Fantastische Flügel

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Julian Schnabels "Der Schmetterling und die Taucherglocke" erzählt von einem bewegungsunfähigen Mann und einer Hommage an das Leben.

Er ist mit seinem kleinen Sohn im Cabrio unterwegs, als es ihn trifft wie ein Blitz. Mitten aus dem prallen Leben holt ihn sein Schicksal völlig unvermittelt: ein Schlaganfall.

Jean-Dominic Bauby (Mathieu Amalric) ist gerade erst 43 Jahre alt, als er im Krankenhaus wieder aufwacht und feststellt, dass er die Kontrolle über seinen Körper verloren hat. Komplett. Er kann lediglich den Kopf ein wenig bewegen und mit dem linken Augenlid zwinkern. Sein restlicher Körper ist total gelähmt. Bauby, Chefredakteur der französischen Mode-Bibel Elle, charmanter Lebemann und leidenschaftlicher Journalist, leidet am Locked-In-Syndrom, bei dem der Geist des Patienten völlig wach ist, während der Körper nicht mehr auf Reize zu reagieren vermag. Zunächst sehnt sich Bauby nach einem baldigen Ende, doch mit Hilfe einer unendlich geduldigen Sprachtherapeutin (Marie-Josée Croze) erlangt er langsam wieder Lebenswillen und Kommunikationsfähigkeit. Bauby beginnt, mit seinem linken Augenlid auf einer eigens entwickelten Buchstaben-Tafel ein Buch zu diktieren, das am 6. April 1997 unter dem Titel "Der Schmetterling und die Taucherglocke" erscheint. Drei Tage später stirbt der Autor an Herzversagen.

Die Geschichte von Jean-Dominic Bauby hat sich wirklich zugetragen. Und es bedurfte der kongenialen Umsetzung durch den bildenden Künstler und Ausnahme-Regisseur Julian Schnabel, um das Vermächtnis dieses Mannes nicht als tränentriefende Krankengeschichte, sondern als optimistische Feier des Lebens und der Fantasie auch filmisch erzählen zu können. Die erste halbe Stunde erlebt der Zuschauer nur aus dem Blickwinkel von Baubys linkem Auge. Seine Hilflosigkeit ist übermächtig, seine Hilferufe und zunehmend zynischen Gedankengänge sind dem Zuschauer als Stimme aus dem Off hörbar. Bauby bekommt erklärt, was mit ihm passiert ist - und er kann nur darauf hoffen, dass sich die Personen, die er hört, auch ins Blickfeld bewegen. Wenn Bauby weint, verschwimmt das Bild, und wenn er zwinkert, wird es schwarz. Erst in dem Moment, als der Kranke erkennt, dass es für ihn keinen Ausweg gibt, und er seiner Phantasie als wichtigstem Organ freien Lauf lässt - da wird endlich auch die Kamera beweglich, die Bilder sind entfesselt. Erinnerungen, Erzählungen, Phantasien und momentan Erlebtes vermischen sich zu einem außergewöhnlichen Porträt, das bereits viele Filmpreise gewonnen hat - und auch sein Publikum für sich gewinnen wird.

Der Schmetterling und die Taucherglocke - Le Scaphandre et le papillon F 2007. Regie: Julian Schnabel. Mit Mathieu Amalric, Emmanuelle Seigner, Marie-Josée Croze, Max von Sydow. Verleih: Polyfilm. 114 Min.

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