Der Fernseher als Super-Nanny

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Kinder kommen nicht nur immer früher mit digitalen Medien in Berührung, auch ihr Repertoire wächst rapide. Welche Medien die Kleinsten konsumieren, beleuchtet die aktuelle, deutsche KIM-Studie, für die 1220 Kinder zwischen sechs und 13 Jahren befragt wurden - und deren Ergebnisse auf Österreich gut übertragbar sind.

Zur beliebtesten medialen Freizeitbeschäftigung der Kinder zählt folglich nach wie vor das Fernsehen. 79 Prozent schalten das TV-Gerät fast täglich ein, um im Durchschnitt 98 Minuten lang darauf zu starren. Bedenkliche 22 Prozent bestätigen, dass sie bereits Inhalte gesehen haben, die nicht für sie geeignet waren - etwa "Gruseliges“ oder Darstellungen von Sex und Gewalt.

Immer mehr Kinder surfen zudem auch im Word Wide Web - nicht nur am Familiencomputer, sondern auch auf Tablet-PCs oder Smartphones, die kinderleicht zu bedienen sind. 62 Prozent der Knirpse tummeln sich im Internet, die Mehrheit taucht täglich zwischen 30 und 60 Minuten im Netz ab. Was die Lieblingsseiten der Kinder betrifft, so rangiert Facebook auf dem ersten Platz, gefolgt von der Videoplattform Youtube und der Social-Media-Seite schülerVZ. Insgesamt verfügt fast die Hälfte der Kinder über Community-Profile, vorwiegend um zu chatten und Statusmeldungen zu posten. Drei Viertel der Kinder verwenden mindestens einmal in der Woche eine Suchmaschine, wobei sie am häufigsten nach Infos für die Hausaufgaben oder Schule fahnden.

Dazu kommen noch Videospiele, die sich mit komplexen Geschichten, aufwändigen Grafiken und musikalischer Untermalung zunehmend zu Gesamtkunstwerken entwickeln. 22 Prozent der Kinder spielen täglich, 66 Prozent mindestens einmal in der Woche. Große Popularität genießt hier ein bereits etwas in die Jahre gekommener italienischer Installateur - nämlich "Super Mario“ von Nintendo, der als beliebtestes Spiel genannt wird.

Schließlich sind auch Mobiltelefone aus dem Medienrepertoire von Kindern kaum noch wegzudenken. Jedes zehnte Kind im Alter von sechs bis sieben Jahren besitzt ein Handy, zwei Drittel sind es bei den Zehn- bis Elfjährigen.

Doch was bedeutet diese Medienflut für die Familien? Positiv betrachtet nehme etwa der Fernseher "eine Entspannungs-, Entlastungs- und Gemeinschaftsfunktion ein“, erklärt Ingrid Paus-Hasebrink, Professorin für Audiovisuelle- und Online-Kommunikation an der Uni Salzburg, die in einer Langzeitstudie die Mediensozialisation in sozial benachteiligten Familien untersucht hat. Das TV-Gerät sei immer noch "der große Geschichten-Erzähler“ und könne gerade in bildungsfernen Familien auch als zentrale Informations- und Wissensquelle dienen.

Vor dem Bildschirm "geparkt“

Andererseits herrsche oftmals eine inkonsequente und nur wenig transparente Medienerziehung: Fernsehen und Co. würden ohne Problembewusstsein als "Baby-Sitter“ und "Super-Nanny“ eingesetzt, die Kinder also einfach vor dem Bildschirm "geparkt“.

Aber auch in bildungsaffinen Elternhäusern ist das Thema Medienerziehung nicht einfach, wie Christa Gebel, Psychologin am Münchener Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis (JFF) weiß: "Weil gebildete Eltern oft beruflich stark beansprucht werden, fehlt ihnen meist die Zeit für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Medien“, erklärt sie. Da sich diese Eltern aber der medialen Gefahren - darunter Internetpornografie oder Cybermobbing - bewusst seien, neigten manche zu übertrieben strengen Regeln, ohne dabei auf die medialen Bedürfnisse ihrer Kinder einzugehen. "Kinder lernen aber nur mit Medien umzugehen, indem sie Medien selbst erproben und man sie dabei unterstützt“, sagt Christa Gebel. "Zu strenge Regeln verhindern diese Selbstständigkeit.“

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