Krimi-Reminiszenz
Muriel, François und René waren mal so was wie Robin Hood. Sie verteilten gestohlene Pelzmäntel an das arme Volk von Marseille und sorgten so für etwas Freude. Nachdem sie bei einem Raubüberfall einen Juwelier getötet hatten, stellten sie ihre Raubzüge jedoch sofort ein und beschlossen, fortan getrennte Wege zu gehen und sich nie mehr zu begegnen. Doch eines Tages wird Muriels Sohn Opfer einer Entführung, und die Ex-Gangster müssen sich noch einmal zusammentun, um das nötige Lösegeld aufzutreiben. Robert Guédiguian hat mit "Lady Jane" einen spannenden Krimi gedreht, der ein wenig an die Blüte des Film Noir erinnert. Auch wenn die Story recht konventionell ist, schafft der Regisseur doch eine Atmosphäre von großer Dichte, mit der er seine Geschichte gezielt vorantreiben kann. Allen voran ist diese Atmosphäre der Figur von Muriel (Ariane Ascaride) zu verdanken, die große Leinwandpräsenz zeigt. "Lady Jane" ist altmodisch, in bester Tradition der französischen Krimis von früher, mit ein bisschen Sozialkritik, weil hier auch von den ärmsten Bevölkerungsteilen Frankreichs die Rede ist. Matthias Greuling
LADY JANE
F 2008. Regie: Robert Guédiguian
Mit Ariane Ascaride, Jean-Pierre Darroussin, Gérard Meylan. Verleih: Stadtkino. OmU 102 Min.
Faden-Verlierung
Manche Dinge geben Hoffnung: zum Beispiel, dass zwar die amerikanische Stand-Up-Comedy in unseren Breiten grassiert, Formate wie "Saturday Night Live" oder spätabendliche Talkshows jedoch bei uns kaum Fuß fassen konnten. Passenderweise spielt sich auch der überaus fähige "RTL Samstag Nacht"-Überlebende Stefan Jürgens durch das, was titelgemäß ein Klon der Clooney-Komödie "Ocean's Eleven" sein müsste. "Ossis's Eleven" dreht seine Spießgesellen-Geschichte samt grün schimmerndem Sakko vorm Plattenbau aber lieber in Richtung europäisches Drama: Jede seiner Figuren deklariert Ostdeutschland als Ort der Deplatzierten, von Menschen, denen Heimat und Funktion unter den Füßen weggezogen wurden. Wenigstens das Ende der Identität stiftenden D-Mark soll ihnen nun Gelegenheit zu einem idiotensicheren Coup bieten. Regiedebütant Oliver Mielke strickt aus diesen vielen Fäden und einer störend illustren Besetzung einen unebenen Film: mit viel Herz, aber weit weniger Gestaltungsglück, wenn er mit Gusto aus der Kargheit pompöse Szenen entstehen lässt. Thomas Taborsky
OSSI'S ELEVEN
D 2008. Regie: Oliver Mielke. Mit Tim Wilde, Stefan Jürgens, Götz Otto. Verleih: ThimFilm. 93 Min.
Action-Feuerwerk
Frei nach dem "Stirb langsam"-Sager "Probleme? Ich liebe solche Tage" bewältigt Büroangestellter Wesley Gibson seine tägliche Tour de Force: Von seiner Vorgesetzten schikaniert, seiner Freundin betrogen, nähert sich nicht nur sein Kontostand gegen Null, sondern auch sein Ego. Dies ändert sich allerdings schlagartig, als er in die Fußstapfen seines Vaters treten soll - ein Auftragskiller, der vor seiner Ermordung für eine jahrhundertealte Bruderschaft Jagd auf Bösewichte gemacht hat. Hört sich nach einer "Verlierer wird Superheld"-Geschichte an? Ist es auch. Erfolgs-Regisseur Timur Bekmambetov ("Wächter des Tages") hat für seinen ersten englischsprachigen Film die Comicbuch-Serie "Wanted" adaptiert und die Kinoleinwand mit einem atemberaubenden Actionfeuerwerk überzogen, das sämtliche physikalische Gesetze geradezu vaporisiert. Auch die Besetzungsliste strotzt vor Superlativen: Neben dem Schotten James McAvoy ("Abbitte") in der Hauptrolle sorgen Oscarpreisträger Morgan Freeman, Deutschlands Hollywood-Export Thomas Kretschmann ("King Kong") und die kampferprobte Action-Amazone Angelina Jolie dafür, dass den Zusehern des Spezial-Effekte-Spektakels kaum Zeit bleibt, über die Handlung nachzudenken.
Jürgen Belko
WANTED
USA 2008. Regie: Timur Bekmambetov. Mit James McAvoy, Morgan Freeman, Angelina Jolie, Terence Stamp. Verleih: Universal; 110 Min.
Action-Apokalypse
Apokalyptik in einer Welt, in der der Osten immer noch böse ist. Und Actionkino mit Vin Diesel, der einmal mehr in die Fußstapfen von Arnold Schwarzenegger zu treten sucht. Wer beides mag, der kommt in "Babylon A.D." voll auf seine Rechnung. Und wird mit Feinstem bedient: Mathieu Kassovitz ("Gothika") setzt die Adaption des Romans "Babylon Babies" von Maurice G. Dantec gekonnt in Szene, die Kamera von Thierry Arbogast, der schon Luc Bessons "Das fünfte Element" ins Bild gebracht hat, gehört gleichfalls in die erste Klasse des Genres. Toorop (Diesel), ein abgefuckter Söldner, soll im Auftrag einer osteuropäischen Verbrecherorganisation die geheimnisvolle Aurora (Mélanie Thierry) aus Sibirien sicher nach New York zu einer geheimnisvollen religiösen Organisation überstellen. Begleitet, beschützt - und bewacht - wird sie von der geheimnisvollen Schwester Rebecca (superb: Michelle Yeoh), die ebenso wie Toorop den Schützling nicht vor der tödlichen Gefahr bewahren kann. Spezialeffektträchtig und staraufbietend - Gérard Depardieu als Ost-Mafiaboss und Charlotte Rampling als Hohepriesterin der unheimlich religiösen Organisation adeln durch markante Auftritte diese düstere Endzeitparabel. Otto Friedrich
BABYLON A.D.
USA/F 2008. Regie: Mathieu Kassovitz. Mit Vin Diesel, Michelle Yeoh, Mélanie Thierry, Gérard Depardieu, Charlotte Rampling. Verleih: Constantin. 101 Min. Ab 11.9. im Kino.
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