Das Herz der Hölle

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Matthias Glasner und Jürgen Vogel wagen mit ihrem beklemmenden, preisgekrönten Drama "Der freie Wille" eine Reise in die Abgründe der menschlichen Seele.

Matthias Glasner erspart seinem Publikum nichts: Gleich in einer der ersten Szenen wird es einer Vergewaltigung ausgesetzt. Dann: Theo, der mehrfache Vergewaltiger, der nach neun Jahren im Maßregelvollzug versucht, ein Leben in Normalität zu führen. Glasner schafft dabei eine dreidimensionale Figur: Theo erscheint nicht nur als das Monster, in manchen Szenen erwischt man sich dabei, Sympathien für ihn zu hegen. Wenn man sieht, wie schwer es ihm fällt, sich auszudrücken, oder er gegen seine Regungen anzukämpfen versucht - bis er wieder die Kontrolle verliert. Jürgen Vogel gibt Theo, in seinen starren Augen sieht man das Böse. Vieles wird durch Mimik erzählt, Der freie Wille hat nicht viele Worte. Auch Nettie, Theos spätere Freundin und selbst Opfer, drückt sich mehr durch Gesten aus.

Seit 1999 arbeiten Glasner und Vogel an diesem Projekt. Nach jahrelangen Recherchen entschließen sie sich zu einer sehr persönlichen Herangehensweise: Der Film sollte kein objektives Sozialdrama werden, sondern die Reise in die Abgründe der menschlichen Möglichkeiten. "Das Drehen (der Vergewaltigungsszene) war schrecklich", erzählt der Regisseur, "aber dann habe ich gedacht: Wenn schon, dann in Realzeit und ohne Schnitte. Ich wollte die Banalität der Tat zeigen, die Armseligkeit, die Trostlosigkeit, die Härte. Nichts sollte, wie in Irreversible, auch nur annähernd sexy sein." Und Vogel fügt an: "Hätten wir einen ganzen Film lang nur gezeigt, wie jemand an seinen inneren Zwängen leidet, wäre daraus eine Mitleid heischende Opfergeschichte geworden. Auch deshalb hätte ich den Film ohne die Vergewaltigungsszenen als verharmlosend und unehrlich empfunden." Dafür kommt der Film ohne Schnörkel aus: ohne Musik, ohne virtuose Kamerafahrten. Wichtig war den Filmemachern ein möglichst intimes Erlebnis: Die nahe Kamera transportiert unvermittelte Bilder, rückt sie näher zum Publikum. So wurde auch chronologisch gedreht. Bis zum unvermeidlichen Ende.

DER FREIE WILLE

D 2006. Regie: Matthias Glasner.

Mit Jürgen Vogel, Sabine Timoteo.

Verleih: Filmladen. 163 Min.

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