Werbung
Werbung
Werbung

Der Schweizer Verlag Diogenes wehrt sich gegen die hohen Rabattforderungen des Online-Buchhändlers Amazon - und wird aussortiert

Anbieter versendet in 1-2 Werktagen." Diese Antwort erscheint seit Anfang Juni auf dem Bildschirm, will man beim Internet-Buchhändler Amazon ein Buch des Schweizer Diogenes-Verlags bestellen. Denn der Anbieter ist nicht mehr Amazon selbst, sondern ein Zwischenhändler. Die Forderung, 50 Prozent des Ladenpreises als Rabatt nachzulassen, war Diogenes zu viel.

Daraufhin verschwanden die Bücher des Verlages aus dem Angebot des Online-Riesen Amazon, der auch für besondere Serviceleistungen, wie eine auffällige Platzierung auf der Homepage, viel Geld verlangt. So berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung, dass eine Erwähnung als "Autor des Monats" 7.500 Euro koste, die "Neuheit der Woche" 5.000 Euro, und eine Empfehlung via E-Mail 2.500 Euro. Alles Leistungen, die bei einem stationären Buchhändler selbstverständlich sind, indem er das Buch in die Auslage stellt oder es dem Kunden empfiehlt. Da wollte Diogenes nicht mehr mitspielen. Der Kampf eines neuen Wilhelm Tell gegen den Vogt in Form eines Global Players?

Der Vogt als Global Player

Ein 50-prozentiger Zuwachs und ein Umsatz von rund 520 Millio-nen Euro im Jahr 2003 machten amazon.de zum größten deutschen Buchhändler. Der österreichische Ableger (amazon.at) unterscheidet sich nur in den redaktionellen Inhalten. Vor sechs Jahren hatte das amerikanische Unternehmen sein Angebot auf Deutschland ausgeweitet. Mit den wachsenden Marktanteilen kamen auch die immer höheren Forderungen an die Verlage. Finanzierten sie früher ihre weniger rentablen Produkte durch den Verkauf von Bestsellern mit, so kamen diese durch die geforderten Rabatte in ernste Krisen. Von Auflehnung war bisher aber wenig zu spüren. Diogenes, der mit Autoren wie Donna Leon und Paulo Coelho stets in den Bestsellerlisten vertreten ist, wagte den Widerstand. Sollten diesem Beispiel nun andere folgen, würde Amazon, so das Kalkül, den Anspruch auf das größte Angebot am Markt verlieren.

Die Meldung ging wie ein Lauffeuer durchs deutschsprachige Feuilleton. Endlich gebe es einen Verlag, der dem übermächtigen Gegner Paroli bieten würde. Auch Fritz Panzer vom österreichischen Ueberreuter Verlag steht auf der Seite der Schweizer. Er gibt aber zu bedenken, dass Diogenes "als einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Verlage am ehesten die Möglichkeit hat, diese Auseinandersetzung durchzuhalten." Ähnlich auch Michael Forcher vom Innsbrucker Haymon Verlag: "Es freut uns natürlich, dass sich jemand wehrt. Wir können das nicht. Würden wir nichts mehr liefern, wäre das Amazon egal." Über horrende Rabattforderung kann er nicht klagen: "Die wissen, dass wir nicht viel haben, und verlangen auch nicht mehr". Ein Kreuzzug der vereinigten Verlage gegen Amazon wird also wohl ausbleiben.

Der immer größer werdende Buchverkauf via Internet wurde auch zur Konkurrenz für den klassischen Buchhandel. Solange aber die Buchpreisbindung bestehen bleibt, glaubt Panzer nicht an dessen Ende. Sollten die Bücher jedoch billiger angeboten werden, wäre das problematisch. "Dann führen die Großen einen Verdrängungskampf über den Preis." Auch Forcher sieht das Internet eher als Ergänzung, nicht als Gegner. "Die Leute schauen im Internet nach, und kaufen das Buch dann im Geschäft. Das ist die viel häufigere Praxis als die Bestellung übers Internet." Gerade hier gäbe es wieder eine Chance für die kleineren Verlage, den Kunden mit Nischenprodukten zu erreichen.

Brauchen Sie ein Sackerl?

Die Möglichkeit, in einem Buch zu blättern und ein wenig darin zu lesen, bot bis jetzt nur der stationäre Buchhandel. Doch auf der amerikanischen Website von Amazon fällt auch dieses Monopol. Mit der Funktion "search inside the book" können interessierte Leser einen Text vollständig lesen und mit Suchbegriffen erschließen. Herunterladen ist freilich nicht möglich.

Kommt diese Möglichkeit auch auf die deutschen Websites, würde dies den Markt "mächtig durchrütteln", prophezeit die Neue Zürcher Zeitung. So lange können sich die kleinen Buchhandlungen wohl noch auf die Vorzüge ihres Services verlassen. "Brauchen Sie ein Sackerl?" klingt ja auch viel freundlicher als "Anbieter versendet in 1-2 Werktagen."

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung