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Strauß’ „Wiederkehr“

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Die SPD hat in Bayern mehr erwartet als den Gewinn von 0,5 Prozent der Stimmen und einen gleichbleibenden Sitzanteil. Ihr Landesvorsitzender Volkmar Gabert hat dies unumwunden zugegeben. Unter diesen Umständen ist der große Gewinner der Wahl Franz-Josef Strauß mit seiner CSU, der ebenfalls erklärte, den Erfolg in diesem Ausmaß nicht vorausgesehen zu haben. Die CSU ist dem rückläufigen Trend der CDU nicht gefolgt, sondern hat 0,7 Stimmen gewonnen und besitzt demzufolge mit 110 gegen 94 Sitzen (79 SPD und 15 NPD) eine sichere absolute Mehrheit, die es ihr gestatten würde, allein zu regieren.

In Bonn hat man auf die Bayem- wahlen geblickt, als seien sie der deus ex machina, der die Regierungsbildung im Bund entscheiden werde. Nun ist es gewiß richtig, daß die FDP durch ihren Ausfall aus den politischen Entscheidungen in Bayern auch in Bonn stark an Gewicht verloren hat. Sie hat damit diejenigen Sozialdemokraten enttäuscht, die wie Prof. Schiller der Koalition SPD-FDP das Wort reden. Aber diese Koalition blieb trotz der Bayernwahlen möglich, wenn auch nur mit einer Mehrheit von sechs Stimmen. Auf der anderen Seite fühlt sich die CSU durch ihren Wahlsieg auch in Bonn gestärkt. Huber hat das gleich in der Wahlnacht unverblümt ausgesprochen. In der Tat gibt es in der bundesrepublikanischen Innenpolitik der letzten Jahre kein größeres Phänomen als das Comeback von Franz-Josef Strauß, der 1962 in der Bonner Szenerie ganz an den Rand gedrängt schien und vier Jahre später immer mehr als der Mann angesehen wird, ohne den die künftige Bonner Politik nicht denkbar ist, ja der praktisch ihr Gravitationszentrum darstellt. Strauß hat in der letzten Zeit manches vergessen lassen, was ihm früher schwer geschadet hat. Wo er vor die Öffentlichkeit tritt, nimmt er sein Temperament mächtig in Zucht und gibt sich ganz die Attitüde des souveränen, weitblickenden, verantwortungsbewußten Politikers.

SPD und FDP reden ihm deshalb auch nach, er würde der eigentliche Kanzler in einer Regierung Kiesin- ger sein. Aber diese Unterstellung,

aus Verärgerung und Verbitterung entsprungen, vernachlässigt, daß die CDU trotz des Bildes der Zerrissenheit, das sie in letzter Zeit geboten hat, dabei ist, wieder Tritt zu fassen und daß sie noch über manche potente Kraft verfügt, an der auch F.-J. Strauß nicht vorübergehen kann. So steht im Hintergrund immer der frühere geschäftsführende Vorsitzende Dr. Hermann Dufhues, und das derzeitige geschäftsführende Präsidialmitglied, Bundesminister Dr. Bruno Heck, beginnt immer unverkennbarer mit schwäbischer Besonnenheit und Beharrlichkeit in den Vordergrund zu rücken, ganz abgesehen von Bundesinnenminister Paul Lücke, der sich für eine Große Koalition auf Zeit zur Verfügung hält, die durch eine Wahlreform das Zweiparteiensystem herbeiführen soll.

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