Der Öffentlich-Rechtliche

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Den "Tiger" verdankt er einer Ironimus-Karikatur: Gustav Peichl hatte den - lnagjährigen und mehrfachen - orf-Generalintendanten in Gestalt der mächtigen Raubkatze gezeichnet; den Spitznamen sollte Gerd Bacher nicht mehr los werden. Offensichtlich hatte Ironimus da ins Schwarze getroffen: eine kraftvolle, starke Persönlichkeit mit ausgeprägtem Hang zum Individualismus. Als bei Bachers orf-Abschiedsfeier das bei solchen Anlässen unvermeidliche "I did it my way" ertönte, passte das in diesem Fall ohne Zweifel: He did it his way - verwechselbar war er nie.

Das hat ihm Bewunderung und Respekt, auch bei politisch Andersdenkenden, eingebracht; nicht zuletzt, weil er gerade mit dem "eigenen Lager" nie zimperlich umgegangen ist. Als "heimatloser Rechter" wurde er häufig apostrophiert; in Wirklichkeit sei er stets "ein fortschrittlicher Konservativer gewesen mit Betonung auf konservativ", lässt er uns jetzt im profil-Interview wissen. Jedenfalls einer, der sich den gängigen Zuordnungen entzieht. Die Positionierungen bestimmt er nämlich selbst: "Links" ist sowieso fast alles (und am schlimmsten sind, das kann man immer wieder von ihm hören, die "Linkskatholiken"); aber wichtiger noch als ideologische Zuschreibungen, daran hat er ebenfalls nie einen Zweifel gelassen, sind ihm Fragen der Qualität: "Die guten Linken, die es im orf gibt, sind ausnahmslos von mir engagiert worden." (Bacher).

Den Quotenwahn des öffentlich-rechtlichen Fernsehens prangert er seit Jahren an, ebenso unbarmherzig geht er immer wieder mit der Politik ins Gericht. Josef Klaus sei der einzige Bundeskanzler gewesen, den nicht nur interessiert habe, wie es ihm im orf geht, sondern wie es dem orf selbst geht, richtete er jüngst aus. Für solche hellsichtigen Befunde ist man als Zeitgenosse und Medienkonsument dankbar.

Auch den Wandel in der Printmedienlandschaft beobachtet er mit kritischem Auge - und streitet lustvoll mit Chefredakteuren bedeutender Blätter über deren Relaunches. Dass der Boulevard an sich nicht sein Metier ist, versteht sich von selbst - nicht der ressentimentgeladene der Kronen Zeitung, und wohl noch weniger der zeitgeistige à la Fellner, der sich ja demnächst auch auf dem Tageszeitungsmarkt kräftig bemerkbar machen wird.

Kann man Medien, kann man den orf heute noch so führen, wie Gerd Bacher es tat? Wohl kaum. Das weiß Bacher sicher selbst am besten. Aber die Aufgabe, öffentlich-rechtlich unter radikal veränderten Rahmenbedingungen neu zu buchstabieren, die bleibt bestehen. Einen Nachfolger, der dieser Herausforderung gewachsen gewesen wäre, hat Bacher bislang nicht gefunden. Ein bisschen wird ihm das, wenn er am 18. November seinen 80. Geburtstag feiert, auch schmeicheln. RM

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