Der Zug der Zeit - in Bezug auf so genanntes Reality TV - ist hierzulande schon abgefahren. Ob Taxi Orange oder Big Brother: Die Quoten wurden immer schlechter, nach einem einjährigen Hoch interessieren sich nur mehr wenige für die Tag-und-Nacht-Beobachtung einer zusammengewürfelten Wohn- und Lebensgemeinschaft auf Zeit. Diese Erkenntnis hat sich bei den TV-Sendern rasant durchgesetzt: Die soeben auf RTL II laufende Abnehm-Show Big Diet wird wegen dauerhaften Misserfolges nicht nur nicht verlängert, sondern schließt dieser Tage vorzeitig die Pforten - sprich: wird vom Bildschirm verschwinden.
Der Sender kündigte zwar an, die Teilnehmer mit einem Diätprogramm zu entlassen, damit sie doch noch ihr Zielgewicht erreichen können, aber das wird ohne Beobachtung durch die wenigen Zuschauer passieren.
Der überraschende schnelle Niedergang des Genres Reality TV birgt Hoffnung in sich: Das Publikum lässt sich solches Fernsehen nur in Maßen bieten - und auch das streckenweise durchaus interessante Taxi Orange taugte nur begrenzte Zeit als Vorreiter der Jugendkultur.
Nicht überall verläuft die Entwicklung so wie im deutschsprachigen Raum: Der britische Fernsehsender ITV etwa plant für diesen Sommer eine Art "christlicher" Variante von Big Brother: Zehn "Nichtglaubende" sollen - laut der Tageszeitung Daily Telegraph - bei einem Bibel-Intensivkurs vom Kameras begleitet werden. In zehn Folgen wird das Ganze dann, vom bekannten Journalisten Sir David Frost präsentiert, dem TV-Publikum serviert.
Für Menschen, die den Glauben verkündigen wollen, gibt es keine illegitime Kommunikationsform: Dass auch christliche Interessenten sich an Reality TV heranwagen würden, war daher zu erwarten.
Doch - Bibelkurs hin oder her - der Mainstream der Missions- und Überzeugungstätigkeit christlicher Kirchen dürfte auch auf den Britischen Inseln nicht bei dieser Art von Fernsehunterhaltung liegen, selbst wenn Big Brother & Co in England ein längeres Leben beschieden sein sollte als in deutschsprachigen Landen. Otto Friedrich
