Das Kind ist 15 Jahre alt

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Am 1. Dezember 1984 starteten deutschsprachige TV-Anstalten den Kultursender 3sat.

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Am 1. Dezember 1984 starteten deutschsprachige TV-Anstalten den Kultursender 3sat.

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Man könnte glauben, es handle sich um ein Traumgespinst. Beispielsweise - fast - täglich ein Kulturmagazin zu gestalten, vierzig Minuten lang, um 19.20 Uhr, also in Konkurrenz zu allen Hauptnachrichtensendungen. Oder das Wettlesen, das als "Ingeborg-Bachmann-Preis" bekannt ist, und das Länge mal Breite übertragen wird.

Obiger Traum ist Wirklichkeit: Von Montag bis Freitag gibt es das Magazin Kulturzeit (das beste deutschprachige Kulturjournal, es erhielt im Oktober 1999 den Deutschen Fernsehpreis), und auch der Bachmann-Wettbewerb kann per TV-Schirm verfolgt werden. Derartige Sendungen sind möglich - selbst im Quotenzeitalter, wo die Einschaltziffern und die Marktanteile die TV-Szene beherrschen. Es gibt - so drückt es ORF-General Gerhard Weis aus - die "kompetente Alternative zum Programmeinerlei der Privaten".

Für diese Alternative zeichnet der ORF-Obere zu einem Viertel mitverantwortlich - und zwar für 3sat, das Satellitenprogramm der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten im deutschen Sprachraum. Vor 15 Jahren, am 1. Dezember 1984, starteten das Zweite Deutsche Fernsehen, das deutschsprachige Schweizer Fernsehen und der ORF diesen Gemeinschaftskanal. Zunächst nur sechs Stunden am Tag, doch die Entwicklung führte zu einem Vollprogramm, das den Vergleich mit anderen Sendern nicht zu scheuen braucht. Die Leitung von 3sat befindet sich beim ZDF in Mainz, 30 Prozent des Programms stellt heute das ZDF, der ORF steuert 25 bis 30 Prozent bei, die Schweizer produzieren 10 bis 15 Prozent.

1993 stieß die ARD als vierter Partner dazu, auch sie bestreitet heute 30 Prozent des Programms. 3sat ist seither endgültig als Kultursender etabliert. Norbert Waldmann, ARD-Koordinator für 3sat, definierte dies bei der Geburtstagsfeier des Senders in Wien so: "3sat beobachtet die Kultur und ist selbst Teil davon". Bester Beweis für diese Behauptung ist der "KulturPreis Europa 1999" der dem Gemeinschaftssender im Sommer verliehen wurde.

Rund ein Prozent Marktanteil hat sich 3sat erobert, wenn man mit anderen Kleinen am TV-Himmel vergleicht, durchaus passabel: So erreicht der Popmusikkanal MTV weniger als ein dreiviertel Prozent. In Österreich können, so Peter Zurek, der Satellitenchef beim ORF, acht von zehn Haushalten 3sat - via Kabel oder Satellit - empfangen. "Wir schreiben unserem Publikum nicht vor, gefälligst zwischen 14 und 49 zu sein", so Zurek.

Daß derartige Philosophie ein Programm trägt, ist fast schon erstaunlich - und stellt ein Gegenbeispiel zur Nivellierung von Qualität dar, denen sich auch die - durch Gebühren mitfinanzierten - öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten unterwerfen.

Das 15jährige Kind 3sat bietet auch in Zukunft Neues an: Der Erfolg von Kulturzeit hat die Programmplaner ermutigt, auch die Wissenschaftsredaktionen in die Pflicht zu nehmen: Ab 1. Dezember gibt es Montag bis Freitag um 18.30 Uhr das Wissenschaftsmagazin nano. Durch den Kinoerfolg der Schnitzler-Adaption "Eyes Wide Shut" angespornt, werden unter Federführung des ORF zwischen 18. Dezember und 12. Jänner dreißig Programme von und über Arthur Schnitzler ausgestrahlt, Zeit für Schnitzler ist der literarische 3sat-Schwerpunkt übertitelt.

Und wer den Jahreswechsel 1999/ 2000 mit Stil vor dem TV-Schirm verbringen will, wird von 3sat mit dem Concerto Massimo bedient: 24 Stunden lang wird Senta Berger die Werke von 24 Komponisten präsentieren. Das Jahr 1999 soll mit dem letzten Ton aus Maurice Ravels Bolero verklingen.

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