Wir sind nicht zum Bösen berufen

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V or einigen Monaten überredete mich eine Studienkollegin, in ihrem spirituell orientierten Bildungshaus eine Tagung zum Thema "Angesichter des Bösen“ zu gestalten. Ich befinde mich gerade auf der Rückreise von dieser Tagung, es ist dunkel draußen, ich blicke auf zwei Tage mit intensiven Gesprächen zurück und frage mich: Was bleibt als mein persönliches Fazit?

Zum einen, wie erschreckend leicht es ist, ganze Gesellschaften ins Böse zu drehen. Harald Welzers Buch über die Einsatzgruppen der Nazis ("Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden“) aber auch die Hexenverfolgungen liefern dazu schreckliche Exempel. Wenn der normative Rahmen es erlaubt, wird bedenkenlos getötet, innerhalb des Rahmens nach "Recht und Ordnung“, man will "anständig“ bleiben und diskutiert dann ausführlich, auf welche "humane“ Art man denn am besten Juden tötet oder welche gute Tat man für Gott vollbringt, wenn man Hexen verbrennt.

Zum anderen: Vom Teufel als einer "Figuration des Bösen“ (Jürgen Bründl) sollte man wirklich wissen, an Gott aber kann man "nur“ glauben. In "Des Teufels General“ lässt Zuckmayer diesen sagen, ob es Gott gebe, das wisse er nicht. Aber "den Teufel, den habe ich gesehen — Aug in Auge.“ Während das Böse etwas Endliches als Gott ist, ist Gott in Jesus Christus ein "Gott in der Endlichkeit“ geworden. Ersteres gibt es zuhauf, letzteres gibt es als Hoffnung. Am wichtigsten aber: Wir sind zum Guten, zur Freude und zum Lieben berufen, nicht zum Bösen. Deswegen fahre ich jetzt so gerne nach Hause zu meiner Familie.

PS: Solidarische Grüße an den Kollegen Khorchide, der wieder einmal den alten Kampf für eine intellektuell gesprächsfähige Theologie und eine diakonisch-barmherzige Religion führen muss: ich wünsche viel Kraft und Erfolg!

Der Autor ist katholischer Pastoraltheologe an der Universität Graz

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