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Vermächtnis

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Zum Tod von Friedrich Funder. 

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Zum Tod von Friedrich Funder. 

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Ein Grab auf dem Hietzinger Friedhof in Wien hat sich geschlossen. Es birgt, was an Dr. Funder sterblich war. Wir aber sind zurückgekehrt, um in täglicher Arbeit das Werk fortzuführen, dem die ganze Kraft der hohen Jahre des von uns Geschiedenen galt, die volle Liebe eines reifen Lebens: seine „Furche”.

Und in dieser Stunde spüren wir es weit stärker als draußen auf dem Gottesacker, daß ein Stuhl in unserer Mitte leer ist, daß der Mann nie wieder darauf zurückkehren wird, der von dieser Stelle aus durch Jahre unser Blatt leitete, der aber noch bis in die letzten Monate hier jederzeit um Rat anzusprechen war. Wie gut wäre es, wenigstens einmal noch die vertraute Stimme zu hören und aus dem Munde Doktor Funders zu vernehmen, welchen Kurs er seine Redaktion heute und in Zukunft steuern sehen möchte. Vergebliche Wünsche. Der Mund Doktor Funders ist auf immer verstummt. Allein: über das Grab-hinweg kam uns unvermutete Botschaft. Unter dem persönlichen Nachlaß Dr. Funders fand sich auch ein Blatt, auf dem in klaren Worten sein Vermächtnis an Verlag und Redaktion aufgezeichnet ist, das als ein richtiges politisches Testament zu werten ist.

Über den engen Rahmen der Redaktionsfamilie hinaus fühlte sich Dr. Funder Zeit seines Lebens mit allen Lesern und Freunden unseres Blattes in einer Gemeinschaft besonderer Art verbunden. Wir zögern deshalb nicht und glauben nur im Sinne des Verewigten zu handeln, wenn wir alle unsere Freunde bitten, näherzutreten und von Dr. Funder selbst zu vernehmen, welche Wege er uns auch künftig zu gehen heißt.

Es sind keine neuen Wege. Es ist eher ein Appell zu Beharrlichkeit und Ausdauer auf der einmal eingeschlagenen Straße, eine Ermunterung, im Dienste für ein zeitaufgeschlossenes Christentum, für soziale Gerechtigkeit und für die Fortführung der österreichischen Sendung in der zweiten Mitte des 20. Jahrhunderts, auch Mißverständnisse nicht zu scheuen und — allenfalls — gegenüber Mißgunst und üblem Wollen den Nacken steifzuhalten.

Die „Furche” wird ferner — getreu dem letzten Willen ihres Gründers — auch in Zukunft „in strenger Unabhängigkeit von jeder politischen Partei” ihre Aufgabe erfüllen. Sie wird alle Personen und Kräfte unterstützen, die für eine lebendige, aus christlichem Geist täglich zu erneuernde Demokratie eintreten und das 1945 wiedergewonnene Vaterland vor allen offenen und weniger offen zutage tretenden Gefahren zu behüten entschlossen sind. Sie wird weiterhin bereit sein zu freimütigen Gesprächen mit allen, die es ebenso ehrlich meinen.

In der Unruhe der Zeit, im raschen Wechsel der Bilder des Tages, scheinen Moden und Konjunkturen ein notwendiges, ja mitunter ein unbequemes Regulativ zu sein: das ist nicht die schlechteste Aufgabe einer Redaktion, die von allem Anfang an dazu erzogen wurde, zu keiner Stunde nach der Wetterfahne auf dem Dach Ausschau zu halten.

„Ein übergroßes herrliches Arbeit-gebiet “: so sieht Dr. Funder die Arbeit der „Furche” in Gegenwart und Zukunft.

Wir wären schlechte Sämannsleute, wenn uns die Plackerei des Alltags, die Sonne im Zenith. die Gefahr von Gewittern abhalten würden, den Pflug gerade zu halten. In der ..Furche” die Dr. Funder uns vorgezeichnet hat.

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