Zerstörung einer Kulturlandschaft

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Einst war der Semmering die Beletage der Monarchie. Ein Kurort mit großstädtischem, pulsierendem Leben inmitten einer prächtigen Gebirgslandschaft. Ein Treffpunkt von Aristokraten, Großindustriellen, Hochstaplern und berühmten Künstlern. Ein Ort, der zuletzt jedoch als "Zauberberg" nur noch von Wintersportlern, Mountain Bikern, Tagestouristen und, nach dem Rückzug der Festspiele Reichenau, von kleineren Theaterunternehmungen am Leben gehalten wurde.

Erwin Pröll, der langjährige Landeshauptmann Niederösterreichs, hatte kein großes Interesse an dem geschichtsträchtigen Berg. Er konzentrierte sich auf seine Geburtsregion im Donauraum, ließ dort einen Konzertsaal und Museen errichten und schrieb an seiner eigenen Erfolgsgeschichte. Der Erhalt der prächtigen Hotelpaläste und der einzigartigen Villenarchitektur des Semmering schien ihm kein dringliches Anliegen zu sein. Ein schlüssiges Konzept wurde erst gar nicht erarbeitet. Vorschläge, das noch immer zum Kauf angebotene Südbahnhotel in ein Konferenz-Ausstellungszentrum mit Theater und Konzertbetrieb umzuwandeln, wurden abgelehnt. In letzter Zeit war man sogar stolz darauf, wenn ein historisches Objekt nach dem andern an ominöse ukrainische Firmen mit Sitz in der Schweiz verkauft wurde, die das Blaue vom Himmel versprachen.

Erst als auch der Schibetrieb von der Pleite bedroht war, gab es ein spätes Erwachen. Noch ist ein großer Teil dieser einzigartigen Architektur erhalten. Ein riesiger Schizirkus, der völlig realitätsfern geplant war, hätte den Ort, schon wegen der enormen Kosten für Kunstschnee, auch nicht retten können. Es wäre also höchste Zeit, ein klares und finanzierbares Konzept zu erarbeiten und dem Verfall nicht weiter zuzusehen. Die endgültige Zerstörung dieser einzigartigen Kulturlandschaft wäre ein Skandal für das auf seine Kultur sonst zurecht stolze Niederösterreich.

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