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Geflecht des Grauens

Tattoo

D 2002. Regie: Robert Schwentke. Mit August Diehl, Christian Redl, Nadesha Brennicke, Monica Bleibtreu. 109 Min.

Berlins Subkultur beherbergt das Unheil: übel zugerichtete Opfer werden gesichtet, doch Ermittler und Täter verlieren sich in einem undurchsichtigen Geflecht. In Robert Schwentkes Psychothriller "Tattoo" verlaufen zwischen trendig-schmuckloser Industriearchitektur aus Rohbeton, Unterführungen und Metrostationen die Fäden einer hochkomplexen Handlung, um unvermutet wieder Knoten zu bilden. Schönheit und Grauen, Schmerz und Leidenschaft liegen bei dieser Kunstform an der Grenze zur Perversion nah beieinander. Die stringent durchgehaltene Ästhetik vermittelt das von Anfang an.

Mit einer klaffenden Wunde auf dem Rücken taumelt das erste Opfer im nächtlichen Nieselregen dem Tod entgegen. Ein explodierender Bus reißt die Frau nieder. Der Fall ist Auftakt einer Mord-Serie, die Hauptkommissar Minks (Christian Redl) mit dem jungen Kollegen Marc Schrader (August Diehl) aufklären muss. Doch Robert Schwentkes Psychothriller "Tattoo" begnügt sich nicht mit verstümmelten Leichen, es leuchtet auch die Charaktere der Kriminalisten aus. Schlussendlich lichten sich die Nebel, die Schlingen werden enger. Um wessen Hals sie sich schließen, wird nicht verraten.

Isabella Marboe

Vampir als Rockstar

Die Königin der Verdammten - Queen of the Damned

USA/Australien 2001. Regie: Michael Rymer. Mit Stuart Townsend, Aaliyah, Marguerite Moreau. 105 Min.

Schauerromantik ist auch nicht mehr das, was sie einmal war: Der Vampir von heute lebt nicht als Graf in einem Schloss sondern als Rockstar inmitten von Designer-Möbeln. Doch daran liegt es nicht, dass der Vampirfilm "Die Königin der Verdammten" ein müdes Spektakel ist. Diese Verfilmung eines Romans von Anne Rice nämlich ist wirr und schafft es nie, so etwas wie Spannung aufzubauen. Der wohl als Versuch, die wiedererstandene gothic-Subkultur kommerziell zu nutzen gedachte Film geriet im nachhinein zum filmischen Vermächtnis der Sängerin und Schauspielerin Aaliyah, die im Vorjahr 22-jährig bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Hier spielt sie die Mutter aller Vampire, die schrecklich unter ihren Kindern wütet, bevor sie der "gute" Vampir Lestat (Stuart Townsend) zur Strecke bringt.

Michael Krassnitzer

6 7 8 9 30 1 2 3 4 l 6 7 8 9 40 1 2 3 4 5 6 7 8 9 50 1 2 3 4 5 6 7 8 9 60 1 2 3 4 5 6 7 8 9 70 1 2 3 4 5 6 7 8 9 80 1 2 3 4 5 6 7 8 9 90 1 2 3 4 5 6 7 8 9 100 1 Jack thewir als verkaufsförderndes Argument in Kauf.

Filmische Delikatesse

Film Ist. 7-12

Ö 2002. Regie: Gustav Deutsch. Recherche: Hanna Schimek, Gustav Deutsch. 93 Min.

Auf poetisch-zauberhafte Weise gießt der Filmkünstler Gustav Deutsch das Faszinosum laufender Bilder in einen Tableaufilm. Über dreitausend Stummfilme aus verschiedensten Archiven hat er gesichtet, um aus der Fülle an Material ein stimmungsreiches Konzentrat zu destillieren. "Film ist. 7-12" spannt einen weiten Bilderbogen: Komik, Magie, Eroberung, Schrift und Sprache, Gefühl und Leidenschaft, Erinnerung und Dokument packen das Kino an seinen Wurzeln. Die Experimentierfreude des frühen Films, das präzise Mienenspiel der Darsteller aus der Stummfilmzeit lassen das Cineastenherz höherschlagen, die elektronische Musik von Werner Dafeldecker, Christian Fennesz, Martin Siewert und Burkhard Stangl erhöht den Reiz enorm. Ein Meisterwerk, zu sehen im Wiener Stadtkino.

Isabella Marboe

Kino für Voyeure

bellaria - so lange wir leben

D/Ö 2002. Regie: Douglas Wolfsperger. Mit Karl Schönböck, Baroness Lips von Lipstrill, Tenbuss-Zwillinge u.a. 95 Min.

Was spielns denn heute? - Und nächsten Sonntag? - Das Narrenschiff? Des ist mehr sowas Ernstes, ja? - Beliebter sind da schon die Schnulzen, Schwarzweißfilme aus einer Zeit, als die Welt noch in Ordnung war, weil man jung war. Oder so. Aber das Wiener Bellaria-Kino zeigt eben alles: Leinwandromantik im alten großen Stil, Zarah Leander, Marika Rökk, Attila Hörbiger und andere. Es ist Zufluchtsstätte für betagte schräge Vögel, abgetakelte Möchtegernstars und einsame Damen. Zumindest nach Douglas Wolfs-pergers Dokumentarfilm "Bellaria - so lange wir leben". Wir begleiten den Vorführer auf seinem Rundgang nach der letzten Vorstellung, besichtigen die Geburtsstätte des Kinos und werfen einen Blick in die Wohnungen und das Leben seines Stammpublikums. Ein wenig nach Spira-Tradition. Ein wenig voyeuristisch. Und die komischsten Momente sind zugleich die traurigsten. Und das Amusement geht auf Kosten derer, die hier dokumentarisch verewigt werden, die ein Leben lang Autogramme sammelten oder sich die Kinokarten von Mund und Mindestpension absparen, denen die Gegenwart vor allem Erinnerung bedeutet und das Kino einen Ausflug in die Jugend.

Die heutige Jugend wurde dabei völlig ausgeklammert, kein Wort über den Kultstatus des Bellaria, das durchaus auch jüngere Semester anzieht und nicht nur verstaubten Kitsch bringt, sondern eben auch Klassiker aus den Anfängen des Kinos. Sehr einseitig. Schade.

Sabine E. Selzer

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