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Reisebücher versprechen "Insider Tipps" und "Specials" auf Hochglanzpapier oder in bescheideneren Varianten. brigitte schwens-harrant hat mit ihrer Hilfe die neuen EU-Nachbarländer bereist, um festzustellen, wie hilfreich die Bücher sind.

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Schöne liegt so nah? Mit einem Schlag hat Österreich seit Mai 2004 mit Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien weitere EU-Nachbarländer, die als Besuch mehr verdienen als den üblichen Sonntagsausflug der Wiener, rasch zum billigen Mittagessen. Herrliche Naturlandschaften, wertvolle Kunstkleinode, malerische Städtchen warten darauf entdeckt zu werden.

Was macht nun ein Kulturinteressierter, bevor er ins Niemandsland fährt - er besorgt sich Reisebücher und hofft von ihnen die nötigen Informationen über Sehenswürdigkeiten, Land und Leute, Tipps für Routen und Unterkünfte und so manch anderes, das fürs Bereisen des Neulandes nützlich sein könnte, zu erhalten.

Schmal und bunt

Die Reihe zum raschen Mitnehmen, die schlanken, farbenfrohen Marco Polos (neu sind etwa "Tschechien" und "Prag"), sind fürs kurze Einlesen und Hineinblättern und eher als leichtes Begleitheft für Gruppenreisen geeignet. Mit Hilfe dieser Bücher allein wird sich Individualreisenden nicht viel vom Land erschließen. Ebenfalls schmal und schon mit Tradition behaftet - wenn sich hier auch das Outfit sehr zugunsten der Bilder und zuungunsten des Textmenge geändert hat, oder trügt der glänzende Schein? - die Polyglotts. Sie sind neuerdings - ganz vielsprachig, polyglott - "on tour" und auf das auf den Titelseiten groß beworbene "Special" sollte man nicht allzu viel geben, meist sind es drei färbige Doppelseiten mit zwar guten Tipps, vor allem aber mit Verweisen auf andere Bücher. Nützliche Planungshilfen sind die Tourenvorschläge. Ein Auto ist wie bei den meisten schlanken Reiseführern vorausgesetzt, daher sind auch beigelegte Straßenkarten sinnvoll. "Prag" - mit Spaziergängen durch die Stadt - zeigt sich mit seinem "cityflip", einem handlich gefalteten Stadtplan, der sogar in die Hosentasche passt, auch ganz polyglott.

Wer lieber mehr hat ...

Die DuMont-Kunstführer gehören aufgrund ihrer ausführlichen Informationen zu den besonders wertvollen Reisebegleitern. Zwar haben sie, was praktische Reisedetails und schnelle Lesbarkeit betrifft, ihre Nachteile, dafür helfen sie, an keinem noch so kleinen Kleinod vorbeizufahren. DuMont Kunstführer gibt es aber für die ausgewählten Nachbarländer leider (noch) keine, für Ungarn, Slowenien und die Slowakei bietet DuMont Reisetaschenbücher an, die Gesellschaft und Kultur darstellen und auch auf Hinweise auf öffentliche Verkehrsmittel nicht verzichten. Das Land wird nach Regionen vorgestellt, hilfreich sind die Kopfzeilen, die schnell die Orte finden lassen - denn nach Touren strukturierte Reisebegleiter führen, wenn man Informationen zu einem ganz bestimmten Ziel sucht, ja oft eher zum Problem als zum richtigen Ort. Für Tschechien gibt es immerhin einen DuMont "Richtig reisen". Vor allem Landes- und Kunstgeschichte sind hier einigermaßen umfangreich dargestellt. Auch Tipps und Adressen samt Öffnungszeiten finden sich im Anhang - aber Achtung: die Ausgabe von 2002 berücksichtigt noch nicht bzw. nur teilweise aktuelle Telefonnummern.

Im Gepäck von Globetrottern sind sie längst unentbehrlich, die Reise Know Hows, die vor allem aufgrund ihrer vielen alltagspraktischen Tipps - zu Unterkunft, Essen und Trinken, Museen, Einkaufen, alles mit Preisangabe - punkten. Sie sind für individuell Reisende fast unentbehrlich. Tschechien (mit aktuellen Telefonnummern) und Slowenien sind anhand dieser Bücher zu bereisen. Doch selbst was Geschichte und Kultur betrifft, findet sich unerwarteterweise im Kleingedruckten um einiges mehr als in manch anderem, vielleicht hochglänzenderen Produkt. Neben Angaben von Öffnungszeiten sind vor allem die Hinweise auf die Erreichbarkeit eines jeden größeren Ortes mit öffentlichen Verkehrsmitteln wichtig. Die Städte sind zudem meist mit Stadtplan dargestellt, ein sehr wertvolles Service. Die Karten (Slowenien) im Anhang machen aber eine Straßenkarte auf keinen Fall verzichtbar. Umfangreiche Listen machen Lust auf literarische Werke. Positiv zu vermerken ist noch, dass Slowenien auch den Ausflug nach Triest beinhaltet. Für Grenzgänger dieser Region (es ist sehr zu empfehlen, Reisen in diese Gegend nicht durch Staatsgrenzen beengen zu lassen!) ist es somit nicht notwendig, auch noch Italienreisebücher mitzuschleppen.

Ebenfalls praktisch für Individualreisende (und grenzüberschreitend) ist Iwanowski's Slowenien mit Istrien und Triest. Dieses Buch punktet aufgrund einer Vielzahl an aktuellen Hinweisen für Unterkünfte, Öffnungszeiten von Sehenswürdigkeiten - alles in einem eigenen umfangreichen gelben Teil. Auch kulturgeschichtlich hat dieser Reisebegleiter einiges zu erzählen und der Reiseteil führt in ausgewählten Routen durchs Land.

Viele praktische Tipps

Die Michael Müller Reisebegleiter "Slowenien und Istrien" (daneben sind noch "Ungarn" und "Westböhmen und Bäderdreieck" erhältlich) beindrucken ähnlich wie die Reise Know How-Bücher vor allem Kostenbewusste: durch die Vielzahl an praktischen Tipps, was Unterkunft, Freizeitgestaltung und Adressen betrifft. Selbst die Angebote auf den Speisekarten finden sich da beschrieben, Wandertipps machen Lust auf manchen interessanten Abstecher. Die Hinweise zu den öffentlichen Verkehrsmittel sind besonders gründlich. Aber Achtung: die Ausgaben sind aus dem Jahr 2002, nur "Ungarn" ist 2004 aktualisiert.

"Nachbarn entdecken", "Reisebegleiter in die fremde Nähe" nennt sich eine neue Reihe von Orac und führt in Routen durch die Nachbarländer, Höhepunkte sind hervorgehoben. Viel Platz wurde Fotografien eingeräumt, die allerdings weniger beglücken. Literaturhinweise gibt's im Anhang. Bei den Hinweisen auf der Sonderseite, etwa auf die spektakulärsten Burgruinen und Gotteshäuser, fehlt der Verweis auf die jeweilige Seite im Buch. Das macht das individuelle Zusammenstellen einer Route schwierig. Denn wer will schon im Auto sitzen und noch verzweifelt blättern, während der Fahrer längst vor der (falschen) Kirche steht. Unterkunftshinweise (außer 4- und 5-Stern-Hotels), Hinweise auf öffentliche Verkehrsmittel etc. fehlen völlig und die 100 schönsten Museen sind ohne jede Angabe von Öffnungszeiten aufgelistet, was nicht sehr hilfreich ist.

Die Baedekers sind nicht nur vom Namen her alt, sondern als Reiseführer auch seit Jahren bekannt und bewährt. Auch sie haben sich mittlerweile farbig herausgeputzt. Die Routenvorschläge fallen etwas kurz aus. Was den Baedeker von allen anderen Reiseführen unterscheidet, ist nicht mehr die große beigelegte Reisekarte, die sich mittlerweile ja auch (wenn auch selten in der gleichen Qualität) in anderen Reisebegleitern findet, sondern vor allem die alphabetische Anordnung der Orte. Das macht einiges einfacher, anderes schwieriger. Ideal wäre es wohl für jene, die sich gerne an Tourenvorschlägen orientieren, einen Tourenführer zu kombinieren mit einem Baedeker. (Natürlich musste ich hier auch kritsch die Literaturliste beäugen - Paolo Coelhos "Veronika beschließt zu sterben" als Literatur für Slowenien anzugeben, das tut weh.)

Ein optischer Genuss ist der National Geographic Traveller "Prag und Tschechien". Schon das Kapitel über die Geschichte ist nett illustriert, auch den praktischen Teil lässt man nicht zu kurz kommen. Manchmal ist aufgrund der Abbildungen der Text etwas weniger gut lesbar. Ein sehr schönes und dennoch brauchbares Buch.

Alles in allem: für jeden Geschmack ist im Angebot der Reisebegleiter für die neuen EU-Nachbarländer etwas dabei, dem Trend entsprechend finden sich überall Hinweise auf Wellness, Freizeit, Unterhaltung und Kulinarik. Bei der Wahl des richtigen Begleiters wird es darauf ankommen, ob man in einer Reisegruppe oder individuell durchs Land streift. Wie auch immer die Wahl ausfallen mag: wichtig ist es - wie bei allen Reisebegleitern - vor dem Kauf auf Auflage und das Datum einer etwaigen Neuüberarbeitung zu achten. Gerade in den genannten Ländern hat sich in den letzten Jahren dermaßen viel geändert, dass es fürs problemlose Reisen schon maßgeblich sein kann, wie alt die Informationen sind, um böse Überraschungen wie verschwundene Hotels zu vermeiden. Bei Straßenkarten gilt generell Vorsicht: Autobahnen, die als "2004 fertiggestellt" eingetragen sind, sind teilweise noch nicht einmal begonnen (v.a. in Istrien). Für manche wird eine Kombination von ein, zwei Reiseführern ideal sein. Fünf Reiseführer und mehr - alles schon getestet! - mitzunehmen, ist aber eher verwirrend, denn nützlich. Denn das wichtigste ist ja immer noch der Blick ins Land, das man besucht. Und der ist in allen vier Fällen uneingeschränkt zu empfehlen.

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