen ist, ist es der Autorin doch nicht ‘immer gut gelungen, sich von dem anderen Extrem vollständig fernzuhalten. Auf diesen leichten Schatten sei nur deshalb hingewiesen, weil dieses Buch so ernst zu nehmen ist und mit besonderer Bedachtsamkeit gelesen werden muß. Denn hier liegt kein Buch vor, das man bloß lesen darf, um es dann wegzulegen. Nur wer es liest, überdenkt und selbst seinen klaren Weg geht, dem wird es von richtigem Nutzen sein. Dann wird der Leser auch verstehen, wie er über die Zeit und über sich selbst hinauszuwachsen vermag. Solch Menschen allein können die Signatur ihrer Zeit prägen.

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