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Zwischen Flut und Ebbe der Zeiten

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KULTURGESCHICHTE DER NEUZEIT. Von Egon Fried eil. C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung, München. XVI/1571 Seiten. Preis 28 DM.

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KULTURGESCHICHTE DER NEUZEIT. Von Egon Fried eil. C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung, München. XVI/1571 Seiten. Preis 28 DM.

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Die Kulturgeschichte sieht auf einen weifen Weg-zurüek; Ihre- erste«' Anregungen empfängt 1 sie von Bossnet* * *," von Montesquieu, vonVoltaires -„Essay sur l'histoire generale", geistig fundiert sie Herder mit seinen „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit“ — symbolisch anmutend, fünf Jahre vor der großen Französischen Revolution begonnen und zwei Jahre darnach abgeschlossen.

„Zerstörer aber sind keine Erhalter der Welt“, steht im 6. Teil des 14. Buches der „Ideen" — und könnte am Ende des Lebens jenes Mannes stehen, der 1938 den Sprung aus einem Leben der Freiheit einem sicheren späteren Tode in Unfreiheit und Qual vorgezogen hat.

Um es möglichst kurz zu sagen: diese Kulturgeschichte trägt einen gewichtigen Grundstein dazu bei, die Flügel eines Gebäudes zu errichten, in dem nicht so sehr gelehrt, als angeregt wird, zu denken. „Die Dinge pflegen oft erst spät ihren wahren Sinn zu offenbaren“, meint Friedel!, und: „Daß die Dinge geschehen, ist nichts: daß sie gewußt werden, ist alles." Niemand von Verstand erwartet von einem Werk dieser Art, dem die zünftige Wissenschaft überdies mit traditionellem Mißbehagen und kühler Ablehnung gegenübersteht, daß es ein Lehrbuch ist, daß man darin nachschlagen kann nach Hauptabschnitten, Unterabschnitten, nach A, Alpha, arabisch eins, versteht sich, unterkellert mit Fußnoten. Nein, das hat auch Friedell selbst nicht beabsichtigt. Was seine Darstellung einmalig macht, das ist die phantastische Fähigkeit, dank einer unerhörten Belesenheit die belegten Tatsachen in neuer und unerwarteter Weise zusammenzuschauen, mit einem zuweilen bissigen Lächeln tüchtig in den Staub dort zu blasen, wo er sich seit Generationen angehäuft, und kunstverständig wie kaum einer seiner Zeit die Aspekte von großen Abläufen zu liefern.

KULTURGESCHICHTE VON BYZANZ. Von Hans Wilhelm H a u s s i g. Alfred- Kröner-Verlag, Stuttgart. XVI/626 Seiten, 2 Karten. Preis 15 DM.

Es hat geraume Zeit gedauert, bis dieses umfangreiche, in vielen Punkten neue Gesichtspunkte erschließende, übersichtlich angeordnete und in einer an keiner Stelle papieren wirkende, mitunter sogar spannend geschriebene Werk an die Öffentlichkeit' kam.! Dieses größeFPanorama.das

in gleicher Weise die Ebenen menschlicher Gesinnung wie den Höhenflug des Geistes, die zerstörende Wucht ebenso wie die still aufbauende Kraft in seinen, weiten Blickwinkel zieht, vermag das Werden der Kultur aus dem Erbe der Antike her besonders deutlich zu machen und eine energische Antwort jenen zu erteilen, die etwa noch fragen, was unserer Gegenwart eine Kulturgeschichte zu bedeuten hat, die von Byzanz berichtet, das vor einem halben Jahrtausend untergegangen ist.

KÜRSCHNERS DEUTSCHER LITERATURKALENDER. 53. Jahrgang. Walter de Gruyter & Co., Berlin. XIV/858 + (36) Seiten. Preis 353.60 S.

Wenn ein Handbuch, wie dieses, das man bezeichnenderweise einfach „den Kürschner“ nennt, längst in die Reihe jener Bücher eingetreten ist, die man nicht liest wie andere, aber immer in Griffweite haben muß, dann verdankt es diese Wertschätzung der Fülle und Ausführlichkeit. Eine Literaturgeschichte über einen bestimmten Zeitraum zu schreiben, ist ohne den Kürschner schon deswegen nicht möglich, weil heute die soziale Lage des Schriftstellers und die Funktion innerhalb der Gesellschaft stets in Rechnung gezogen werden müssen, um das richtig einzuschätzen, was er geschrieben hat. Es gibt daher der Literaturkalender nicht nur Auskunft über „Nam und Art", über sein allfälliges Pseudonym (wenn der Schaffende es lüften will), über die Werke und die Jahreszahl des Entstehens, über Mitherausgeberschaft, über die Tätigkeit als Übersetzer, über Titel und über Zugehörigkeit zu Fachverbänden, sondern man kann aus einem ursprünglich ausgeübten oder erlernten Beruf auch Schlüsse ziehen auf den künstlerischen Werdegang und Material finden zum interessanten Thema der Doppelbegabungen. Wie stets, bringt die Abteilung „Nekrolog“ die Liste der seit 1952 von der Redaktion des Literaturkalenders ermittelten Todesfälle. Für Journalisten und für die Sachbearbeiter beim Rundfunk überaus schätzbar ist der „Festkalender“ (die 50., 60. und von da an für jedes weitere fünfte Jahr gereihten Geburtstage), die Schriftsteller und Verleger werden die Adressen der Verlage benützen. Darüber hinaus leisten Verzeichnisse der Zeitschriften, die der Förderung der Literatur dienen, Listen der Autorenverbände, der literarischen Gesellschaften und der Literaturpreise einen wichtigen Dienst. Mittels der geographischen Übersicht sind die einzelnen Autoren auch regional zu finden (für Wien haben wir genau 509 Namen gezählt — hoffentlich haben wir uns in den neun Spalten nicht verzählt). Bei den literarischen Gesellschaften in Österreich suchten wir das Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich, Linz, vergebens.

Hanns Salaschek

Jean de Baurgoing

Gestirn der Heimat

NIEDERÖSTERREICH. Landschaft, Geschichte, Kultur. Von Rupert Feuchtmüller, Lothar M a c h u r a und Fritz Weber. Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten. 192 Seiten, 224 Kunstdrucktafeln, 22 Vierfarbenbilder. Preis 380 S.

Die Vielfalt der niederösterreichischen Landschaft — mit Recht hat man sie als ein kleineres Abbild der ganzen Republik bezeichnet, weil alle Landschaftsformen, von der Steppe und dem Steppensee bis zum Hochgebirge, darin vertreten sind —, diese Fülle der Formen, diese noch immer unausgeschöpfte Schönheit, in der man auf Jahre hinaus Urlaube planen könnte, dieses leuchtende Gestirn auf dem Himmel der Heimat, hat bisher keine wirklich umfassende Darstellung im Buche gehabt — im Gegensatz zu so manchem anderen Bundesland —,' obwohl Niederösterreich das größte der neun Bundesländer und Heimstatt für 1,4 Millionen Menschen ist.

An der Verknüpfung europäischer Grenzlandschaften gelegen, Brücke zwischen den Völkern — im Norden der böhmische Raum, im Osten der pannonische —, hat dieses Land im Laufe der Geschichte einen Schmelztiegel abgegeben, wie Fritz Weber treffend in seiner tiefschürfenden Darstellung der Geschichte des Landes gleich eingangs bemerkt. Wer die gut geleiteten Ortsmuseen nur einigermaßen kennt — leider wissen die Österreicher darüber viel zuwenig Bescheid —, der ist von der Reichhaltigkeit der Funde aus Grabungen überwältigt. Es haben sich in diesem Lande aber auch immer uneigennützige, ja von ihrer Aufgabe besessene Naturen gefunden — man denke nur an Krahuletz und Höbarth —, die ihr Leben und ihre karge Freizeit der Heimatkunde und dem Sammeln widmeten; es haben bedeutende Wissenschaftler ihre Forschungsergebnisse veröffentlicht — für viele mögen nur die Namen Richard Pittioni, Rudolf Egger, Erich Swoboda und Max Vancsa genannt sein —, und überdies haben in den einzelnen Gemeinden nicht zuletzt die Lehrer für die Heimatkunden und Heimatbücher unablässig Stoff zusammengetragen.

So war ein Werk wie das vorliegende längst fällig. Die Vorzüge liegen greifbar auf allen Gebieten ziemlich gleichmäßig. Mit besonderem Geschick haben die Herausgeber es verstanden, eine Einheit und eine auch optisch wirksame und dabei lehrreiche Methode zu Enden. Er herrschte das Bestreben vor, nicht nur die vom Fremdenverkehr bevorzugten Gebiete des Landes in den Blickpunkt zu stellen, sondern in das Gefüge einzuweisen, von der Struktur her darzustellen, was den Vorzug mit sich brachte, wenig oder so gut wie unbekannte Landschafts- und Kulturbilder zu erschließen. Die Verbindung von Text und Bild, in etwa gleicher Gewichtsverteilung, hat sich durchaus bewährt.

Das Verzeichnis der wichtigsten Kunstdenkmäler, nach Stilgrupp.en geordnet, reicht von der Romantik bis zum Historismus bei kirchlichen und weltlichen Bauten, bei Plastiken und Gemälden. Für den, der sich weiter orientieren will, bietet das Literaturverzeichnis mehr als genug.

Das Kulturreferat der niederösterreichischen Landesregierung, das an dem Erscheinen dieses Prachtwerkes viel Anteil genommen hat, darf sich mit den Verfassern der allgemeinen Anerkennung sicher wissen.

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