Anonyme Seelenbeichte

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Eine Verwechslung, eine Unbekannte und jede Menge Unsicherheit: Patrice Lecontes "Intime Fremde"´gibt sich durch und durch geheimnisvoll.

Der Alltagstrott des Steuerberaters William Faber wird am Abend eines gewöhnlichen Tages durcheinander gebracht, als Anna durch die Tür kommt. Sie hatte eigentlich einen Termin beim Psychiater, der sein Büro neben jenem von William besitzt. So erzählt sie stattdessen William von ihren Eheproblemen, der seinerseits keine Ahnung hat, was er für die attraktive Frau tun soll. Schnell möchte er den Irrtum aufklären, doch Anna will wiederkommen.

Diese Verwechslung bildet die Ausgangslage von "Intime Fremde", dem neuen Film von Patrice Leconte. William findet schon bald Gefallen an der Frau und möchte mehr über sie erfahren - sehr zum Missfallen seiner Sekretärin Madame Mulon. Sie ist nicht das einzige "Erbstück" seines Vaters, von dem er auch noch den Beruf und das Büro mit angeschlossener Wohnung übernommen hat. Seit 30 Jahren ist die Welt Williams auf diesen Mikrokosmos reduziert. Dass er keinen Führerschein hat, passt in dieses Bild der Unbeweglichkeit.

Regisseur Leconte ("Ridicule") hat eine besondere Vorliebe für Begegnungen der ungewöhnlichen Art. In "Die Frau auf der Brücke" (mit Daniel Auteuil und Vanessa Paradis) ließ er die Wege eines Messerwerfers und einer suizidal gefährdeten Frau kreuzen. Auch "Intime Fremde" gewinnt seine Spannung aus dem Aufeinandertreffen zweier Unbekannter. Das gegenseitige Umkreisen und Abtasten wird zu einem reizvollen - und natürlich erotisch prickelnden - Spiel, in dem nicht immer klar ist, welche Karten das Gegenüber in der Hand hält. Zunächst wähnt sich William auf der sicheren Seite, schließlich könnte er jederzeit die Verwechslung aufklären. Doch Anna kommt auch wieder, obwohl sie die Wahrheit kennt; das bringt William in Unsicherheit. Dabei ist es schön mit anzusehen, wie Fabrice Luchini auch die kleinste Regung in seiner grundsätzlich starr ausgerichteten Mimik sichtbar macht.

Die Veränderungen im Innenleben spiegeln sich auch durch die Kameraführung - eine Reise vom Dunkeln ins Helle - und das Dekor wider. Etwas Geheimnisvolles umgibt den gesamten Film und so wird auch am Ende - zu unserem Glück - nicht der letzte Schleier gelüftet.

INTIME FREMDE

Confidences trop intimes

F 2003. Regie: Patrice Leconte.

Mit Sandrine Bonnaire, Fabrice Luchini, Anne Brochet, Gilbert Melki.

Verleih: Filmladen. 104 Min.

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