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Leon Askin, der weltberühmte Filmschauspieler aus Wien, wäre letzte Woche hundert Jahre alt geworden. Seine Witwe Anita Askin-Wicher erinnert sich.

Am 18. September 2007 wäre der große Film- und Theaterschauspieler Leon Askin, 1907 in Wien geboren als Leo Aschkenasy, hundert Jahre alt geworden. Ein Gespräch mit seiner Witwe, der Medienexpertin Anita Askin-Wicher.

Die Furche: Viele Exil-Österreicher, etwa der Viennale-Präsident Eric Pleskow, empfinden gegenüber Österreich noch eine gewisse Bitterkeit. Wie war das für Leon Askin?

Anita Askin-Wicher: Mein Mann hat immer versucht, Brücken zu bauen. Er hat von beiden Seiten gespürt, dass es da eine gewisse Zurückhaltung gibt. Er hat sich sehr intensiv mit Jugendlichen beschäftigt um ihnen zu erzählen, wie das damals war, wie die Geschichte verlaufen ist. Ich glaube, er ist so aktiv auf die Menschen zugegangen - ich denke nicht, dass er noch Ressentiments hatte. Er war so ein Ur-Wiener, er hat auch in Amerika immer wieder erzählt, dass sein Lebensgefühl, seine Wurzeln in Wien sind. Ich glaube, das hat es ihm leichter gemacht, wieder Anschluss zu finden.

Die Furche: Diese Zeitzeugen-Arbeit mit Jugendlichen war ihm in den letzten Jahren sehr wichtig.

Askin-Wicher: Es gab da einen Nachmittag, an dem ich nach Haus gekommen bin und wo mein Mann mir gesagt hat, heute sei er wirklich glücklich. Er hat erzählt, dass drei Mädchen bei ihm waren und mit ihm geredet haben. Die Mädchen haben sich wirklich intensiv mit ihm auseinander gesetzt, sie waren nicht reine Zuhörer, die ein Stück Geschichte aufnehmen, sondern sie haben verglichen mit ihrem eigenen Leben. Es ging damals auch um die Eltern meines Mannes. Das war ein Interview im Zusammenhang mit dem Projekt "A Letter To The Stars", und sie haben dann einen sehr berührenden Brief an Leons Eltern geschrieben. Diese Briefe wurden an Luftballons gehängt und in den Himmel entlassen. Leon hatte die Fähigkeit, an die Erfahrungswelten der jungen Menschen anzuknüpfen, sie neugierig zu machen.

Die Furche: Was haben Sie vor dem Kennenlernen 1994 mit dem Namen Leon Askin verbunden?

Askin-Wicher: Ich habe ihn nur von Filmen gekannt, und da spielt er ja sehr oft den Antagonisten, den, der die Schwierigkeiten macht, das Schlitzohr oder einen Nazi-General. Man ist dann sehr oft verleitet, von den Filmfiguren auf den Darsteller zu schließen. Das war für mich eine große Überraschung, dass der Mensch ein ganz anderer war, als die Rollen, die er verkörpert hat. Ich hab mir nie vorgestellt, dass er so viel Humor hat, ein so riesiges Wissen über Geschichte, über Politik. Er hat ein Jahrhundert Theater- und Filmgeschehen miterlebt, in Amerika wie in Europa.

Die Furche: Sie sind Begründerin des Leon-Askin-Forums. Was ist die Aufgabe dieses Forums?

Askin-Wicher: Mir liegt daran, das religionsübergreifende Verständnis füreinander weiterzuführen. Ich bin Katholikin und weiß, dass man vom Judentum fast nichts weiß. Ich möchte gern, dass der Dialog, der durch unsere Verbindung für mich selbstverständlich geworden ist, weitergeführt wird.

Die Furche: War Leon Askin ein religiöser Mensch?

Askin-Wicher: Er hat sich selber als gläubig bezeichnet, er hat einen sehr unmittelbaren Dialog mit seinem Gott geführt. Religiös im Sinne von treu den Vorschriften war er nicht. Er hat die Hintergründe der Vorschriften hinterfragt. Es gibt im Judentum etwa die Vorschrift, dass zehn Männer versammelt sein müssen, um den Gottesdienst feiern zu können. Das ist ursprünglich nicht entstanden, weil man unbedingt genau zehn Männer haben wollte, sondern einfach nicht nur einen oder zwei. Er hat das deswegen nicht buchstabengemäß befolgt, wenn nur neun da waren, war das für ihn auch in Ordnung.

Die Furche: Leon Askin hat mit vielen Großen des Theaters und des Films zusammengearbeitet - von Erwin Piscator über Otto Preminger bis zu Billy Wilder. Wer waren wichtige Weggenossen für ihn?

Askin-Wicher: Auf der einen Seite war das Louise Dumont aus Düsseldorf, als er noch jung war. Sie hat ihm gezeigt, wie er seine persönlichen Talente mit einer Rolle verknüpfen kann, und ihn auch sehr stark gefordert, was Tempo und Spannungsbögen betrifft, und er hat viel gelernt - bis hin zum Kostüm. In kleinen Theatern bekommt man viele Aufgaben übertragen, das ist schon ein Vorteil. Der zweite Mensch, den er sehr verehrt hat, das ist Erwin Piscator. Die Auseinandersetzung mit der Theaterwelt, mit den Darstellungsmöglichkeiten … Piscator hat den Film ins Theater gebracht und war damals in den 30er Jahren damit revolutionär. Mein Mann war Assistent von Piscator, in Paris und später in New York, und hat sehr stark von seiner Gedankenwelt profitieren können.

Das Gespräch führte Magdalena Miedl.

INFOS: www.askin.at

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