Die virtuelle Weltmacht

Werbung
Werbung
Werbung

"Die Google Falle" ist eine Wissenssammlung über das Google-Imperium. Das Buch ist nüchtern geschrieben und teilweise erschreckend.

Die Google-Zentrale in Mountain View nennt ihren Arbeitsplatz hoch offiziell "technology playground". Und an eine überdimensionale Technologie Spielwiese erinnert der Campus auch: Draußen lungern die Googler mit ihren Laptops auf der Terrasse herum und genießen die kalifornische Sonne. Drinnen gibt es keine düsteren Informatiker-Bunker. Im Gegenteil: Alles ist besonders farbenfroh. Neben richtigen Schreibtischen findet sich ein großer weicher Teppichboden, damit die kreative Elite auch im Liegen angenehm schaffen kann. Essen und Trinken ist - wie im Paradies üblich - gratis. Dreckwäsche gibt man einfach ab und bekommt sie als Paket sauber an den Arbeitsplatz zurück. Doch arbeiten darf (von "müssen" kann gar keine Rede sein) hier nur, wer acht Vorstellungsrunden erfolgreich gemeistert hat. Der Andrang ist gewaltig: 1,4 Millionen Bewerbungen bekommt der beliebte Arbeitgeber pro Jahr.

Licht und Schatten

Die kunterbunte Seite der Google-Welt beschreibt Gerald Reischl auch in seinem Buch "Die Google Falle". Vor allem aber interessieren ihn die dunklen Flecken dieser virtuellen Weltmacht. Anders als der reißerische Titel vermuten lässt, ist das Buch wohltuend sachlich geschrieben (obwohl an manchen Stellen auch redundant). Reischl hat, um ein umfassendes Bild vom Google-Imperium mit all seinen Anwendungen zu bekommen, den Google-Campus besucht, mit wichtigen Google-Chefs und Google-Kritikern gesprochen und natürlich auch: nach Google gegoogelt.

Dabei ist die Abhängigkeit von dieser einen Suchmaschine seltsam: Am Ende des Buches listet Reischl zehn andere Suchmaschinen auf, die "nicht unbedingt schlechter" sein sollen. Alternativen zu Google existieren also. Tatsache ist jedoch, dass die Welt sehr stark durch eine Google-Brille wahrgenommen wird. Gerade auch in Europa: 95 Prozent Marktanteil in Spanien, 90 in Frankreich, 89 in Deutschland, 88 in der Schweiz etc. Auf eine speziell für das Buch in Auftrag gegebene Marketingumfrage, antwortete jeder siebte, dass er "keine Ahnung" hätte, was er tun würde, wenn Google eines Tages nicht funktionieren würde.

In einer Welt, in der das Internet für immer mehr Menschen zu der Informationsquelle schlechthin (über Firmen, Länder, Menschen etc.) wird, gewinnen Suchmaschinen an Macht und Einfluß: Was nicht google-bar ist, existiert nicht. Dass Google mit Zensur arbeitet, ist bekannt. Prominentestes Beispiel ist wohl Googles Kniefall vor China: Über Taiwan, Tibet oder das Massaker am Platz des Himmlischen Friedens 1989 lässt sich über www.google.cn nichts erfahren. Manchmal dreht Google aber auch den Spieß um: Anfang 2006 verschwand BMW kurzzeitig aus dem Suchindex, ebenso der Kopiergeräte-Hersteller Ricoh.

Dabei wird Online-Werbung zunehmend wichtiger. eBay zahlt zum Beispiel jährlich Millionenbeträge, um bei Schlüsselbegriffen wie "Auktion" oder "Versteigerung" auf der ersten Seite aufzutauchen (und das nicht nur unter den Sponsored Links). Mit Marketing macht Google auch das große Geld - und verspricht seinen Werbekunden in Zukunft noch bessere, auf das Individuum zugeschnittene Anzeigen.

Werbedominator

Für das personalisierte Marketing braucht der "Werbedominator" (Reischl) allerdings vor allem eines: noch mehr Informationen über die privaten Vorlieben der einzelnen Menschen. Und an die kommt Google - wie immer - über die zahlreichen Gratisdienste: Die Suchmaschinen-Suche sendet etwa Infos über den Aufenthaltsort an Google. So lassen sich Werbekampagnen geografisch präzise schalten. Noch bessere Daten liefert, wer ein Google Mail/Gmail Account hat: Google liest hier quasi alles mit - die geschriebenen und empfangenen E-Mails.

Schließlich soll 2008 (in den USA) der Startschuss für Google Health fallen, eine Art elektronische Krankenakte. Wie der Gratis-Service sich rechnen soll? Darüber haben die Leute von der Technologie Spielwiese sicher auch nachgedacht.

DIE GOOGLE FALLE

Von Gerald Reischl

Überreiter, Wien 2008

189 Seiten, geb., €19,95

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung