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Auf der Diagonale prallten heuer - auch - Produzenten und Filmemacher, Kritiker und Regisseure aufeinander.

Dass Michael Haneke für seinen Film "Caché" den Großen Diagonale-Preis erhielt, hat angesichts einer vom Niveau her allgemein schwachen Spielfilmausbeute im vergangenen Jahr wenig überrascht. Noch weniger überraschte, dass Haneke bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der diesjährigen Diagonale in Graz heftig polemisierte:

Das Image, das sich der österreichische Film in den letzten Jahren international aufgebaut hat (und an dem Haneke - sichtlich nicht unstolz - maßgeblich beteiligt ist), dürfe nicht zerstört werden, denn sonst drohe der Rückfall in die "totale Provinzialität".

"Totale Provinzialität?"

Stein des Anstoßes für eine heftige Auseinandersetzung zwischen den kreativen Filmschaffenden und einigen Produzenten war ein Artikel im profil. Darin wurde ein internes Papier des Verbandes österreichischer Filmproduzenten veröffentlicht, in dem dessen Obmann Helmut Grasser (Produzent der Wiener Allegro-Film) eine Art Mindestquote für heimische Filme vorschlug. Die Idee: Produzenten, die im Inland die meisten Kinobesucher erreichten, sollten von den Filmförderungsinstitutionen bevorzugt werden, solche die es mit anspruchsvoller, künstlerischer Arbeit versuchen, aber "am Markt vorbeiproduzierten", sollten weniger Subventionen erhalten. Schließlich ginge es darum, so Grasser, den Marktanteil österreichischen Films in Österreich (derzeit: magere zwei Prozent) nachhaltig zu erhöhen.

Dass es hier freilich um kommerzieller orientierte Filme geht, stößt der restlichen Branche sauer auf. Hinter dem Vorstoß stünden vor allem Eigeninteressen einiger weniger lang gedienter Produzenten, die mit aller Macht an die Fördertöpfe gelangen wollten, weil sie ihre Vormachtstellung innerhalb der Branche gefährdet sehen würden.

Denn immer mehr junge Filmemacher, von Nina Kusturica bis Barbara Albert, haben in den letzten Jahren ihre eigenen Produktionsfirmen gegründet, mit denen sie sich für ihre eigenen Projekte selbst um Förderungen anstellen können, ohne den klassischen Weg eines Filmemachers zu gehen, der die Hilfe eines Produzenten dafür braucht. Kurz: Österreichs Kreative helfen sich selbst. Und sind dabei nicht zimperlich, vor allem, wenn es um die Freiheit der Kunst geht. Filme, die sich am breiten Publikumsgeschmack orientieren, bleiben die Ausnahme, wie auch das Programm der Diagonale bewies.

Einig war sich die Branche bei der Kritik am ORF, der als Großfinanzier der Branche beinahe jeden Kinofilm mitfinanziert. Bei der Programmierung setzt man am Küniglberg allerdings lieber auf Dancing Stars (ORF-Fernsehfilmchef Heinrich Mis: "Eine Sendung, die die ganze Familie vor dem Schirm vereinen kann.") als auf künstlerische Filme von Ruth Beckermann, Hubert Sauper & Co.

Öffentlichkeits-Ausschluss

Am vergangenen Wochenende bewies der ORF, wie wichtig ihm das österreichische Filmschaffen ist: Gleich ein halbes Dutzend österreichischer Produktionen standen auf dem Programm - ausgestrahlt in der Nacht von Sonntag auf Montag, praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. "So wird man die Akzeptanz des österreichischen Films beim Publikum nie erhöhen können", lautete der Tenor bei den Debatten in Graz.

Filmemacher Virgil Widrich ("Copy Shop") sieht die Lösung für mehr Publikum auf der inhaltlichen Seite. Als Vorstandsmitglied des Verbandes österreichischer Filmregisseure veröffentlichte Widrich zur Diagonale ein Positionspapier, in dem die Forderung laut wird, mehr in die Entwicklung von Filmprojekten zu investieren.

Keine guten Drehbücher

"Es gibt in Österreich zuwenig gute Drehbücher", so Widrich, der die derzeitige Drehbuchförderung von rund 7.000 Euro pro Projekt als viel zu gering erachtet. "Niemand kommt unter diesen Bedingungen auf die Idee, freiwillig monatelang an einem Drehbuch zu arbeiten. Dabei wäre dieser Teil der Filmproduktion noch der finanziell günstigste. Würden mehr Drehbücher geschrieben, entstünden daraus auch bessere Filme."

Sinnvoller Input von Außen kam von Margaret Menegoz, Präsidentin der französischen Filmpromotion-Agentur Unifrance. "Man weiß vor dem Kinostart leider nie, ob ein Film vom Publikum angenommen wird. In Frankreich gibt es sowohl bei kommerziellen wie auch bei Autorenfilmen immer wieder Flops. Filme können ihre Kosten nur auf einem globalen Markt einspielen", so Menegoz. Doch in Österreich gibt es gerade drei Filmverleih-Firmen und nicht einen einzigen Unternehmer, der sich um den Weltvertrieb von Filmen kümmert.

Die Diagonale 2006 zeigte 127 Filme in nur fünf Tagen und brachte rund 23.000 Besuchern ein Stück vom österreichischen Film näher. Doch in diesem Jahr wurde die eigentliche Funktion dieses Festivals besonders deutlich: Eine in sich wenig geschlossene Filmbranche, in der es nach wie vor heftige Streitereien gibt, für wenige Tage an einen Tisch zu bringen.

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